Laufen, so weit die Füße tragen: Interview mit dem gebürtigen Täfertinger Walter Gollmann
Von wegen Sport ist Mord! Der lebende Beweis ist Sport-Ass Walter Gollmann, der kürzlich seinen 70. Geburtstag feierte und das blühende Leben selbst ist. Der Sport hat im Leben des Täfertingers schon immer eine bedeutende Rolle gespielt, wie er uns im Interview erzählte.
mh bayern: Herr Gollmann, Sie sind sowohl in Neusäß als auch in Gersthofen kein Unbekannter. Lange Zeit haben Sie in Täfertingen gelebt, jetzt sind Sie in Batzenhofen beheimatet. Was verbinden Sie mit den beiden Kleinstädten und wo ist Ihre Heimat?
Walter Gollmann:: Ich bin in Täfertingen geboren und habe dort bis vor einem Jahr auch gewohnt, vor einem Jahr bin ich nach Batzenhofen gezogen und fühle mich dort recht wohl, auch habe ich dort viele alte Bekannte wieder getroffen. In Neusäß habe ich seit 1974 gearbeitet, in Gersthofen habe ich an vielen Silvesterläufen teilgenommen und auch ein paar Mal in meiner Altersklasse den ersten Platz errungen.
Von 1960 an spielte ich sieben Jahre lang Fußball in Täfertingen, dann versuchte ich es seit 1974 mit Leichtathletik beim ESV Augsburg, bei dem ich bis heute Mitglied bin. Ich trainierte fleißig, langsam arbeitete ich mich empor von kleineren Wettkämpfen ab ca. 1976 bis zu Meisterschaften und internationalen Wettbewerben. Jeder Erfolg spornte mich noch mehr an.
Im Sommer waren 800-1.500- und 5.000-Meter-Läufe angesagt, außerdem bestritt ich mit dem Rennrad ca. acht Mal die Dolomitenrundfahrt „ciclo turistico delle Dolomiti“ (jeweils in fünf Tagen 700 km und bis zu 14.000 Höhenmeter und Etappen mit bis zu 170 km). Im Herbst trainierte ich auf Skirollern für den Skilanglauf und nahm an Wettkämpfen im Winter teil: bei diversen Langlaufmeisterschaften auf Kreis- und Bezirksebene, bei den deutschen Eisenbahnermeisterschaften habe ich auch schon teilgenommen.
mh bayern: Ihren 70. Geburtstag haben Sie am 21. Januar gefeiert. Wir wünschen Ihnen alles Gute! Wenn Sie auf Ihr Leben und Ihre sportlichen Erfolge zurückblicken: Was waren die schönsten Momente sowohl privat als auch sportlich?
Walter Gollmann: Der anstrengendste Lauf in meiner sportlichen Laufbahn war der Swissalpin Postmarathon Davos 1999 über 78,5 km und 2.330 Höhenmeter in in 10 Std 40 Min. (größter Ultra-Berglauf der Welt), durch beeindruckende Landschaft, vorbei am Gletscher. Los ging's bei 25 Grad im Tal, oben hatte es nur noch 1 Grad bei Schneeregen. Hubschrauber warfen Müllsäcke ab, welche übergestülpt als Wetterschutz dienten. Die Schuhe quietschten vor Nässe, doch es waren noch 35 km vor mir, davon ein 7 km langes Stück Trailweg, nur einen halben Meter breit und gefährlich glitschig nass. Zusammen mit meinem Freud Bernd Pohl sind wir noch am selben Abend heimgefahren.
Die Teilnahme am internationalen Skilanglauf „Auf König Ludwigs Spuren“ in Oberammergau 1982 über 65 km in 4:09 Std. war kräftezehrend und beeindruckend.
Eine Fahrt von Neusäß nach Bozen mit meinem Schwager Günter Haschke mit dem Rennrad an einem Tag (bei Regen bis zum Brenner), am nächsten Tag sind wir um 14 Uhr zurückgefahren über den Reschenpass nach Füssen mit einer Zwischenübernachtung.
Der Böhmweglauf 1993 in 58 km von Deggendorf nach Bayr. Eisenstein und der Marathon in Frankfurt 1992 in 3:08 Std.
Der Bikethlon in Schwäbisch Gmünd mit 18 km laufen und 24 km radfahren, den ich in meiner Altersklasse gewonnen habe.
Und privat, als ich mit meinem Sohn Jürgen in Pesaro/Italien mit dem ESV Augsburg zusammen einen Wettkampf bestritten habe – neben den vielen gemeinsamen Stunden im Sport mit ihm. Leider ist er 1989 tödlich verunglückt.
mh bayern-Team: Die Liste Ihrer sportlichen Erfolge ist lang und beachtlich. Was waren Ihre größten Erfolge und auf was sind Sie am meisten stolz?
Walter Gollmann: Meine größten Erfolge: In der Leichtathletik deutscher Vizemeister im 1.500-Meter-Lauf in der deutschen Meisterschaft der Altersklasse M 50 1991 in Trier sowie 1992 der erste Platz in der deutschen Meisterschaft derselben Disziplin in Halle/Saale. Zwei Mal Teilnahme am Ländervergleichswettkampf Württemberg, Thüringen, Bayern 1991, wobei ich mit der Mannschaft den ersten Platz belegte.
Deutsche Cross-Meisterschaft in Bad Harzburg 1991, wobei ich von 115 Teilnehmern den 9. Platz belegte.
Außerdem in Wattens bei den internationalen österreichischen Meisterschaften 1993 der erste Platz im 1.500-Meter-Lauf in 4:23 min., womit ich den amtierenden Europameister bezwang! Außerdem, dass ich in mehreren Disziplinen so erfolgreich war und lange mit den wesentlich Jüngeren mithalten konnte.
mh bayern: Sport ist ja nicht nur körperliche Ertüchtigung, sondern auch ein Freizeitvergnügen. Können Sie uns ein paar Anekdoten erzählen?
