Mit Gisela in den Odenwald mit Besuch der Orte, wo ich als Ferienkind war.

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Heute schauen wir uns noch eine kleine Ecke des Odenwaldes an auf dem Weg nach Hause.

Wir verlassen Obermossau, wo wir all die Tage in der Brauerei Schmucker gewohnt und sehr schöne Abende erlebt, ebenso eine Ganztageswanderung mit Picknick im Wald unternommen hatten.

Über Unter-Ostern, wo sich das Feriendorf Ostertal mit 125 Ferienhäuser befindet und am Schloss Reichenberg, das auf der rechten Seite in 310 m Höhe liegt, vorbei, fahren wir langsam Richtung Heimat. Vor 1250 Jahren wurde mit dem Bau einer Befestigungsanlage begonnen. Im Laufe der folgenden Jahrhunderte wurden sie zu einer größeren Burg erweitert. Zeitweise war die Burg Residenz der Erbacher Grafen, dann gräflicher Witwensitz, später Fliehburg und dann Knaben-Erziehungsanstalt. In den vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde sie in ein privates Kur- und Erholungsheim umgewandelt. 1961 kaufte die Deutsche Bundespost einen Teil der Burg als Erholungsstätte für Postbedienstete. Im Juni 1979 erwarb der Verein „Offensive Junge Christen“ die untere Schlossanlage für rund 700.000 DM.

Wir kommen weiter durch Reichelsheim, das erstmals 1303 erwähnt wurde. Das Rathaus neben der Kirche wurde 1554 erbaut. Im Erdgeschoss befand sich eine geräumige Markthalle mit Gemeindebackofen usw. und im Obergeschoss der Gerichtssaal. Ca. 1850 wurden auch Schulsäle darin eingerichtet. Bis in die neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts diente es als Rathaus. Dann wurde die Polizei und ein Museum dort untergebracht.

Links sehen wir die Ruine Rodenstein. Sie wurde um das Jahr 1250 erbaut und zwar von den Rittern von Crumbach. Sie wurde ausschließlich zu dem Zweck erbaut, die Burg Reichenberg zu bewachen, die ja den Erbachern gehörte. Rodenstein war eine Trutzburg und eine sehr große Burg. Sie ist nicht durch Kampfhandlungen zerstört worden. Durch allmählichen Abriss und Nutzung als Steinbruch, verfiel sie immer mehr. 1887 wurden die vorhandenen Mauerreste durch den Odenwaldklub gesichert. Der letzte Burgbewohner starb in den Pestjahren des Dreißigjährigen Krieges im Jahre 1635. Von da an zerfiel die Burg sehr schnell. Viele Sagen ranken sich um Burg und das Geschlecht der Rodensteiner, diese sind in Büchern und Liedern beschrieben worden. Der Hauptsage nach lastete ein Fluch auf dem Rodensteiner, der Frau und Kind seiner Kampfeslust geopfert hat. Seither ziehe er immerdar kämpfend umher um dem Lande Frieden und Krieg zu verkünden. Ruhelos zieht er durch die Wolken zwischen den Burgen Schnellerts (bei Stierbach) und "Rodenstein" hin und her.

Weiter geht es nach Fränkisch-Krumbach, das seit dem 12. Jahrhundert Stammsitz der Familie von Crumbach war. Seit dem 14. Jahrhundert dann Stammsitz der verwandten Linie Rodenstein. Im Jahr 1693 ging die Herrschaft erst teilweise und dann im Jahr 1802 ganz an die Familie Freiherr von Gemmingen-Hornberg über, die noch heute Eigentümer des Schlosses sind. Das Schloss ist ein verträumtes Renaissanceschloss aus dem Jahr 1645. Die Sage sagt: dass der Ritter Rodenstein seine Dörfer Gersprenz, Reichelsheim und Pfaffenbeerfurt versoffen hätte. Diese Dörfer haben ihm in Wirklichkeit niemals gehört.

