40 Jahre Stadt Gersthofen - die Weichen werden gestellt

Siegfried Deffner hat (noch) Zeit für seinen Teich
  • Siegfried Deffner hat (noch) Zeit für seinen Teich
  • hochgeladen von Gerhard Fritsch

In unserer Reihe „Erinnerungen - 40 Jahre Stadt Gersthofen“ wollen wir diesmal die 80er-Jahre beleuchten. Der myheimat-Mann fand in dem damaligen 1. Bürgermeister Siegfried Deffner, einen Zeitzeugen der diese Dekade nicht unwesentlich mitgestaltete. Zusammen mit dem myheimat-Mann entstand ein kleiner Rückblick, der aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.

Die 80-Jahre waren geprägt durch Weichenstellungen für Erweiterungen und Bauten im Straßennetz und bei städtischen Einrichtungen. Es begann 1981 als Bürgermeister Karl J. Weiß, am 16. Oktober die Ortsumgehung B2 neu dem Verkehr übergab. Er sprach von einem „Jahrhundertwerk“. Eine starke Bürgerinitiative hatte bis zuletzt vergeblich gekämpft, die Ortsumgehung westlich von der Bahnlinie Augsburg-Donauwörth und nicht östlich bauen zu lassen.

Im Jahr 1984 erfolgte die Stabübergabe von Bürgermeister Karl. J. Weiß an Siegfried Deffner, beide CSU-Männer. Wurde dem gelernten Landwirt ein wohl bestelltes Feld übergeben? „Ich habe keine negative Situation vorgefunden“, sagt Deffner. „In seiner väterlichen Art konnte Weiß gut mit den Bürgern umgehen.“ Es gab ein ausgeprägtes Vereinswesen und die zarten Bande der Städtefreundschaft zu Nogent-sur-Oise ließen die Gersthofer ein wenig über den eigenen Tellerrand schauen. Gersthofen behauptete sich wacker im Schatten der Großstadt Augsburg. Trotzdem warteten etliche umfangreiche Herausforderungen auf den neuen Bürgermeister. Die Einwohnerzahlen waren rückläufig und Schulden mussten abgebaut werden – kein ungewöhnlicher Zustand für Kommunen in der damaligen Zeit. Als erstes mussten Flächennutzungspläne für die Ausweisung neuer Wohn- und Gewerbegebiete erstellt, Grundstücke erworben werden. Schmunzelnd erinnert sich Deffner an eine Witwe, die partout nicht bereit war ein unbedingt benötigtes Grundstück zu verkaufen. „Ich habe bestimmt einige Dutzend Gespräche in ihrer Wohnung -auch im Keller- geführt, bis sie sie zum Verkauf einwilligte.“ Planungen der Machbarkeit eines neuen Stadtzentrums, Vorarbeiten für die Verlegung des Autobahnkleeblatts an die neue B2 und die Idee des Ballonmuseums hielten in der Zeit von 1984 – 1988 Verwaltung und Stadtrat in Atem. Nicht zu vergessen, der Bau einer neuen Aussegnungshalle, deren Größe umstritten war. Es war eine allgemeine Aufbruchstimmung zu verzeichnen, „obwohl die Bürger Gersthofens nicht gerade veränderungsfreudig sind“, so Deffner. Besonders freute er sich über die Errichtung des BRK-Rettungszentrums, die 1989 erfolgte. „Dafür haben wir lange gekämpft und auch etliche Vorleistungen wie z. B. die Bereitstellung des Grundstücks erbracht“, erklärt der Ex-Bürgermeister. Als das BRK-Zentrum auch noch Notarztstandort wurde, wurde die Notfallversorgung entscheidend verbessert.

