Die subtilen Tricks der Verkäufer: Die Fallstricke zwischen Tiefkühltruhe, Heino und Vivaldi bei VW-Hartmann
Wer sich auf eine Kaffeefahrt einlässt und sich für 9,70 Euro aus dem mittelhessischen Outback an die Nordsee karren lässt, Mittagessen und Präsent inklusive, weiß von vornherein, dass es zum Kalkül der großzügigen Gastgeber gehört, ihm noch weitere Goldstücke aus dem Portemonnaie zu ziehen. Oder sollte es zumindest. Dann gibt es Dampfbügeleisen aus garantiert biologischem Anbau, die auch mp3-Dateien abspielen und Video-Streams aus dem Internet laden können. Oder LED-beleuchtete Rheumadecken mit integriertem Selbstzerstörungsmechanismus gegen Erdstrahlen, kosmische Strahlung und Wasseradern. Präsentiert von Verkaufskanonen, die zu den besten ihrer Zunft gehören. Zu selbigen zählt auch Aale-Dieter vom Hamburger Fischmarkt, der, wenn er nicht gerade seine schlangenförmigen Grätenheinis vertickt, Seminare als Verkaufstrainer gibt.
An seinem Stand bezahlt das Publikum gerne auch mal etwas mehr. Gutes Entertainment hat schließlich seinen Preis. Doch im Alltag, im Supermarkt, beim Discounter oder im Kaufhaus, ist die Verführung wesentlich subtiler. Und da wird nichts dem Zufall überlassen. Das fängt bei der mit Bedacht vorgegebenen Laufrichtung an und hört bei der gezielten Warenanordnung, der Raumtemperatur und den Umgebungsdüften noch lange nicht auf. Da gibt es Bück-, Streck- und Ausbremszonen, Verengungen und Hindernisse, die einzig dem Zweck dienen, den Blick des Konsumenten auf ein bestimmtes Sortiment zu lenken und dort verweilen zu lassen. Mit jedem Prozent mehr an Zeit, die sich der Kunde im Shop aufhält, steigt die Kaufwahrscheinlichkeit um das 30-fache.
Auch Musik beeinflusst die Kaufentscheidung. Wenn im Autohaus Klassik eingespielt wird, erhöht sich der Absatz nobler Karossen. Sollte bei VW-Hartman also mal AC/DC aus den Boxen dröhnen, kann man davon ausgehen, dass die einem erst mal einen gebrauchten und kürzlich in Zahlung genommenen Rost-Corsa mit poröser Zylinderkopfdichtung und rachitischer Kurbelwelle, bei dem der TÜV in zwei Monaten abläuft, andrehen möchten. Im Weinhaus greift die gleiche Systematik. Auch hier treiben Vivaldi und Co. den Absatz edler Tropfen in die Höhe. Welche geschmacklichen Präferenzen der Kunde im Weinkontor Reblaus entwickelt, sollte der Sommelier-DJ plötzlich Heino auflegen, müsste man austesten. Vermutlich dürstet es ihn dann nach einer halbtrockenen Silvaner-Schorle mit chambrierter Ziegenpisse. Wo weitere verkaufspsychologische Fallstricke lauern, steht hier: http://www.rotorman.de/verkaufskanonen-tiefkuehltr...
Bürgerreporter:in:Jürgen Heimann aus Eschenburg |
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