Familientreffen der Nostalgie-Piloten: Betagte Diven der Lüfte beim himmlischen Catwalk über Hirzenhain
Die Bezeichnung "Grillfest" mag für diese Art von Veranstaltung etwas zu profan klingen und würde ihr auch weder konzeptionell noch inhaltlich gerecht. "Barnstormers Barbeque" hört sich da schon zünftiger an. Auch wenn’s in etwa auf’s Gleiche hinausläuft. Aber was genau sich hinter diesem Begriff verbirgt, erschließt sich dem Außenstehenden auf Anhieb auch nicht unbedingt. Wären da seit 2006 nicht fünf unter diesem Namen "segelnde" Ereignisse gewesen, die die Herzen der Fliegerfans in der Region hatten höher schlagen lassen. Da letzte seiner Art war anno 2013 über die Graspiste des LSC Montabaur gegangen. Zeit also für eine Neuauflage.
"Barnstormers" nannte man in den 20-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts eine bestimmte Spezies von Piloten, fliegende Schausteller, die, einzeln oder im Pulk, über Land zogen, pardon, flogen, um an ausgesuchten, Publikumsinteresse verheißenden Orten ihre Kunststücke vorzuführen und nebenbei den ein oder anderen Dollar durch Passagierflüge einzustreichen. Abends loderte dann das Grillfeuer. Jene, die sich darum versammelt hatten, kommunizierten überwiegend in Fliegerlatein miteinander, um den Rest der kurzen Nacht im Schlafsack unter den Tragflächen ihrer Flugzeuge zu verbringen. Morgens ging es dann in aller Frühe neuen Zielen entgegen.
Richard Bach lieferte das Drehbuch
Auf diese Tradition, die der Schriftsteller Richard Bach in seinem unsterblichen Klassiker "Vagabunden der Lüfte" so unvergleichlich skizziert hat, berufen sich auch die Veranstalter des "BBQ". Das ist die gängige Abkürzung für diese außergewöhnliche Art von Flugveranstaltung, die vor zehn Jahren in Hirzenhain begründet worden war. Und dorthin, Back to the Roots, geht es nun auch zurück. Der grasbewachsene Sonderlandesplatz des SFC HiHai ist Austragungsort des 6. von der Web-Community biplanes.de organisierten Oldtimer-Treffens. Termin: 8. bis 10. Juli 2016. Selbiges hat sich aus kleinen Anfängen heraus zu einer der beliebtesten himmlischen Schnauferl-Meetings in Deutschland entwickelt. Es gibt republikweit nichts Vergleichbares.
Gut, ganz so verwegen und draufgängerisch wie ihre Ahnen sind die Teilnehmer von heute nicht. Aber auch sie umweht ein Hauch von Abenteuer, Freiheitsdrang und Ungebundenheit. Sei es drum, dass heuer wirklich nur noch die wenigsten von ihnen unter den "Wings" ihrer betagten Maschinen nächtigen. Aber darauf kommt es ja auch nicht an.
"Et kütt wie et kütt"
Es ist, um falschen Erwartungen vorzubeugen, kein Flugtag im herkömmlichen Sinne. Es gibt kein offizielles Programm, keine genau definierten Vorführungen oder Show-Acts. "Et kütt wie et kütt". Der Ablauf wird von der Laune des Augenblicks und die der Piloten diktiert. Hier mal eine kleine himmlische Runde, vielleicht auch mal eine Nostalgie-Formation, dort ein Über- oder Rundflug. Wer jemals ein paar Sternmotoren hat im wummig-satten Gleichklang jubilieren hören, weiß, was das bedeuten kann.
Doppeldecker, Raritäten, Unikate
Die Teilnehmer des Treffens kommen aus allen Teilen Deutschlands und dem benachbarten europäischen Ausland. Ihr Fluggerät ist das neueste nicht und entstammt überwiegend den Kinder- und Jugendjahren der Fliegerei. Von den stolzen Besitzern mit immensem Aufwand gepflegt, gewartet und funktionstüchtig gehalten. Mitunter haben diese Diven der Lüfte 80 Jahre und mehr auf den Holmen. Raritäten, Unikate. Wobei die Doppeldecker-Fraktion, das lehrt die Erfahrung, jeweils das zahlenmäßig größte Kontingent stellt. Pilot und Passagier sitzen im Freien, keine Cockpitverglasung trennt sie von den Elementen. Den Fahrtwind im Gesicht, den Benzin- und Ölduft in der Nase, kommt diese Art der Luftkutscherei ihren Anfängen am nächsten. Aber auch "Taildragger" (Spornradflugzeuge), wie sie anno-batsch ausschließlich gebräuchlich waren, oder ganz "normale", etwas jüngere Konstruktionen, die man/frau aber auch nicht jeden Tag zu Gesicht bekommt und an denen der geriatrische Zerfallsprozess Dank liebevoller Pflege ebenfalls spurlos vorübergegangen ist, finden sich im Aufgebot.
Apropos: Die Teilnehmerzahl ist auf 50 Flugzeuge gedeckelt. Sonst wird's zu unübersichtlich. Und wenn diese stattliche Flotte Fläche an Fläche zur Parade Aufstellung nimmt, weht ein klein wenig vom Geist des "Golden Age of Aviation" durch den Hirzenhainer Luftraum. Für die Verpflegung der Crews und der Zuschauer werden die Gastgeber sorgen. Und: Der Eintritt ist frei!
Bürgerreporter:in:Jürgen Heimann aus Eschenburg |
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