Was nützt Börsianern „Der große Gebert“?
Thomas Gebert hat in „Der große Gebert“ seine drei Börsenbücher „Börsenindikatoren“, „Börsenzyklen“ und „Der intelligente Investor“ zusammengeführt und aktualisiert. Er möchte Aktionären, die nicht professionell an der Börse unterwegs sind, damit eine Anleitung geben, wie sie die statistische Wahrscheinlichkeit zur Gewinnmaximierung nutzen können. Aber kann der private Aktionär von diesen Ausführungen profitieren
Wie investiert der Leser optimal am Aktienmarkt? Mit einer geschickten Auswahl von Aktien den DAX auf Dauer zu schlagen, scheint Gebert unmöglich – zumal der private Investor immer einen Informationsnachteil hat. Auch das eigene Bauchgefühl wirkt offenbar kontraproduktiv, denn ähnliche Gefühle und Denkmuster haben ja auch viele andere Aktionäre. Daher hat Gebert nachgerechnet, wann der günstigste Zeitpunkt für den An- und Verkauf von Aktien herrschte und Muster herausgefunden.
Am Montag und Dienstag sacken die Aktienkurse im Schnitt nach unten, gute Verkaufstage sind dagegen Donnerstag und Freitag. Anfang und Ende des Monats eignen sich für Transaktionen an der Börse besser als in der Mitte eines Monats. Diese und weitere Kriterien und Verkaufsstrategien hatte Gebert bereits Mitte der 1990er Jahre ermittelt und publiziert. Nun hat er seine Handlungsanweisungen von 1962 – 1993, die rückblickend betrachtet große Gewinne geliefert hätten*, überprüft und weitergerechnet. Mögliche Auswirkungen auf die Kurse, die reale Investitionen zahlreicher Anleger gehabt hätten, werden dabei ausgeblendet. Der Autor rechnet und vergleicht in der Regel mit dem DAX und lässt alle möglichen Börsentaktiken und Orientierungshilfen gegen den DAX abschneiden. Seine Indikatoren fasst er knapp zusammen, in der Regel mit Verlaufsgrafik – wobei die Grafiken meist mit dem Erscheinen der ursprünglichen Börsenbücher enden. Andererseits fügt Gebert an anderer Stelle ein aktuelles Chart-Beispiel aus der Ukraine-Krise bei.
Vier Kennziffern – ein Börsenindikator
Zuverlässig den DAX schlagen, das schafft Gebert seinen Berechnungen zufolge der von ihm entwickelte Börsenindikator. Er wurde inzwischen von Merrill Lynch als Zertifikat herausgegeben. Der Börsenindikator besteht aus vier Teilindikatoren: Zins, Inflation, Dollar und Saison. Drei oder vier Punkte sind ein Kaufsignal, null oder ein Punkt ein Verkaufssignal. Bei zwei Punkten bleibt das bisherige Signal bestehen. Dafür gibt es je einen Punkt: Zinssenkung der Europäischen Zentralbank, Inflationsrate (Eurostat) unter Vorjahresmonat, Dollarkurs über Vorjahresmonat und Zeitspanne zwischen 1. November und 30. April.
Wichtig zu wissen: Der Börsenindikator unterscheidet zwischen günstigen und ungünstigen Zeiten für Investitionen am Aktienmarkt und trifft keine Aussagen über Kurshöhen. Wer auf den Börsenindikator setzt, kann Geberts Ausführungen zufolge übrigens rein auf etablierte deutsche Aktien setzen und sich somit teure Auslandsspesen sparen.
Weniger aufschlussreich und anwendungsorientiert für viele Freizeit-Börsianer sind dagegen die Börsenzyklen. Denn sie tauchen stark in die Finanzmathematik ein. Für Wirtschaftswissenschaftler womöglich interessante Lektüre, überfordern diese Kapitel Otto-Normal-Verbraucher eher. Ebenfalls eher für Mathematiker und kurzfristige Trader bzw. intensive Börsianer relevant sind die Kapitel, in denen es um Auffälligkeiten in Kerzen und Balkencharts geht. Generell ist „Der große Gebert“ nicht unbedingt ein Börsenbuch für Einsteiger, sondern für Aktionäre, die sich bereits mit der Materie beschäftigen und nach Anregungen suchen, um ihre Investitionen zu optimieren. Unabhängig davon, welcher Leser den großen Gebert in die Finger bekommt - ein Glossar mit Fachbegriffen wie „ETF“ oder „eskomptieren“ wäre in der nächsten Auflage wünschenswert.
Titel: Der große Gebert
Autor: Thomas Gebert
Info: 336 Seiten
Erscheinungsdatum: 27.02.2015
Verlag: BörsenbuchVerlag
ISBN: 978-3-86470-254-9
Bürgerreporter:in:Michael S. aus Neusäß |
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