Der neue Rathauschef konnte 1984 auf eine gut funktionierende Verwaltung zurück greifen. Mit einem Stadtrat, der mehrheitlich der CSU angehörte und der ihm eigenen Durchsetzungskraft konnte er seine wachstumsorientierten Vorstellungen weitgehend verwirklichen. „Manche Leute behaupten, ich bin stur“, sagt Deffner ohne eine Spur von Nachdenklichkeit zu zeigen. Harte Verhandlungen gab es mit der Stadt Augsburg wegen der dringend nötigen Sanierung des auf Gersthofer Flur liegenden Müllberges. Nach zähem Ringen wurde eine vollständige Müllberg-Sanierung zu lasten Augsburgs vereinbart. Kosten etwa 60 Millionen DM; es wurden 120 Millionen DM schließlich. „Hier haben wir Augsburg etwas „überredet“, grinst Deffner heute noch. Zum Himmel stank auch Augsburgs Kläranlage an der süd-östlichen Grenze Gersthofens. „Ich wurde oft nachts von empörten Bürgern angerufen, die sich über den süßlichen Geruch beschwerten. Irgendwann wurde es mir zu viel und ich bat die Anrufer schließlich, auch den Augsburger Oberbürgermeister Hans Breuer anzurufen“, erzählt Deffner. Bald trat eine Besserung ein...

Was war für Deffner und Stadtrat die größte Herausforderung in den 80-Jahren? Er muss nicht lange überlegen. „Die Errichtung eines neuen Stadtzentrums mit Erweiterung Rathaus, Ballonmuseum, neuer Stadtbücherei und Rückbau und Neugestaltung der Ortsdurchfahrt. Die Frage der Finanzierung des Projektes mit all seinen Ungewissheiten bereitete uns großes Kopfzerbrechen. Wir hatten keine Erfahrung mit Projekten dieser Größenordnung.“ Der 1987 durchgeführte Ideenwettbewerb brachte 22 Entwürfe, die der Öffentlichkeit vorgestellt wurden. Im Oktober 1988 erhielt ein Bewerber aus Augsburg den Zuschlag.

Ein roter Faden in der Gestaltung und weiteren Entwicklung Gersthofens war die Ansiedlung von Industrie und Gewerbe. Sie war vornehmlich „Chefsache“, was bedeutete, dass alle wichtigen Vorgänge über den Bürgermeister- Schreibtisch liefen. Man wollte außer der Firma Hoechst mit fast 2.000 Arbeitsplätzen noch ein paar weitere Standbeine haben. Das Konzept ging auf – es wurden neue Arbeitsplätze geschaffen – aus 5.000 bei der Amtsübernahme wurden 13.000 (Stand Mai 2008). Die Bürger konnten Geld in Gersthofen ausgeben und Gewerbesteuer floss in die Kasse. Fast beschwörend wiederholt Deffner seine schon oft geäußerte Devise: „Wir müssen erst das Geld erwirtschaften, um es dann für Bereiche wie z. B. Kultur oder Sport ausgeben zu können.“

Auch in sportlicher Hinsicht gab es einiges zu vermelden. 1985 wurde Karl-Heinz Wagner zum TSV-Präsident gewählt, das er bis heute erfolgreich inne hat. Einen kurzen Höhenflug unternahm 1981 die Handballmannschaft des TSV als Verbandsligameister in die Oberliga. Sie landete aber bald wieder in der A-Klasse. Internationales Aufsehen erregte 1988 die Gasballon-Weltmeisterschaft in Gersthofen. Gefeiert wurde auch: 1982 fand das 1. Bürgerfest in Gersthofen statt.

Nach der Betrachtung der 80ger Jahre stellt der neugierige myheimat-Mann noch eine Frage, die er sich eigentlich für einen Ausblick auf das nächste Jahrzehnt aufgespart hat. Bleibt Ruheständler Deffner noch lange Ruheständler? Er gibt sich sybillinisch, lässt sich aber doch entlocken, dass etwas „im Gange ist“.

Der Rückblick wird mit Bericht über die 90-Jahre fortgesetzt.

Bürgerreporter:in:

Gerhard Fritsch aus Gersthofen

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