„Kultur ‚lohnt‘ sich - Es ist nur eine Frage der Definition“: Maßgeblich trägt Anneli Bronner, Stadthallen- und Kulturbüroleiterin in Neusäß, zur Kultur in Neusäß bei - ein Resümee über das Jahr 2012

„Altweiberfrühling“ mit Ellen Schwiers (2.v.r.)
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2012 war erneut ein rundum gelungenes Veranstaltungsjahr. Die Bühnensaison startete mit dem spritzigen „Altweiberfrühling“, für den unser Stammgast Ellen Schwiers den begehrten InThega- Preis erhielt. Das Publikum amüsierte sich im ausverkauften Saal ebenso königlich wie bei Helmut Zierl, der die Herzen auf Anhieb mit typisch männlichen „Wahrheiten“ eroberte, die frau schlicht als „Lügen“ bezeichnen würde. Einen höchst amüsanten Abend bescherte auch der umtriebige Christian Auer mit einem so skurrilen wie dem Original verblüffend nahe kommenden Valentinabend. Die Theatersaison 11/12 war so erfolgreich, dass die Abozahlen für 2012/13 erneut anstiegen, am meisten beim Abo-U. Eine Umfrage ergab, dass zu den zahlreichen Neusässer Abonnenten viele aus der Stadt Augsburg und dem Umland kommen.

Kultur beschränkt sich nicht auf die Stadthalle. Bei den 2. Neusässer Sommerklängen standen zwei Hallenkonzerten - dem überwältigenden Verdi-Abend des Coro Polifonico und des Kammerorchesters und dem Preisträgerkonzert 15 Aufführungen außerhalb gegenüber, in der Kobelkirche, am Hainhofer Maibaumplatz, vor Läden, die die Musikschule als innovative Orte entdeckte, oder als Abschlusshighlight das Klassikkonzert im malerischen Schlosshof Hammel. Hier zogen namhafte Solisten, die von Neusäß aus die Welt eroberten, wie Erika Lux, Martin und Christoph Kögel unzählige Zuhörer in den Bann. Solche außergewöhnlichen Highlights in beeindruckendem Ambiente benötigen einen immensen technischen Aufwand, der über Eintrittsgelder kaum zu finanzieren ist. Dennoch waren sich Besucher, Veranstalter und Politiker einig, dass man sich solchen Kunstgenuss nicht alle Tage, aber hin und wieder gönnen sollte.

Natürlich kam hier wieder die alte Frage auf: Kann, soll, muss sich Kultur rechnen? In der Kultur sind nicht Zahlen ausschlaggebend, die eher in das Bankressort gehören. Dass man dort besser rechnen kann, darf stark bezweifelt werden, betrachtet man Bad Banks und Schrottpapiere, die am Schluss der Steuerzahler bezahlt, während Bankenmanager dafür noch Boni kassieren.

Sicher ist es richtig, dass eine Kommune sich Kultur leisten können muss. Neusäß kann es und leistet es sich, wie andere prosperierende Kommunen auch, nicht nur wegen des Verfassungsauftrags, nein, aus Überzeugung. Selbst in der reichsten Kommune im Speckgürtel verstummte angesichts der neuen Kostenrechnung heuer erstmals das Gerede von Gewinnen in der Kultur. Es gibt keine Halle, die Gewinne einfährt, außer wenigen Musicalhäusern, die nur ein Musical spielen. Verglichen mit festen Theatern versorgen Mehrzweckhallen „kostengünstig“ die Bevölkerung außerhalb der Metropolen mit einer breiten Palette an Kinder- über Musiktheater, Konzerten, Kabarett bis zu Komödien und Dramen. Der „Gewinn“ besteht in den soften Standortfaktoren, die das Leben lebenswert machen, Familien, junge wie ältere Leute anziehen. Der Gewinn an Lebensqualität, Unterhaltung, geistiger wie künstlerischer Anregung lässt sich nicht in Euro und Cent messen. Betrachtet man etwa den überwältigenden, natürlich ausverkauften Parforceritt des derzeit besten politischen Kabarettisten Georg Schramm, einen der letzten, da er zum Jahresende leider aufhört, dann möchte man einstimmen in Schramms heiligen Zorn gegen Dummheit und Ignoranz und die Inflation leerer Worthülsen. In solchen Sternstunden wird klar, Kultur „lohnt“ sich immer. Es ist nur eine Frage der Definition.

