Guten Tag,
ich darf Sie zu meinem zweiten Eintrag in das Tagebuch des Tierheims Höchstädt begrüßen.
Eigentlich müsste ich sagen, Tagebücher, denn mein Vorgänger Bob war sehr fleißig und somit hat er allein ein Buch gefüllt und es macht durchaus Sinn, wenn ich, Captain ein neues Buch beginne.
Mir ist in den letzten Tagen bewusst geworden, dass nicht nur mein Name Captain oder wie ich in den letzten Wochen hin und wieder genannt wurde Capitano von Natur aus eine gewisse Erwartungshaltung meines Umfeldes schafft, nein auch die Übernahme des Stiftes in meine großen Pfoten setzt mich in eine ungewohnte Position. Ich habe Verantwortung übernommen, ich habe mich vor meine Mitbewohner gestellt und bin deren Sprachrohr.
Nach wie vor fällt es mir nicht leicht, mich mit allen Bewohnern anzufreunden, aber von meiner Beobachtungsposition aus sehe ich sehr viel und ich möchte Sie daran teil haben lassen.
Doch zu aller erst muß ich einer Aufgabe nachkommen, die niemand gern übernimmt.
Auch Bob musste einmal während seiner Amtszeit über einen Verlust schreiben und ich weiß, er hat darüber lange nachgedacht.
Nun bin ich ein Hund, der über viele Dinge und das Leben an sich etwas länger grübelt und so fällt es mir nicht gerade leicht, passende Worte zu finden.
Ich bin mir sicher, viele von Ihnen erinnern sich an die Schäferhündin Karla. Sie zog dieses Jahr im März ins Tierheim ein, nachdem sie ihrem Besitzer gleichgültig geworden war. Ihr stolzes geschätztes Alter von 12 Jahren hat man ihr leider zu dem Zeitpunkt auch deutlich angesehen. Die Menschen hier haben schnell entschieden, dass Karla auf eine Pflegestelle kommt und haben den perfekten Platz für die alte Damen gefunden.
Karla hat eine Wandlung erlebt, die keiner mehr zu hoffen gewagt hatte. Sie verströmte eine Freude am Leben, dass jeder Mensch, der sie kennen lernen durfte, erkannte, wie viel gute Seele in ihr steckte. Ihre Pflegefamilie hat sich liebevoll um Karla gekümmert und sie gepflegt und gehegt und den Traum in Erfüllung gehen lassen, dass Karla die ihr verbleibende Zeit mit ausreichend Streicheleinheiten, gemütlichen Spaziergängen und einem weichen Körbchen verbringen durfte. Nach all den misslichen Umständen durfte Karla ihre letzten Monate genießen und ist im Beisein ihrer Familie eingeschlafen.
Ich im Namen aller Bewohner möchte mich bei Karlas Pflegefamilie bedanken und hoffe, dass wir immer wieder Menschen finden, die sich ein Herz fassen und uns ohne Wenn und Aber helfen wollen.
Letzte Woche hatte ich von einem Neuzugang namens Murphy erzählt und Bilder versprochen. Ich komme meinem Versprechen nach und kann Ihnen ein wenig über Murphy erzählen.
Er verbrachte die ersten 2,5 Jahre seines Lebens – wenn man das denn Leben nennen kann – in einem verdreckten und viel zu kleinen Zwinger, der immer, wenn Murphy über Langeweile klagte mit einer LKW-Plane verhängt wurde, damit Mensch ihn nicht hören konnte.
Damit bestand Murphys eingeschränkte Wahrnehmung lediglich aus der Sicht auf ein Gitter, in einem schummrigen Licht und dem Gestank seines eigenen Kots.
Aus dem Zwinger wurde er nur selten geführt, um dann eine kurze Runde über den Hof laufen zu dürfen. Spazierengehen oder gar spielen kennt Murphy nicht. Bei dieser Vorstellung sträubt sich mir das Fell, kenne ich doch diese Form von „Leben“.
