Mit Spatel und Handfeger den Dinosauriern auf der Spur
Münchehagen. Die Szenerie im Steinbruch Wesling, gleich neben dem Dinosaurierpark Münchehagen bei Hannover gelegen, hätte ein Krimiautor nicht spannender beschreiben können: Ein großer fleischfressender Dinosaurier macht Jagd auf zwei kleinere Artgenossen. Frische Fährten von Riesenechsen lassen auf einen Kampf der Dino-Giganten vor 140 Millionen Jahren schließen. Jetzt hat sich ein Grabungsteam auf Spurensuche begeben, deren Verursacher vor 140 Millionen Jahren gelebt haben. Das Team vom Dinosaurierpark war bereits im Sommer 2004 im Steinbruch Wesling auf Fußspuren von Dinosauriern gestoßen. Die Tiere hatten dutzende Spuren als Fährten im feuchten Schlamm der damaligen Insellandschaft hinterlassen. Die meisten Abdrücke stammen von zweibeinigen Pflanzenfressern, jugendliche Exemplare der Gattung Iguanodon, die es auf eine Körperlänge von fünf Metern brachten. Aber auch Raubsaurier (Theropoden) haben ihre Trittspuren hinterlassen. Kleinere Theropoden mit einer Fußlänge von etwa 30 Zentimetern wurden bis zu fünf Meter lang. Diese ersten Funde nährten die Annahme, dass die kleinen Theropoden auf die Pflanzenfresser Jagd gemacht haben. Doch vor wenigen Wochen gab der „Dino-Tatort“ im Steinbruch unter tonnenschwerem Gestein neue, 40 Zentimeter lange Spuren frei. Ein großer Theropode hatte den Ort der Jagdszene betreten. „Dieses Tier von etwa sieben Meter Länge und einem Gewicht von fast einer Tonne war sicherlich eines der gefährlichsten Raubtiere seiner Zeit“, erklärt der Grabungsleiter. „Ich kenne weltweit keine große Raubdinosaurier Spur, die so gut erhalten ist, wie die jetzt von uns freigelegte Fährte“, so der Wirbeltier-Paläontologe. Alle Spuren deuten nun darauf hin, dass dieser gigantische Raubsaurier selbst Jagd auf die kleineren Fleischfresser gemacht hat, um danach die pflanzenfressenden Dinosaurier für sich alleine als Beute zu nehmen, heißt es nach Auswertung der neuen Spurenlage. Am vergangenen Donnerstag ging im Steinbruch Wesling die Spurensuche weiter. Das Grabungsteam wollte sich mit der Freilegung weiterer Dinosaurierspuren Klarheit über den Verlauf der Ereignisse vor 140 Millionen Jahren verschaffen. Ein mächtiger Bagger brach zunächst große Steinblöcke an der Fundstelle auseinander und hob sie zum Abtransport auf einen Radlader. Die freigelegte Fläche konnte nun vom Grabungsteam bearbeitet werden. Etwa acht Zentimeter starke Steinplatten wurden von Hand angehoben und der darunterliegende Boden auf Dinosaurierspuren untersucht. Die Forscher wurden rasch fündig. Unter nahezu jeder Platte fanden sie neue Abdrücke, mal von pflanzenfressenden Exemplaren, dann wieder von einem fleischfressenden Raubsaurier mit seinen länglichen Zehen und der typischen Kralle, die sich durch eine deutliche Vertiefung im Abdruck zeigt. „Eine faszinierende Arbeit. Wenn ich mir vorstelle, dass an dieser Stelle vor 140 Millionen Jahren Dinosaurier gelebt haben und ich eine der Ersten bin, die an diesen Spuren arbeitet“, begeistert sich eine Mitarbeiterin aus dem Präparationsteam, während sie mit Spatel und Handfeger eine neue Dinosaurierspur gänzlich freilegt. Auch der Chef-Präparator und wissenschaftliche Leiter im Dino-Park Münchehagen ist begeistert von den neuen Funden. Wenn er und seine Mitarbeiter die Spuren gründlich gereinigt haben, werden sie mit Präparationslack gefestigt und mit Silikon überstrichen, um sie später als Abdruck im benachbarten Dino-Park den Besuchern präsentieren zu können. Am Ende dieses Grabungstages werden noch weitere Spuren und Fährten der vermuteten Jagdszene entdeckt, doch lässt die bis dahin schwer erarbeitete Spurenlage den wahren Tatverlauf weiterhin offen: Kam es hier zum Todeskampf zwischen Dinosauriern oder war es eine friedliche Begegnung von Tieren, die vor 140 Millionen Jahren in unserer Region gelebt haben? Die Antwort liegt noch unter zentnerschwerem Gestein verborgen…
Bürgerreporter:in:Bernd Stache aus Königslutter am Elm |
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