Walter Gollmann: In Passau bei den Bayerischen Meisterschaften anno 1985 habe ich am Samstag über 5.000 m gesiegt. Abends sind einige Teilnehmer zusammen zum Essen gegangen. Sie haben mir einige Gläser Wein spendiert in der Hoffnung, dass mich der Rotwein für den nächsten Tag beim 1.500-Meter-Lauf müde macht. Und was war? Ich habe trotzdem auch den 1.500-Meter-Lauf am Sonntag gewonnen - trotz oder gerade wegen des Rotweins?
In Friedrichshafen habe ich kurz vor dem Start zum 1.500-Meter-Lauf im Sportheim noch eine Tasse Kaffee getrunken. Plötzlich stürmt ein Läufer herein und schreit laut: „Gollmann Walter an den Start“. Die Spikesschuhe noch unter den Arm geklemmt, rannte ich zum Start, konnte gerade noch meine Schuhe anziehen und schon ging's los - und ich habe trotzdem gewonnen.
Ein ander Mal, bei der Crossmeisterschaft in Bad Harzburg, vergaß ich meine Startkarte, sie lag 200 m vom Startplatz entfernt in meiner Sporttasche. Fünf Minuten vor dem Start rannte ich verzweifelt zur Tasche, leerte diese aus, nachdem ich die Karte nicht gleich gefunden hatte. Endlich gefunden, kam ich außer Atem zum Startplatz, kaum angekommen, kam schon der Startschuss.
In Germaringen habe ich zusammen mit meinem Sohn einen Lauf bestritten, danach gingen wir zum Auto, doch oh Schreck, der Autoschlüssel lag im Kofferraum. Bei Regen und Kälte standen wir frierend im kurzen Dress, kurzen Hosen und noch die Spikesschuhe an den Füßen vor dem verschlossenen Auto. Was nun? Sportsfreund Kunkel lieh mir 10 DM, so konnte ich vom Sportheim aus meine Schwester anrufen und etwas Warmes trinken. Sie brachte dann nach zwei Stunden die Ersatzschlüssel, während wir barfuß im Sportheim warteten, da die Spikesschuhe ausgezogen werden mussten.
mh bayern: Welche Sportetappen haben Sie sich für die nächsten Jahre vorgenommen?
Walter Gollmann: Inzwischen steht bei mir im Sport nicht mehr wie früher die Schinderei im Training im Vordergrund. Mittlerweile habe ich den Trainerschein für Nordic Walking gemacht und betreue seit sechs Jahren zwei Nordic-Walking-Gruppen vom TSV Neusäß am Mittwoch um 9.00 und um 10.00 Uhr und eine beim Kneipp-Verein Aystetten am Dienstag um 9.45 Uhr.
Öfters nehme ich an größeren Nordic-Walking-Events teil, aber für heuer habe ich mir, außer den Kleeblattläufen der Stützpunkte im Landkreis Augsburg, noch nichts Besonderes vorgenommen - außer Ausflügen mit meinen Nordic-Walking-Gruppen. Anfang Februar geht’s nach Oberstdorf zum Skilanglauf mit meiner Partnerin.
mh bayern: Sicherlich haben sich auch viele unserer Leser für 2011 vorgenommen, regelmäßig Sport zu treiben. Können Sie ihnen einen Tipp geben, wie man den inneren Schweinehund überwindet?
Walter Gollmann: Am besten schließen Sie sich einer Gruppe an. Zusammen macht es mehr Spaß, und man kann sich nebenbei unterhalten und schließt neue Freundschaften, die Geselligkeit kommt auch nicht zu kurz.
Nordic Walking ist gelenkschonend, für alle Altersgruppen geeignet, stärkt das Immunsystem, verbessert die Kondition ohne große Anstrengung und macht allen Spaß - man kann es ohne große finanzielle Investitionen überall ausüben.
mh bayern: Wie bereits erwähnt, haben Sie ja seit einiger Zeit haben das Nordic Walking für sich entdeckt und haben sich auch maßgeblich am Ausbau der neuen Nordic-Walking-Routen beteiligt, die sich über Täfertingen, Hammel und Aystetten erstrecken. Inwiefern haben Sie sich an diesem Projekt beteiligt und warum?
Walter Gollmann: Ich habe die Nordic-Walking-Strecken in den Stützpunkten Anhausen, Fischach und Zusmarshausen oft besucht und mir gedacht, dass sich ausgeschilderte Strecken auch in den Wäldern um Neusäß anbieten würden als stadtnaher Stützpunkt für Neusäß, Augsburg und Gersthofen. Den Neusässer Bürgermeister Durz darauf angesprochen war dieser sofort begeistert von meiner Idee.
Die Neusässer Sportvereine wurden aufgefordert, Streckenvorschläge einzureichen. Mich hat es besonders gefreut, dass die von mir vorgeschlagene Streckenführung verwirklicht werden konnte - doch ohne die Zusammenarbeit vom TSV Neusäß, dem Kneippverein Aystetten, dem Bauamt der Stadt Neusäß, der Gemeinde Aystetten sowie dem Naturpark Augsburg-Westliche Wälder e.V. wäre eine Umsetzung nicht möglich gewesen.
So gibt es nun seit Juli 2009 den Stützpunkt Neusäß/Aystetten mit drei verschiedenen Strecken, mit Startmöglichkeiten in Hammel und Aystetten.
mh bayern: Herzlichen Dank für das Interview!
myheimat-Team:Tanja Wurster aus Augsburg |
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