Wir suchen händeringend Leute...
Es ist nicht zu übersehen: die Zahl der arbeitslosen Bundesbürger hat sich verringert. Laut Bundesanstalt für Arbeit (Stand August) gibt es „nur“ noch 3,7 Millionen Stellensuchende. Viele Maßnahmen haben zu dieser positiven Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt beigetragen; dazu gehört auch das Wirken von Zeitarbeitsfirmen oder Personaldienstleistern. Wie funktioniert eine derartige Arbeitsvermittlung?
Anlass, sich bei der Tonova Wertarbeit GmbH in Augsburg umzusehen. Sie hat sich als Interviewpartner zur Verfügung gestellt. Für Gersthofen deshalb interessant, weil der Geschäftsführer, Alexander Hagl ein Gersthofer ist und einen guten Einblick auf den Arbeitsmarkt in unserer Region hat. Zeitarbeitsfirmen leiden teilweise immer noch unter einem schlechten Image. Zudem ist der Markt heiß umkämpft: allein in Augsburg gibt es über 100 Unternehmen. Inzwischen hat sich durch die Einführung von Tarifverträgen die Spreu vom Weizen getrennt. Wenden wir uns der Firma „Tonova“ zu. Zur Firmenphilosophie gehört das Motto: Erfolg bestimmt der Mensch. Soll heißen, dass jeder selbst seine Chancen wahrnehmen kann, um Werdegang und Fortkommen zu gestalten. Klingt gut, aber wie schaut es in der Wirklichkeit aus? Kommt mit diesem Spruch ein Langzeitarbeitsloser, nach dem Schreiben von –zig Bewerbungen, zurecht? Eine Frage, die offen bleibt.
Wie schaut der klassische Vermittlungsfall nun aus? Der Kunde, z. B. ein metallverarbeitender Betrieb, benötigt einen Dreher. Er nimmt Kontakt mit Tonova auf und erstellt gemeinsam mit dem zuständigen Tonova-Disponenten ein Stellenprofil. Dann beginnt die eigentliche Vermittlungsarbeit für den Personaldienstleister. Es wird recherchiert bei der Agentur für Arbeit und bei Berufsförderungs- oder Gewerbetechnischen Bildungszentren, ob geeignete Bewerber vorhanden sind. Es werden Stellenanzeigen in Tageszeitungen geschaltet. Über das Internet wird ebenfalls gesucht. In der Regel wird man „fündig“. Der Bewerber wird dann von der Firma Tonova zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen „Hier ist schon eine gehörige Portion Menschenkenntnis erforderlich“ erklärt Geschäftsstellenleiter Hagl. Diese Fähigkeit hat er sich als früherer Verkäufer bei der Augsburger Traditionsfirma Kröll & Nill angeeignet. Wenn Tonova einen günstigen Eindruck gewonnen hat, wird das zweite Vorstellungsgespräch beim Kunden, den metallverarbeitenden Betrieb, vereinbart. Ist man auch hier der Meinung, dass der Bewerber für die zu besetzende Stelle geeignet ist, schließt der Personaldienstleister mit dem neu gewonnenen Mitarbeiter einen Arbeitsvertrag zu den üblichen tarifmäßigen Bestimmungen ab; Tonova hat jetzt einen neuen Mitarbeiter der an den Kunden ausgeliehen wird. Alle Steuer- und Sozialabgaben werden von der Zeitarbeitsfirma abgeführt. Betriebliche Alterversorgung wird gewährt. Wenn sich der Mitarbeiter als gut erweist, kommt es in ca. 30 % der Fälle vor, dass er von dem jeweiligen Kundenbetrieb langfristig übernommen wird. Es wird dann das Arbeitsverhältnis bei Tonova beendet und ein neues bei dem jeweiligen Tonova-Kunden begründet. Und wie kommt Tonova auf seine Kosten? Es wird nach einem Stundenverrechnungssatz mit dem Kunden abgerechnet. Über deren Höhe wird allerdings Stillschweigen gewahrt. Aber auch der umgekehrte Fall passiert: ein Stellensuchender wird bei Tonova vorstellig und bietet seine Dienste an. Die Firma versucht dann bei ihren Kunden einen Job zu finden. Es wird aber kein Personalpool gebildet mit Leuten, die sozusagen „Gewehr bei Fuß stehen“; für jeden Arbeitssuchenden wird gezielt ein Arbeitsplatz gesucht. Wie beurteilt Hagl die Arbeitsmarktsituation in der Region, besonders in Gersthofen? „Wir suchen händeringend Personal für offene Stellen – hauptsächlich für Maschinenbau und kaufmännischer Bereich“, so Hagl. Aus Gersthofen allein können die Personalanforderungen nicht erfüllt werden. „Auch hier bestätigt sich die große Anziehungskraft Gersthofens als Wirtschaftsstandort“, betont der Geschäftsführer. Er wohnt selbst im Gersthofer Süden und ist mit „seiner“ Stadt fast ganz zufrieden. Warum nur fast? Er wünscht sich mehr Toleranz, wenn in Gersthofen gefeiert wird. „Hier sollte man bei den paar Gelegenheiten schon ein Ohr zudrücken“, appelliert er an die Anwohner. Sonst noch was? „Ich träume von dem Aufstieg der TSV-Fußballer irgendwann in die 2. Bundesliga.“ In diesem Zusammenhang bedauert er auch die Art und Weise, wie der ehemalige Abteilungsleiter Alois Binswanger ins „Abseits“ gestellt wurde. Nachdem Hagl ein wenig in sein Inneres blicken ließ, wird’s noch persönlicher. Wie hält er es als Arbeitsvermittler mit der Mithilfe im Haushalt? Er lacht: „Ich lasse meiner Frau Petra freie Hand und kümmere mich mehr um Garten und Dachterrasse.“ Sein „grünes Däumchen“ konzentriert sich auf die Hege und Pflege exotischer Pflanzen wie Zitronen- und Olivenbäume. Auch Bambus ist dabei und hier kommt ein wenig sein Faible für Thailand zum Ausdruck. Die Zeit drängt. Hagl will am nächsten Tag in Urlaub gehen und hat noch einiges zu erledigen. Es werden abschließend noch einige Bilder gemacht. Beim Verabschieden erhält der Mann vom „gersthofer“ noch eine Visitenkarte. Die wird er gut aufheben. Man weiß ja nie: vielleicht muss man als bundesdeutscher Standardrentner noch ein kleines „Jöbchen“ suchen...?
Bürgerreporter:in:Gerhard Fritsch aus Gersthofen |
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