Ohne himmlische Kontaktsperre - Gedanken zu Christi Himmelfahrt



Die Ausgangsbeschränkungen und Kontaktsperren der letzten Zeit haben für viele Menschen negative Auswirkungen, unter denen sie persönlich, familiär oder finanziell leiden. Besonders in den Krankenhäusern, Senioren- und Pflegeheimen haben viele ihre Liebsten sehr vermisst. Und umgekehrt war es genauso. Ein kleiner Lichtblick, dass das alles inzwischen doch etwas leichter geworden ist. Das ist auch heute - am Vatertag - für viele eine große Erleichterung.

Am Hochfest Christi Himmelfahrt feiern wir, dass Jesus aus der Dimension von Raum und Zeit in die Dimension Gottes heimkehrt. Diese Dimension nennen wir Himmel oder Ewigkeit. Ist es nicht ein trauriges Fest, das wir heute feiern? Drückt dieses Fest nicht viel Distanz aus? Das war’s also. Nun macht sich Jesus aus dem Staub. Er zieht sich zurück in die Distanz einer himmlischen Kontaktsperre. So verstanden wäre das heute wirklich ein trauriges Fest und wir könnten das Feiern gleich sein lassen.

Um Christi Himmelfahrt besser zu verstehen, können wir einen Vergleich aus unserem Leben heranziehen. Es gibt Menschen, die uns körperlich ganz nahe sind. Die mit uns im gleichen Haus wohnen, die neben uns arbeiten, die mit uns die gleiche Schulbank drücken, die uns jeden Tag begegnen. Und trotzdem kann es sein, dass uns manche von ihnen ganz fremd sind. Wir gehen gerne auf Distanz, weil wir sie nicht mögen. Genauso aber kann es sein, dass ein Mensch, den wir ganz gerne haben, weit weg von uns ist. Vielleicht in den USA, in Asien oder in einem anderen Teil dieser Welt. Und obwohl so viele tausende Kilometer zwischen uns liegen, fühlen wir uns gegenseitig ganz nahe. Und wir freuen uns darauf, wenn wir uns wieder einmal sehen und vielleicht in die Arme schließen können. Nähe und Distanz sind also nicht unbedingt von der körperlichen Nähe abhängig. Es gibt eine geistliche, seelische Verbundenheit, die viele äußere Distanzen überwindet.

„Ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mt 28,20) – das sind die letzten Worte, die Jesus im Matthäusevangelium spricht. „Matthäi am Letzten“ werden sie auch genannt. Jesus sagt also seinen Jüngern – und damit auch uns – zu, dass er bei uns bleibt, dass er mit uns weiter unterwegs ist. Er hat sich eben nicht mal schnell aus dem Staub gemacht. Er lebt nicht in einer himmlisch distanzierten Kontaktsperre. Vielmehr ist er zum Vater gegangen, hat unser Mensch-sein zum Vater mitgenommen und ist uns von dort nahe. Als Mensch hat sich Jesus eingrenzen lassen in Raum und Zeit. An einem kleinen Fleck dieser Erde, in Nazaret, am See Gennesaret oder in Jerusalem war er unter den Menschen. Nun ist seine Nähe nicht mehr an Raum und Zeit oder an irgendeinen Fleck dieser Erde gebunden. Als der zu Gott erhöhte Herr ist er allen Menschen nahe, in allen Ländern und Kontinenten. Er ist auch bei den Menschen aller Zeiten – in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Liebe Mitchristen, die Verbundenheit mit Jesus hebt Distanzen auf. Seine Nähe schenkt uns Kraft, die Höhen und Tiefen des Lebens zu bestehen. Er gibt uns den Mut, diese Welt zum Besseren hin zu verändern. Und irgendwann einmal wird der Tag kommen, an dem alle schmerzvollen Distanzen fallen. Dann wird er uns voll Liebe in seine Arme nehmen und zu uns sagen: „Schön, dass du jetzt für immer bei mir bist!“

Pfarrer Ralf Gössl

Bürgerreporter:in:

Ralf Gössl aus Gersthofen

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