Segen für alle?!
Ob Sie es glauben oder nicht, auch manchen Mitarbeitern der katholischen Kirche geht mitunter die Hutschnur hoch, wenn sie morgens die Zeitung aufschlagen. Es ist manchmal schon zum Verzweifeln!
Der Aufreger der vergangenen Woche war für mich – wie vermutlich für viele andere Menschen – die vehemente Zurückweisung der Segnung für gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Da sitze ich dann beim Frühstück, greife mir an den Kopf und denke mir: „Was macht ihr denn da?“ Seitdem landet im WhatApp-Status vieler meiner Kollegen eine Regenbogenfahne auf der zu lesen ist: #meingottliebtjedenmenschen.“
Aus der Sicht des Theologen kann ich mir natürlich schon einen Reim darauf machen, was da geschieht und welche Angst sich hinter der Ablehnung seitens der Glaubenskongregation verbirgt. Unter allen Umständen soll vermieden werden, dass homosexuelle Partnerschaften mit der Ehe gleichgesetzt scheinen. Ich weiß auch, was im Katechismus steht, wobei ich mich immer schon gefragt habe, wie es wohl wäre, wenn dasselbe, was da zu Homosexualität steht, über die zölibatäre Lebensweise des Priesters stehen würde: „Für die meisten von ihnen stellt sie eine Prüfung dar. Ihnen ist mit Achtung, Mitleid und Takt zu begegnen.“ (KKK 2358).
Ob das theologisch alles so haltbar und mit dem Wissen von heute vereinbar ist, darüber sollen sich ruhig die Universitäten streiten. Mir jedoch kommen da ganz konkrete Menschen in den Sinn. Ich kenne kirchliche Mitarbeiter, die in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften leben und die trotz des kirchlichen Urteils über sie, treu und unbeirrt versuchen, ihren Glauben zu leben. Mir fallen gleichgeschlechtliche Eltern von Erstkommunionkindern ein, die gemeinsam mit ihren Kindern hören, dass Gott sie ohne Vorbehalt liebt, obwohl sie am eigenen Leib erleben, dass es darin in der Kirche dann doch Unterschiede gibt. Auch denke ich an Männer und Frauen, die mit ihren Partner*Innen ganz am Anfang ihrer Beziehung stehen und sich, wie jeder andere auch, die Zusage erhoffen, dass sie Gott an ihrer Seite wissen dürfen.
Wie kann ich Ihnen auf eine gute Weise begegnen, während ihnen die Kirche vermittelt, dass sie nicht richtig sind?
Ich frage mich, warum in solchen Fragen oft nur in der Kategorie „Entweder – Oder“ gedacht wird. Wenn es z.B. tatsächlich um die Sorge geht, dass durch einen Segen der Eindruck entstehen könnte, dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften der Ehe gleichgesetzt werden (was ich – ehrlich gesagt – nicht glaube, nachdem auch Position der Kirche zur Eheschließung mehr als klar ist), dann frage ich mich, ob die Alternative wirklich nur die rigorose Ablehnung der Segnung sein kann, oder ob es nicht auch einen Mittelweg gibt. Segensgebete, z.B. auch für Verlobte, lassen nämlich selten eine Verwechslung mit dem feierlichen Ehegelübde zu. Die Frage ist doch nicht, ob, sondern wie man eine solche Segensfeier gestaltet.
Auch empfinde ich die Begründung der Glaubenskongregation reichlich einseitig auf das Thema „Sünde“ beschränkt, gerade wenn am Ende des Dokuments betont wird, „dass Gott selbst nicht aufhört, jedes seiner Kinder zu segnen, die in dieser Welt pilgern, denn für ihn „sind wir wichtiger als alle Sünden, die wir begehen können“. Aber er segnet nicht die Sünde und er kann sie nicht segnen: Er segnet den sündigen Menschen, damit er erkennt, dass er Teil seines Liebesplans ist, und sich von ihm verändern lässt. Denn er „nimmt uns so, wie wir sind, aber lässt uns nie so, wie wir sind.“ Zunächst einmal segnen wir doch grundsätzlich nie die Sünde selbst, sondern ganz konkrete Menschen in ganz konkreten Lebenssituationen, mit allem, was sie mitbringen. Jeder von uns ist doch im selben Maß Sünder UND Gerechter. Von kaum einem anderen aber verlangt man, er möge zuerst sein Leben in Ordnung bringen, bevor er um Gottes Segen bitten darf, sondern baut darauf, dass Gott seinen je eigenen Weg mit dem Betreffenden geht. Und dann ist der Segen doch vor allem ein Zuspruch, keine Beschwörungsformel, der den Gesegneten mit einem unsichtbaren und unwiderruflichen Zauber belegt. Vielmehr ist er doch die Antwort auf die Bitte der Menschen, an einem bestimmten Punkt ihres Lebens zugesagt zu bekommen, dass auch sie in der Liebe Gottes sind. Und daran habe ich gar keinen Zweifel. (Nur am Rande sei bemerkt, dass der Einwand, man könne Häuser und Autos segnen, weshalb dann nicht gleichgeschlechtliche Partnerschaften, nicht ganz richtig ist. Auch der Segen für Häuser und Autos gilt nicht den Gegenständen an sich, sondern immer den Menschen, die sie benutzen.)
Und nicht zuletzt würde ich mir wünschen, dass man seitens der Entscheidungsträger mehr MIT den betreffenden Menschen spricht, als ÜBER sie. Denn was sich in einem Dokument leicht als Sünde abtun lässt, fühlt sich für die Menschen, um die es geht, eben nicht so an. Wohl keiner, der in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebt, würde sagen, dass sie diese als sündhaft und damit verwerflich empfinden. Wie für jeden, der einen Menschen findet, der mit ihm das Leben teilt, fühlt es sich richtig an, auch wenn die Lebenswege, die dahin geführt haben, noch so individuell und unplanmäßig wären. Vor einem ähnlichen Problem stehen z.B. auch Geschiedene, die sich auf eine neue Beziehung einlassen. Pastoral gesehen gilt für mich zuallererst: Sehen, was ist. Annehmen, dass das Leben eben ist, wie es ist – und es nicht nur „Entweder – Oder“ gibt, sondern alle denkbaren Facetten dazwischen. Und dann danach zu fragen: Was brauchst Du, damit Du leben kannst? Alles andere, sowohl den Weg, den er mit jedem einzelnen geht, als auch das Urteil darüber, müssten wir demütig Gott selbst überlassen.
Bürgerreporter:in:Markus Dörre aus Gersthofen |
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