Wir veranstalten alle zwei Jahre ein Stadtfest bei freiem Eintritt, 2013 früher und etwas aufwendiger als sonst. Und es „rechnet“ sich. So viele Menschen lockt kein anderer Event nach Neusäß. An zehn Tagen feiern jung wie alt, Fortschrittliche wie Konservative, Anhänger von Weltmusik wie Blasmusik, vom Bodenturnen bis zu Aikido. Eine Vielzahl von Buden sorgt für Speis und Trank und manches Präsent. Da alle Aufführungen auf zwei Bühnen kostenlos sind, fällt die Hemmschwelle weg für viele, die sonst nie ein Theater oder einen Konzertsaal betreten. Und alle Besucher genießen gemeinsam dieselben Konzerte, trinken gemeinsamen ein Bier, einen Prosecco oder ein Smoothie, während die Kinder aktiv mit den verschiedensten Künstlern im Park arbeiten können.

Alljährlich organisieren wir zum Bücherflohmarkt eine Kinderbuchlesung, da es in digitalen Zeiten wichtiger ist denn je, den Nachwuchs zum Lesen zu bewegen. Wir arbeiten vorrangig mit Autoren aus der Region. Peter Dempf erwies sich als Glückstreffer. Als Vater, Historiker, Gymnasiallehrer und erfolgreicher Romanautor weiß er, wie man Kinder mit Büchern fesselt. Seine „Spione in der Textilfabrik“, die in der Augsburger Textilgeschichte verankert sind, faszinierten alle Zuhörer. Für 2013 ist geplant, eine bedeutende Augsburger Kinderbuchmalerin und Autorin nach Neusäß zu holen, die ein neues Kinderbuch publizierte über den Maulwurf Malte… Mehr wird noch nicht verraten.

Der Literaturwissenschaftlerin und Vorsitzenden des Kulturkreises, Maria-Stephanie Kemmerling, gelingt es immer wieder, bedeutende Autoren nach Neusäß zu locken, wie Peter Stamm oder Thomas von Steinaecker, die eine Lesung zum hochinteressanten Erlebnis werden lassen. Der Kulturkreis ist auch zuständig für die Rathausgalerie. Der renommierten Kunsthistorikerin Frau Dr. Sylvia Jäkel-Scheglmann obliegen Auswahl und Organisation der Ausstellungen und Vernissagen. Kulturkreis und Kulturbüro nützen Synergieeffekte im Interesse der Kunstschaffenden der Region Neusäß.