Wir fahren weiter durch das Gesprenztal und kommen nach Groß-Bieberau. Die Marktstraße von Groß-Bieberau hat sehr schöne Fachwerkhäuser aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Die Kirche stammt von 1730 und wir schauen sie uns von innen an – 15 Minuten, länger nicht!

Unser nächstes Ziel ist Fränkisch-Lichtenberg. Das Lichtenberger Schloss ist weithin bekannt. Die Burg Lichtenberg wurde um 1200 erbaut. 1479 wurde sie zu einer Festung ausgebaut. Im Jahr 1570 begann man mit dem Bau eines Renaissanceschlosses. Es war das erste Renaissanceschloss in Südhessen. Hier machen wir eine Pause von 45 Minuten.

Weiter geht es über Reinheim nach Otzberg. Das ist eine Gemeinde die 1972 durch den Zusammenschluss von sechs, bis dahin selbständigen Gemeinden, gegründet wurde. Den Namen bekam sie von dem Otzberg, auf dem wir die Veste Otzberg schon von weitem sehen. Die Veste Otzberg wurde auf dem Gipfel des gleichnamigen Berges in 368 m ü. NN errichtet. Der Berg stellt den übriggebliebenen Basaltkegel eines erloschenen Vulkans dar. An dessen Nordhang befindet sich der Ort Hering, wo ich als Kind oft von Ober-Nauses aus hinspaziert bin, der aus der Vorburg bzw. der Burgmannensiedlung hervorgegangen ist. Die Geschichte von Burg und Ort ist deshalb eng miteinander verknüpft. Bis zur Eingemeindung war Hering die kleinste Stadt Hessens. Die Veste Otzberg dürfte Ende des 12. Anfang des 13. Jahrhunderts erbaut worden sein. Die im 16. Jahrhundert errichteten doppelten Ringmauern prägen die Gestalt der Festung, die eine ovale Form hat. Die Waffentechnik hatte sich geändert, so dass die Veste nicht mehr alleine durch Burgmannen gehalten werden konnte. Ab 1511 wurden ein Zwinger erbaut, der innere Mauerring verstärkt und ein neues Torhaus errichtet. In der Mitte des 16. Jahrhunderts wurde auch um die Vorburg, das Dorf Hering, eine steinerne Stadtmauer erbaut. Der Bergfried ist romanischen Ursprungs. Die Festung hat immer noch den Charakter aus der Zeit nach der Einführung der Artillerie. Typische Burgeigenschaften wie Turmlandschaften fehlen völlig. Die Bewohner waren von Anfang an Soldaten. Im 14. Jahrhundert lebten dort oben sechs Männer, um 1471 war von 14 Personen die Rede. Spezialisierte Soldtruppen kamen erst im 16. Jahrhundert dazu, zu der Zeit, als das Anwesen zur wehrhaften Festung ausgebaut wurde. Der Bergfried, im Volksmund auch Weiße Rübe genannt, ist das älteste Gebäude der Veste Otzberg. Auf der 17 Meter hohen Weißen Rübe kann man an schönen Tagen bis nach Frankfurt und in den Taunus hinein schauen. Der Burgbrunnen wurde ca. 1320 gebohrt und ist einer der tiefsten Brunnen Hessens. Die Tiefe wird auf ca. 50 m geschätzt. Nebenan steht das 1788 eingebaute Tretrad, das die Wasserförderung damals erheblich erleichterte. Das Kommandantenhaus, in dem sich heute die Burgschänke befindet, entstand 1574 zusammen mit mehreren anderen neueren Gebäuden. In dem Palas befindet sich das Museum Otzberg, mit einer Sammlung zur Volkskunde in Hessen. Die frühere Kemenate wurde später als Kaserne genutzt. Wegen der hessischen Abrissverfügung von 1806 wurde sie als eines der wenigen Gebäude auf der Veste Otzberg zerstört. Heute sind nur noch die Grundmauern zu erkennen. Das 1996 wieder aufgebaute Korporalshaus dient als Trauzimmer der Gemeinde Otzberg. Hier auf der Burg werden wir einen Aufenthalt einlegen.

