Ein Türke in Gersthofen - Wie lebt es sich in Gersthofen?

Bei der Hausaufgabenbetreuung.
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Es gibt mittlerweile Wohnviertel, in denen der türkische Bevölkerungsanteil dominiert. Das Zusammenleben von Türken und Deutschen ist nicht immer spannungsfrei; die Lebensgewohnheiten sind unterschiedlich. Genug Anlass der Frage nachzugehen, wie es sich als Türke in Gersthofen lebt? Unser Mitarbeiter Gerhard Fritsch hat einen türkischen Mitbürger besucht.

Der Mann vom [r]gersthofer[/r] kennt Mustafa Dalyanoglu von früheren Begegnungen her. Beim Türkischen Kinderfest, der Fernsehsendung "Bürgerforum" oder der ökumenischen Kulturenbegegnung "Hand in Hand" haben sich Kontakte ergeben. Dalyanoglu bietet sich deshalb als "Interviewopfer" an. Er lebt mit seiner fünfköpfigen Familie seit ca. neun Jahren in Gersthofen. Der Diplom-Ingenieur Fachrichtung Maschinenbau mit Schwerpunkt Fahrzeugtechnik ist Sachverständiger für Kraftfahrzeugschäden und Bewertung und hat ein Ingenieurbüro in der Augsburger Straße. Er spricht ausgezeichnet deutsch und ist stolz, seine schulische Ausbildung ausschließlich über das deutsche Bildungswesen geschafft zu haben. Vielen seiner Landsleute ist er bekannt als Vorsitzender des "Türkischen Elternbeirat Gersthofen e.V.". Der Verein zählt etwa fünfzig Mitglieder und hat sich die Förderung türkischer Kinder in allen Lebenslagen zur Aufgabe gemacht. Dazu gehört die Unterstützung bei den Hausaufgaben, sinnvolle Freizeitgestaltung, Hilfe bei schulischen und erzieherischen Problemen sowie der Dialog mit Bildungseinrichtungen und Behörden. "Wir achten jedoch sehr darauf, dass keine religiösen Aktivitäten bei unserer Vereinsarbeit ausgeübt werden", betont der Vorsitzende, der von seiner Frau Gülsah tatkräftig unterstützt wird. Dafür ist der Islamunterricht in der Koranschule in Gersthofen vorgesehen. Der rührige Diplomingenieur ist außerdem noch im Vorstand der "Ausbildungsinitiative ausländischer Unternehmer" in Augsburg tätig.

Ein vielbeschäftigter Mann also. Und er hat noch vieles vor. Mit seinen 37 Jahren steckt Dalyanoglu voller Tatendrang. Obwohl er das gute Verhältnis zur Stadt Gersthofen betont, möchten er und seine Landsleute nicht nur "gehört" werden, sondern selbst agieren. "Wir wollen als gleichberechtigter Partner unsere Interessen vertreten und gegenüber der Kommune artikulieren." Er denkt dabei nicht nur an seine türkischen Mitbürger sondern an alle Bürger mit Migrationshintergrund. Es fällt das Stichwort "Ausländerbeirat". Dazu will er seinen Beitrag leisten. "Ich möchte eine Prise Salz in der Suppe werden", zitiert er selbstbewusst eine türkische Redewendung. Seine Motive sind nicht ganz uneigennützig, aber durchaus ehrenhaft. "Damit will ich mithelfen, für meine Kinder in Gersthofen Jugend und Zukunft zu sichern." Der Unternehmer bezeichnet sich selbst als "türkischer Deutscher"; er möchte seine türkische Identität bewahren. Dabei helfen ihm auch die jährlichen Besuche bei Angehörigen in der Türkei.

Apropos Gersthofen. Gefällt ihm Gersthofen? "Ich fühle mich in Gersthofen wohl", kommt spontan die Antwort. "Gersthofen ist eine überschaubare Stadt mit Dorfatmosphäre." Es gibt viel Raum für zwischenmenschliche Beziehungen. Mit seinen deutschen Freunden trifft er sich regelmäßig zu gemeinsamen Unternehmungen. Er schätzt die guten Kontakte zur Stadt Gersthofen, zu den Kirchen und zum TSV Gersthofen, der vielen jungen Türken eine sportliche Heimat bietet. Auf der TSV-Schiene tut sich übrigens was Neues: es ist geplant, über den TSV eine Freizeitgestaltung für türkische Frauen anzubieten. Dalyanoglu selbstkritisch: "Auch wir Türken müssen etwas dazu tun, um eine Gettoisierung vermeiden." Dalyanoglu bekennt sich zum Islam; meidet Schweinefleisch und Alkohol. Er versucht nach den grundsätzlichen Normen, die jeder Religion eigen sind, sein Leben zu gestalten. Er findet noch Zeit, anderen Interessen nachzugehen. Er spielt gerne Tennis und Billard. Einen Traum verfolgt der begeisterte Motorradfahrer schon seit längerer Zeit: er möchte sich nächstes Jahr wieder ein Motorrad zulegen. "Leider kommt durch Beruf, sozialem Engagement und Hobbys halt die Familie zu kurz", gesteht er etwas schuldbewusst ein. Er schätzt das Essen im Familienkreis und hier besonders, wenn es ein Pfeffersteak aus der Küche eines "gut bürgerlichen bayerischen" Restaurants ist.

Ein Schatten fällt allerdings auf das ansonsten harmonische Umfeld in Gersthofen: "Uns wurden bis Ende Februar 2007 die Vereinsräume in der Donauwörther Str. 9a gekündigt. Und das obwohl wir vor kurzem noch 10.000 Euro für in die Renovierung der Räume investierten", informiert Dalyanoglu. Warum wurde vom Vermieter gekündigt? Schulterzucken. "Wir wissen es nicht." Seitdem sucht der Elternbeirat fieberhaft nach neuen Unterrichtsräumen. Ca. 150 qm groß, möglichst im Zentrum Gersthofens gelegen und das mit einer bezahlbaren Miete. Denn auch hier gibt's Parallelen zu deutschen Vereinen: Mit den Finanzen steht es nicht zum Besten. "Wenn wir keine geeigneten Räume finden, müssen wir unsere Hausaufgabenunterstützung einstellen", bedauert der Vereinsvorsitzende.

Mit der Zusage, dieses Anliegen zu veröffentlichen, verabschiedet sich der Mann vom [r]gersthofer[/r] von Dalyanoglu. Wer also dem Türkischen Elternbeirat helfen kann, soll sich bitte an Mustafa Dalyanoglu, unter Telefon 0821-2991707 wenden. Damit würde den türkischen Kindern eine wertvolle Unterstützung für den Schulbesuch gegeben werden.

Bürgerreporter:in:

Gerhard Fritsch aus Gersthofen

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