Kultur in Neusäß 2010 - Die Leiterin des Neusässer Kulturbüros Anneli Bronner blickt zurück
Das Publikum wählt unter den diversen Angeboten im Augsburger Land immer sorgfältiger aus. Das vorhandene Geld wird gezielter eingesetzt. Durch erhöhte Lebenshaltungskosten und geringeren Anstieg der Lohnkosten bleibt unter dem Strich vielen nur weniger übrig. Daher müssen gerade Familien strenger haushalten mit vorhandenen Mitteln. Das sind ökonomische Tatsachen, die jeder, der sich auf dem Markt bewegt, beachten muss.
Der Entwicklung versuchen wir bereist bei der Programmplanung Rechnung zu tragen. Auch wenn wir gerne mehr und v.a. unbekanntere Kabarettisten anbieten würden, der Markt gibt das zur Zeit nicht her. In dem Genre haben wir auch die einzige Absage in diesem Veranstaltungsjahr zu verzeichnen. Der bei uns weniger bekannte, wenngleich sehr gute Kabarettist Heinrich Pachl zog zu wenig Publikum an. Also mussten wir schweren Herzens den Auftritt absagen.
Im Abonnementbereich reagierten wir auf die aktuelle wirtschaftliche Situation mit strukturellen Änderungen, die auf eine Flexibilisierung hinauslaufen. Seit diesem Jahr kann man das große Abonnement mit sechs Sprechtheaterstücken auch teilen, muss es aber nicht, in drei ernste und drei unterhaltende Stücke. Das Angebot kam gerade bei den Neukunden sehr gut an. Das Stammpublikum hingegen machte weniger Gebrauch davon, als erwartet. So stiegen erstsmals die Abonnentenzahlen wieder an. Das bestätigt uns natürlich in unserem Verständnis als Dienstleistungsunternehmen.
Im Großen und Ganzen konnten wir unser Kulturprogramm wie geplant realisieren, in wie üblich, bescheidenem Rahmen, ohne übergroßen Einsatz von Werbemitteln.
Wir hatten und haben auch das Glück, im Gegensatz zu anderen Kommunen, dass unser Etat nicht von vornherein gekürzt wurde. Alle Bürgermeister und auch der Rat der Stadt Neusäß setzen den Rang der Kultur hoch an, als „soften“ Standortfaktor und stehen zu diesen Grundprämissen.
Ganz im Gegenteil sattelten wir heuer sogar noch zwei Großveranstaltungen auf unser reguläres Programm in der Stadthalle auf. Zum einen eine zweite Auflage des kleinen Stadtfests, „Kultur im Park“ das wir erstmals 2008 anlässlich des zwanzigjährigen Jubiläums feierten. Diesmal war der Auslöser die Oldtimerrallye des Landkreises Augsburg, die am 1. August in Neusäß ihren Mittagshalt einlegte. Diese Veranstaltung zieht alljährlich Tausende Besucher in die einzelnen Stationen der Rallye.
Da für dieses Großereignis viel Infrastruktur zum Feiern in der Stadtmitte von Neusäß eigenes aufgebaut werden muss, Buden, eine Bühne etc. lag es nahe, das Ganze nicht nur für den Tag der Rallye zu nutzen, sondern daraus wieder einmal ein kleines Stadtfest, „Kultur im Park“ auf ein ganzes Wochenende auszudehnen und die Vereine erneut mit einzubeziehen, um die Besucher gastronomisch zu versorgen.
Als absoluter Glücksfall in mehrfacher Hinsicht erwies sich der Auftritt des Abtprimas Notker Wolf zum Auftakt von Kultur im Park am Freitag. Mit dem obersten Chef aller Benediktiner weltweit, Notker Wolf hatten wir schon zum Stadtfest 2009 Kontakt aufgenommen. Notker Wolf musste damals kurzfristig absagen wegen einer Reise nach Asien.
Die Verbindung stellte unser 1. Bürgermeister Hansjörg Durz persönlich her. Er hatte in seiner Schulzeit im Benediktinerseminar in St. Ottilien Abt Notker Wolf noch selbst als Lehrer genossen und auch schätzen gelernt. Inzwischen avancierte der unprätentiöse Abt sicher auch dank wirtschaftlich schwierigen Zeiten, wo viele nach ethischen Maßstäben suchen, zu einer anerkannten Institution in Sachen Wertecodex. Dass der Geistliche zusätzlich auch noch ein begeisterter Musiker mit klassischer Ausbildung auf der Querflöte ist, aber auch als Anhänger des guten alten Hardrock der Marke AC/DC selbst Gitarre spielt und mit seiner alten Schülerband Feedback auftritt, prädestinierte ihn geradezu für einen Aufritt bei Kultur im Park.