So wie es bei mir damals geschehen ist, so beginnt auch jetzt für Murphy ein neues Leben! Für ihn ist das Leben im Tierheim das reine Paradies! Hier hat er einen großen, sauberen Zwinger und Menschen, die ihn mit Respekt und Liebe behandeln. Immer wenn ich beobachte, wie Murphy jede Form von Zuneigung aufsaugt und förmlich glänzt vor Glück, freue ich mich, dass er seine Chance zu leben wahrnimmt. Hin und wieder erschrecken ihn schnelle Bewegungen und Mensch muß ihm etwas Zeit geben, sich Dinge und Menschen erst einmal in Ruhe anschauen zu können. Aber er lernt hier schnell und Murphy liebt Ball spielen. Er weiß mittlerweile, was spazieren gehen bedeutet und er hat auch festgestellt, dass er keine Probleme mit Hunden und Katzen hat. Aber vielleicht liegt das auch daran, dass Murphy hier einfach alles liebt, denn er ist verliebt in seine neue Freiheit leben zu dürfen.
Ich bin mir sicher, dass er in einer Familie mit Geduld und dem Gefühl, sicher zu sein, noch weiter aufblüht und ein treuer Begleiter für den Rest seines Lebens sein wird.
Und noch ein Neuzugang hat sich eingestellt: Filou.
Der Name wurde ihm hier gegeben, denn der Kleine ist ein sogenannter Fundhund. Wenn man ihn kennen lernt, kann man sich vorstellen, dass er in seinem Übereifer allein spazieren gegangen ist und sich verlaufen hat. Was ich aber nicht verstehen kann ist, wie man Filou nicht vermissen kann. Er ist ein zotteliger, wunderschöner junger Hund mit strahlenden Augen und lustigem Gemüt. Filou ist ein mutiger kleiner Kerl.
Ich habe ihn kurz kennen lernen können, als ich mich mit meinem Gassigänger zum Spazieren gehen aufgemacht habe. Und was soll ich sagen: Filou hat sich bemerkbar gemacht, meine Neugier geweckt und sich deutlich mit mir unterhalten. Ein mutiger kleiner Kerl mit dem Herz auf dem rechten Fleck. Deswegen ist es für mich umso unverständlicher, dass ihn seine Familie nicht sucht und holen kommt. Scheinbar ist sein Temperament für diese Menschen zu viel gewesen, denn er ist ohne Zweifel ein Macho und der Name Filou dürfte ihm alle Ehre machen. Die Menschen hier erzählen, dass er es gewohnt ist, seinen Willen durch zu setzen. Nun, da kann ich ihm prophezeien, dass er hier ein paar Lehrstunden erhalten wird, die noch niemandem geschadet haben und nur zum Besten sind.
Filou sucht, wenn sich denn seine Familie nicht meldet, ein Zuhause mit konsequenten Menschen, die ihm deutlich, aber dennoch liebevoll erklären, dass sich die Welt nicht nur um ihn dreht. Der Besuch einer Hundeschule wäre wohl sehr ratsam für diesen Wirbelwind. Aber alles in allem bekommt Mensch mit Filou an der Seite einen dynamischen und liebevollen Freund, der das Leben nie in Langeweile abrutschen lassen wird.
Zum Abschluß meines Berichtes darf ich Ihnen noch David und Goliath vorstellen.
Goliath stammt aus diesem Choas-Haus, aus welchem unsere Menschen hier 13 Katzen, einen Hund und eben Goliath gerettet haben.
Goliath musste sich kurz nach seinem Einzug vom Tierarzt seine Krallen kürzen lassen, die waren so lang, dass er nicht mehr laufen konnte. Dabei bekam er auch eine Zahnkorrektur und wurde kastriert. David bekam dann die Aufgabe zugesprochen, seinem Kumpel zu erklären, was ein Kaninchen ist und was man als Kaninchen so alles tut.
Goliath hatte das nämlich vollkommen vergessen. Zusammen bilden die Beiden ein tolles Team und werden auch nur zusammen bei uns ausziehen in ein neues Zuhause mit viel Platz zum Hoppeln und Kuscheln.
Ansonsten habe ich beschlossen, Ihnen ein paar Bilder unsere Neuzugänge im erweiterten Katzenzimmer zu zeigen. Aufgrund der großen Anzahl an Katzen, haben wir Hunde ein paar unserer Zwinger bereit gestellt, damit im Katzenzimmer kein zu großes Gedränge herrscht.
Damit verabschiede ich mich für heute.
Ihr
Captain
Bürgerreporter:in:Sabine Pollok aus Dillingen |
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