Neues aus dem Osten.
Boris Reitschuster, Buchautor und Russland-Korrespondent für Focus, hielt vor ca. 100 Zuhörern im Gersthofer Ballonmuseum einen Vortrag über die Putin-Demokratur in Russland. Er zeichnete ein düsteres Bild der in Politik und Wirtschaft herrschenden Zustände.
Präsident Wladimir Putin, geprägt durch einfache und raue Kindheit in Petersburg und Dienst bei der russischen Westarmee in der DDR, zuletzt als KGB-Offizier, möchte Russland wieder zu einer Großmacht erstarken lassen. Dabei ist er in der Wahl seiner Mittel nicht zimperlich. Ein gut sortierter Klüngel von Putin-Vertrauten (Datscha-Kollektiv) sichert Macht und Einfluß und lässt keine ernsthafte Opposition zu. Wer sich nicht im Sinne der Staatsräson verhält, riskiert Leib und Leben – und hier besonders kritische Journalisten. Der bisher ungeklärte Mord an Anna Politkowskaja ist ein trauriges Beispiel hierfür. Auch Reitschuster wurde wegen seiner Berichterstattung schon massiv bedroht. Dass Putin in großen Teilen der russischen Bevölkerung beliebt ist, liegt an dem „Wohlwollen“ der russischen Medien. Vielleicht könnte die Frage über die Nachfolge Putins 2008 durch einen „Ruf aus dem Volk“ zur Verlängerung seiner Amtszeit gelöst werden...Der Journalist warnte vor einer starken Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen. Der Kreml zögert nicht, seine Rohstoffe als politische Waffe einzusetzen, wie die Ukraine schon erfahren musste. Ohne Bestechung und Korruption geht in Wirtschaft und Verwaltung fast gar nichts.
Trotzdem sah Reitschuster einen Hoffnungsschimmer. Russische Touristen erhalten im westlichen Ausland Einblicke in eine funktionierende Demokratie. Das Internet –wenn auch nur von wenigen genutzt- ermöglicht Zugang zu ausländischen Publikationen und wird zum Erfahrungsaustausch genutzt. Eigentum ist wieder erlaubt – wenn auch ca. 20% der Bevölkerung unter der Armutsgrenze leben. Die Kirche darf als geistige Kraft nicht unterschätzt werden. Das alles wird nicht ohne Wirkung bleiben. Eines lag Reitschuster besonders am Herzen: Man darf die russischen Menschen nicht nach der Politik der Kremlherrscher beurteilen. Selten hat er so gastfreundliche und warmherzige Menschen getroffen. Nach Beendigung des Vortrags gab es noch Gelegenheit Fragen an den Journalisten zu stellen, die von den Zuhörern ausgiebig genutzt wurde.
Bürgerreporter:in:Gerhard Fritsch aus Gersthofen |
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