Dass das Ganze auch noch mit der Lesung einer Messe und einem Empfang, in St. Ägidius gekoppelt werden konnte, ergab dann ein in mehrfacher Hinsicht gelungenes Highlight zum Auftakt. Der oberste Dienstherr über 8.000 Mönche und 17.00 Nonnen weltweit erwies sich als einfacher, bescheidener Mensch, der noch kurz vor der Messe beim Soundcheck auf der Bühne stand, der am Biertisch für jedermann zu sprechen war, der auf und vor der Bühne v.a. mit den zahlreichen Kindern mit und ohne Gitarre den Kontakt suchte, als Sympathieträger, der auch in der Kirche mit ganz einfachen, eindringlichen Worte Liebe, Solidarität und Demut anmahnte. Ein eindrucksvoller Tag in der Geschichte der Stadt Neusäß.
Ob aus der Veranstaltung „Kultur im Park“ eine feste Institution werden soll, wurde noch nicht im entsprechenden Gremium beraten. Andererseits ist die Frage zu stellen, ob immer alles sofort institutionalisiert werden muss. Wenn sich eine passende Gelegenheit bietet, ist die Stadt Neusäß immer bereit, die Fest zu feiern, wie sie fallen, auch einmal spontan.
In den nächsten Jahren haben wir genügend Gelegenheiten zu feiern. 2011 steht, wie alle zwei Jahre, wieder das große Stadtfest an, vom 1. bis 3. und vom 7. bis zum 10. Juli. Und 2013 gilt es, das 25jährige Jubiläum der Stadt Neusäß und auch der Stadthalle Neusäß zu feiern. Langweilig wird es auf keinen Fall werden.
Erstmals fand heuer zunächst als Pilotprojekt der 1. Neusässer Musiksommer in Zusammenarbeit mit dem Kulturkreis Neusäß unter der Bezeichnung „Neusässer Sommerklänge“ statt. Hier setzte man bewusst nicht auf das Stadtzentrum, sondern auf kleine, feine Veranstaltungsorte, verteilt auf das gesamte Stadtgebiet, die einzelnen Ortsteile, von Kirchen und Kapellen bis hin zum Klaviersalon. Hier konnten sich Bürger aus der Region mit ihren vielfältigen musikalischen Aktivitäten präsentieren von der Stadtkapelle über das Kammerorchester bis hin zu Gesangsvereinen und Kirchenmusiker. Einen modernen Höhepunkt bildete das Jazz-Quartett des Neusässers Christian Stock mit dem Schweizer Stargast Lilly Thornton.
Den klassischen Höhepunkt und glänzenden Abschluss lieferte die Neue Schwäbische Sinfonie, in der zahlreiche Neusässer musizieren, mit Schuberts Unvollendeter und Bruckners 2., den beiden bedeutendsten romantischen Symphonien - ein eindrucksvoll bewegendes Klangbild in der Kirche St. Ägidius. Wegen des großen Erfolgs wird das Projekt sicher fortgesetzt, in welchem Zeitrahmen, steht noch nicht endgültig fest.
Nach der Pensionierung des Kulturamtsleiters Roland Fuchs wurde der Kulturbereich umstrukturiert zum Kulturbüro, dessen Leitung mir übertragen wurde. Ob Amt oder Büro, die Arbeit bleibt gleich, interessant und v.a. abwechslungsreich. Da die Stadthalle mit ihrem Team schon immer das Herzstück unserer Kulturarbeit liefert, nicht nur das Stadthallenprogramm, sondern auch die externen Festivitäten wie Stadtfest und Kultur im Park, Friedensnacht, Volksfest, Weihnachtsmarkt, etc. ist die Grundkonstellation kaum verändert, die Übergänge fließend, allenfalls die Gewichtungen haben sich verschoben.
Frau Jekic brachte als neue Leiterin viel frischen Wind in die altehrwürdige Institution Musikschule. Sie setzt vermehrt auf Ensemblearbeit, ohne die Spitzenleistungen deswegen zu vernachlässigen, hob gleich mehrere neue Projekte erfolgreich aus der Taufe, vom Musikgarten, über U7 und Ü70, eine Zusammenwirken von Kindern mit Senioren, bis hin zu Klabeki, das Musizieren mit behinderten Kindern, das Instrumentenkarussell oder die Veeh-Harfen-Gruppe.