Weiter geht die Fahrt nach Zipfen, wo wir rechts abbiegen nach Ober-Nauses. Seine Entstehung verdankt Zipfen dem Sandstein und Basalt Abbau in seiner Umgebung. 1784 als der Zipf gegründet. Es war eine Arbeitersiedlung. Die ehemalige Ziegelhütte von Zipfen ist für die Heimatgeschichte des gesamten Odenwaldes ein bedeutendes Denkmal. Vor dem freiwilligen Zusammenschluss zur Gemeinde Otzberg 1972, gehörte der Weiler Zipfen zur Gemeinde Lengfeld.

Wir kommen nach Ober-Nauses, wo ich als Ferienkind bei meiner Tante war. Als sie noch lebte, habe ich bei ihr am Haus mit dem Bus angehalten und schnell „Guten Tag“ gesagt. Schon im 11. Jahrhundert war Nauses bekannt. 1357 wurde Ober-Nauses als Obern-Nauweseste und 1471 Schloß-Nauses als daz Sloßlin Nuwses genannt. Heute können wir nicht mehr bei meiner Tante anhalten, da sie leider nicht mehr unter uns weilt.

Deshalb fahren wir direkt weiter nach Schloss-Nauses. Die Geschichte des Ortes ist verbunden mit der des ehemaligen Wasserschlosses Schloss-Nauses, das auch dem weiteren Teil des Ortes seinen Namen gab. 1471 erhielt Philipp Gans II. von Otzberg Sloßlin Nuwses als Lehen. Dies ist die erste urkundliche Erwähnung von Schloß-Nauses. Er erneuerte die Anlage und ließ gegen Ende des 15. Jahrhunderts die noch heute bestehenden Gebäude errichten. Ursprünglich wurde das Schloss Nauses als Wasserburg angelegt, allerdings ist von den Wehranlagen und Gräben nichts mehr zu sehen. Nur das Herrenhaus und der Torturm sind erhalten. Das schmale rechteckige Herrenhaus wurde im 15. Jahrhundert erbaut und erhebt sich auf einem sehr hohen, massiv aufgemauerten Sockel- und Erdgeschoss. Das Obergeschoss in Fachwerk wurde um 1500 erbaut. An der südlichen Giebelseite des Herrenhauses ist ein Erker vorgebaut, in dessen Erdgeschoss ein originales dreiteiliges Fenster aus der Gründerzeit erhalten ist. 1583 wurde ein halbrunder Treppenturm an das Herrenhaus angefügt. Über seinem Eingang, der als Rundbogen ausgeführt wurde, befindet sich der Wappenschild der Gans von Otzberg und der Schelme von Bergen mit Jahresangabe. Der heute freistehende Torturm aus Bruchstein, um 1500 mit einer Fachwerk-Aufstockung und um 1600 mit einem Giebel versehen, war früher der Zugang zum umfriedeten Schlosshof und ist circa 10 Meter hoch. Auf seiner Eingangsseite erkennt man ein Doppelwappen. Neben einer Narrenmaske ist nur noch das rechte Wappen der Gans von Otzberg erhalten. Der spätgotische Torturm vermittelt mit seinen gebuckelten Eckquadern etwas von der Wehrhaftigkeit der ehemaligen kleinen Wasserburg. Die vorhandenen Nebengebäude wurden im 19. und 20. Jahrhundert errichtet. Heute befindet sich Schloß-Nauses in Privatbesitz. Die Besitzer betreiben dort eine Gastwirtschaft. Eine andere Tante von mir, die Schriftstellerin Maria Bengtsson-Stier, hat einen historischen Roman über Schloss-Nauses geschrieben.
Wir machen einen kleinen Spaziergang in Schloss-Nauses bevor wir über Höchst unsere Heimreise antreten.

Ich hoffe, Euch hat unser einwöchiger Aufenthalt im Odenwald gefallen und danke allen, die mitgefahren sind ganz herzlich.

Bürgerreporter:in:

Gisela Görgens aus Quedlinburg

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