Auch mit Young Stage, dem Verein zur Förderung junger Bühnentalente, pflegt Neusäß eine fruchtbare Kooperation. Der von Bühnenprofis geleitete Verein entwickelte sich dank des Engagements der Gründer Elisabeth Haumann und Hans-UlrichHöfle zu einer festen Größe im kulturellen Leben, geschätzt von Medien wie Publikum. Die Kaderschmiede für den Bühnennachwuchs ist überall, wo etwas los ist, in und um Augsburg, auf der Freilichtbühne, im Vorprogramm von Haindling, auf Gut Bannacker. In Neusäß gehört Young Stage schon quasi zum Haus, beim Weihnachtsmarkt, Stadtfest, in der Stadthalle mit jährlich zwei Matineen, nicht zuletzt weil Neusäß seit Jahren mit Haumann und Höfle erfolgreich zusammenarbeitet, bei den Musik-Abo-Eigenproduktionen, z.B. Mozartfest, Wiener Schmäh oder Ungarischer Abend, der heuer das Publikum in der ausverkauften Halle zum Schwelgen brachte mit herrlichen Operetten- und Folkloremelodien, über die Weihnachtskonzerte bis hin zu den wunderschönen musikalischen Eigenproduktionen für Kinder, u.a. Dschungelbuch und Peterchens Mondfahrt. Den 2. Neusässer Musiksommer eröffneten sie mit einem hinreißenden Musicalmedley auf dem Rathausplatz am ersten herrlich lauen Abend des Sommers 2012. Die Zirkusmatinee im Oktober wurde für ganz neue, junge Gesichter zum Karrieretrittbrett. Beim bundesdeutschen Musicalcontest unter der Schirmherrschaft der Musicallegende Pia Douwes kamen drei Young-Stage-Schüler in die Endrunde - Nina Kalmus, Charlotte Reng und Lukas Meyer. Der erst 13-jährige Neusässer Gymnasiast gewann den 1. Platz in allen drei Sparten, Gesang, Schauspiel, Tanz. Das Publikum in Speyer feierte ihn euphorisch wie einen König der Löwen, wie zuvor auch die Neusässer. Wir warten gespannt auf das 1. Nachwuchstalent von Young Stage, das mit einer großen Musicaltruppe auf die Neusäßer Bühne zurückkehrt.

Zuvor freuen wir uns auf ihren Auftritt beim Jubiläumsstadtfest im Juni, auf bekannte Namen, die schon zum Stadtfest gehören wie die Presley Family und Cash-n-Go, Newcomer wie Greg is Back… und viele andere Künstler, Sänger, Bands, Gruppen etc.

Im Jubiläumsjahr holen wir große Künstler in die Stadthalle wie den Grandseigneur unter den deutschen Schauspielern, Friedrich von Thun, der „Weihnachten bei den Buddenbrooks“ auf die Neusäßer Bühne zaubert, das Abschlusskapitel aus Thomas Manns Roman. Mit einem furios-frivolen Paukenschlag läutet eine der gefragtesten Schauspielerinnen das Herbstprogramm am 20. September ein mit dem verlockenden Titel „… und immer lockt das Weib“ - Christine Neubauer liest, spielt Kabarett, singt . Dann wären da noch Gerd Lohmeyer als Faust, Martin Semmelrogge, Hans Peter Korff als Loriot, Django Asyl, Alfred Dorfer, Mathias Richling und vieles mehr.

Zum 25-jährigen Jubiläum kauft Neusäß nicht nur fertige Produktionen ein, sondern plant wieder einmal eine Profiproduktion, in die einheimische Kräfte als Sänger, Schauspieler und Statisten einbezogen werden, ein urbayerisches Stück, den Brandner Kasper, als bayerische Volksoper, die schon mehr einem Musical gleicht, wie die SZ bei der Welturaufführung auf Gut Immling jubelte. Neben dem bekannten Uli Bauer als Portner singt und agiert Michael Schlenger, der Bruder von Claudia Schlenger, alias Schnipsi, geradezu teuflisch genial als Boandl Kramer und Armin Stockerer als schlitzohriger Brandner Kasper. Den Text stattet der musikalische Allrounder Christian Auer, der zuletzt mit dem umwerfenden Valentinabend oder einem Offenbach-Abend begeisterte, mit mitreißenden Melodien aus, die so die SZ „Kultstatus“ haben, wie die Songs der dämonisch lasziven Hexen. Mit den Profis treten Neusässer auf die Bühne als Chormitglieder, drei vorlaute Ministranten und als Kinderchor in Dirndl und Krachlederner. Hier sollten möglichst viele Neusäßer aktiv werden, ob als Mitspieler, Sänger auf der Bühne und sicherlich auch Zuschauer vor der Bühne am 18. und 19. Oktober im bayerischen Himmel in der Stadthalle Neusäß.

Bürgerreporter:in:

Kulturbüro Neusäß aus Neusäß

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