In dem Zusammenhang wurde eine Überarbeitung der alten Gebührenordnung aus dem Jahr 2004 nötig, eine Anpassung an die geänderte Strukturen. Das Musizieren in Gruppen wird erleichtert, wogegen höhere Ausgaben für den Einzelunterricht anteilig umgelegt werden. Zudem galt es, die erhöhten Personalkosten umzulegen. Durchschnittlich ergab sich daraus eine Erhöhung der Kosten um durchschnittlich 10%. Nach wie vor können für bedürftige Familien die Musikschulgebühren reduziert werden, um soziale Benachteiligung zu vermeiden. Dadurch werden soziale Härten vermieden.
Ich halte daher die Überarbeitung der Gebühren für eine insgesamt unumgängliche Maßnahme zur Sicherung des Erhalts der Musikschule an sich, die das musikalische Leben in Neusäß entscheidend mitgestaltet.
Letztes Wochenende brachten wir unsere jährliche große Musikeigenproduktion „Marlene, Greta und Zarah, Filmmusik in Schwarzweiß und Bunt“, mit großem Erfolg über die Bühne. Das Publikum war hellauf begeistert und selbst der anspruchsvolle Feuilleton-Kritiker der AZ geriet ob der in sich schlüssigen Leistung ins Schwärmen. Wieder einmal hatte Hans-Ulrich Höfle zusammen mit Elisabeth Haumann ein großes Projekt geschultert. Beide gründeten zusammen mit weiteren Künstlern inzwischen einen eigenen Verein zur Förderung junger Bühnentalente in Augsburg, Young Stage, der schon mehrfach große Erfolge in Neusäß, aber auch in Augsburg feiern konnte. Das war eine rundum gelungene Revue berühmter Filmmelodien, die sich um einen echten Fiat Topolino auf der Bühne gruppierte. Das Ballettstudio Tingreen Jagob lieferte herrliche Choreographien dazu, u.a. einen heftig applaudierten Ausschnitt zu Casablanca. Bei LaLeLu schmolzen die Herzen der ZuschauerInnen dahin, wogegen H.-U. Höfle die Herzen der stolzesten Fraun eroberte, leicht ironisch unterlaufen von den Ballettdamen, sehr zum Vergnügen des Publikums.
In dieser Richtung, der Förderung jungen Bühnentalente werden wir sicher weitermachen, soweit uns die Zeit dazu bleibt.
Ansonsten gastiert heuer erstmals Josef Hader auf unserer Kabarettbühne, daneben Richling und im Herbst wieder einmal der äußerst beliebte Volker Pispers. 2012 hat sich nach 6 Jahren endlich einmal wieder Georg Schramm angesagt. Nach seinem Ausstieg aus der Anstalt geht er wieder auf Tournee - ein rares Kabarettschmankerl.
Auf der Theaterbühne gibt es im Frühjahr Unterhaltung mit Michaela May, Günther Maria Halmer, Ilja Richter, aber auch Nachdenkliches mit Gerd Silberbauer und dem preisgekrönten ensemble Ellen Schwiers. In der Wintersaison steht ein Wiedersehen mit der beeindruckenden Doris Kunstmann an. Erstmals geht Helmut Zierl mit einer spritzigen Komödie auf Tournee. Daneben gönnen wir uns einen hintergründigen „Faust“, die „Kunst der Komödie“ in prominenter Inszenierung des Theaters an der Ruhr, das uns zu Brechts Geburtstag mit einer legendären „Dreigroschenoper“ glänzend unterhielt, und so manches andere Schmankerl.
Im Sommer gibt es natürlich wieder Open Air 7 Tage lang Kultur und Unterhaltung zum Nulltarif beim Stadtfest.
Wir freuen uns auf Sie, ob in der Halle oder im Freien.
Ihr Team des Kulturbüros Neusäß
Leiterin Kulturbüro: Anneli Bronner
Mitarbeiterinnen: Sibylla Gebhard, Margit Endres, Marion Egger
Technik: Peter Igelspacher, Christian Kannler, Voja Markovic, Reinhard Huwer
myheimat-Team:Tanja Wurster aus Augsburg |
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