Wer kümmert sich um unseren Urlaub? Rezension eines Tourismus-Überblicks
Otto Schneider und Werner Sülberg haben das Buch „Die Ferien-Macher. Eine Branche macht Urlaub“ bei Frankfurter Allgemeine Buch herausgebracht. Die Autoren legen denjenigen Lesern ihr Werk nahe, die sich für die historische Entwicklung des Reisens, die Abläufe im Hintergrund sowie internationale Verflechtungen des Tourismus interessieren. Aber ist ihnen dieser Einblick auch gelungen? Eine Rezension.
Otto Schneider, geboren 1929, war unter anderem Geschäftsführer der Hapag Lloyd Reisebüro GmbH und Präsident des Deutschen Reise-Verbandes. Werner Sülberg arbeitet seit über dreißig Jahren bei DER Touristik. Schon im Vorwort gibt das ungleiche Duo zu Protokoll, dass „Die Ferien-Macher“ im Wesentlichen die Aktualisierung und Ergänzung eines Buches ist, das einer von ihnen vor vielen Jahren verfasst hat. Wer hier auf Otto Schneider tippt, lehnt sich vermutlich nicht weit aus dem Fenster, denn sein Name kommt auf dem Einband zuerst und ist deutlich größer geschrieben. Das sagt aber noch nichts über die Qualität des neuen Buches aus. Mindestens fünf Flüchtigkeitsfehler auf den ersten Seiten dagegen schon: „Verkehrsmitte“ (S. 15), „Mitgleidschaft“ (S. 20), „gesunder“ (S. 23), „ansässsigen“ (S. 30) und „eine engeren Bestuhlung“ (S. 31). Eine solch hohe Fehlerquote trotz sehr kurzer und flächenmäßig übersichtlich gehaltener Abschnitte, ist beschämend für das Medium Buch, erschienen in einem professionellen Verlag.
Der Branchenüberblick ist in drei Teile gegliedert: Teil A skizziert einen groben Einblick in „Die Tourismus-Branche und ihre Kunden“, Teil B taucht in die Geschichte der Branche ein („Vergangenheit und Entwicklung“), ehe in Teil C ein Ausblick gegeben wird. Die allgemeinen Informationen im ersten Teil sind oberflächlich und bieten selbst für interessierte Laien wenig Überraschendes. Präsentiert werden nackte Fakten und Zahlen aus dem Jahr 2012 – und zwar rein textlich. Teils als Rankings, aber durchgehend ohne (aufschlussreiche) Erläuterungen oder Grafiken. Insbesondere das achte Kapitel über den Deutschen Tourismus Verband kommt arg lobbyistisch rüber, könnte argumentativ aber von einem Schüler mit Erfahrungen in einem Debattierklub und gefährlichem Halbwissen mühelos auseinandergenommen werden. Vornamen muten die Autoren ihren Lesern nur beim eigenen Branchenverband zu. Wenn es um Flughäfen geht, watschen sie das politisch gescheiterte Projekt „Sperenberg“ und das wirtschaftlich fragwürdige Prestige-Objekt „Kassel-Calden“ kurz ab, anstatt sich am Pannenflughafen BER die Finger zu verbrennen. In Teil B unternehmen die Autoren einen aus wirtschaftlicher Sicht verfassten Streifzug durch die deutsche Geschichte des Tourismus. Vornamen sind auch in diesem Abschnitt nicht obligatorisch, dafür gibt’s einen Abriss über das Reisen in der DDR. Für Fachleute ist dieser Branchenüberblick zu dünn, für Außenstehende aufgrund mangelndes Sprachwitzes obendrein ausgesprochen langweilig. Darüber hinaus versäumen es die Autoren eine der wohl gravierendsten Änderungen in der Branche genauer zu betrachten: die Auswirkungen auf Reisebüros durch das Medium Internet bzw. die Möglichkeiten für Reiseveranstalter, sich dort zu präsentieren und die Optionen für Urlauber, die sich dort umfassend informieren, ihre Reise planen und direkt buchen können.
Bürgerreporter:in:Michael S. aus Neusäß |
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