„Die Bürger und ihre Anliegen ernst nehmen!“ - ein Interview mit Landrat Leo Schrell
Leo Schrell, fungiert seit 2004 als Landrat für den Landkreis Dillingen a.d. Donau. Der ehemalige Bürgermeister von Buttenwiesen, gehört nun der Partei der Freien Wählern an. Lisa Schenk stellte einige Fragen an Herrn Leo Schrell, unter anderem über die Agenda 21, die Umwelt, die Ziele für 2009 und einiges mehr.
myheimat:Was sind konkrete Ziele, die Sie mit der lokalen Agenda21 verfolgen?
Leo Schrell: Im Landkreis Dillingen befasst sich die lokale Agenda21 im Sinne einer nachhaltigen Politik vorwiegend mit den folgenden drei Themen:
a) Klimaschutz und Ausbau der erneuerbaren Energien: Seit 2007 bietet der Landkreis der Bevölkerung eine kostenlose Energieberatung im Landratsamt an, mit der Zielsetzung, das bewusste Energiesparen, die energetische Gebäudesanierung sowie den Einsatz erneuerbarer Energien zur Strom- und Wärmeerzeugung zu fördern, um sich nach und nach unabhängig von den überwiegend aus dem Ausland bezogenen fossilen Energieträgern zu machen und gleichzeitig einen Beitrag zum nachhaltigen Klimaschutz zu leisten.
b) Ausbau der Vermarktung regional erzeugter Lebensmittel: Der alljährlich auf dem Gelände des Maschinenrings in Dillingen stattfindende große Bauernmarkt erfreut sich wegen seines reichhaltigen Angebots an gesunden und qualitativ hochwertigen Lebensmitteln aus regionaler Produktion eines wachsenden Zuspruchs. Damit stärken wir unsere heimische Landwirtschaft und schaffen Wertschöpfung in der Region.
c) Begleitung von Jugendlichen auf dem Weg zur Berufswahlentscheidung: Mit Hilfe der von der Agenda21 initiierten Berufsinformationsmesse „FIT FOR JOB“ leisten Politik und Wirtschaft Hand in Hand einen wichtigen Beitrag, die Schulabgänger auf die Berufsausbildung vorzubereiten und vor allem den für sie passenden Beruf zu finden.
myheimat:Sie stellten als Schirmherr die Ziele der Messe „FIT FOR JOB“ vor und warben bei Unternehmen, Behörden und Einrichtungen für die Teilnahme an dieser Berufsinformationsmesse. Was erhoffen Sie sich von der Messe und den Teilnehmern im nächsten Jahr? Wie wichtig ist diese Berufsinformationsmesse für Dillingen?
Leo Schrell: Die Schüler von heute sind die Fachkräfte von morgen! Unter dieses Motto möchte ich die Berufsinformationsmesse „FIT FOR JOB“ im nächsten Jahr stellen. Die Messe hat zwei wichtige Zielsetzungen: Durch das vielfältige Informationsangebot den Schulabgängern eine Hilfestellung bei der Berufswahlentscheidung zu geben und angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels qualifizierte Auszubildende und damit künftige Fachkräfte für die teilnehmenden Ausbildungsbetriebe zu gewinnen. Wir streben für nächstes Jahr die Präsentation von rund 150 Ausbildungsberufen an. Angesichts dieses breiten Spektrums an qualifizierten Ausbildungsmöglichkeiten erwarte ich neben einer hohen Teilnahme an Ausbildungsbetrieben ein erneut großes Interesse der Schülerinnen und Schüler von Hauptschulen, Realschulen und Gymnasien.
myheimat:Mit dem 31. Mai 1949 erfolgte in Dillingen die Neugründung der „Wirtschaftsvereinigung für Handel, Gewerbe und Industrie“. Was für Tätigkeiten übt dieser Verein heute für Dillingen aus?
Leo Schrell: Die Wirtschaftsvereinigung bündelt die vielfältigen Interessen der überwiegend mittelständischen Unternehmen und ist wie alle anderen Wirtschaftsvereinigungen im Landkreis ein wichtiger Ansprechpartner in dem gemeinsamen Bemühen von Politik und Wirtschaft, den Wirtschaftsstandort Dillingen zukunftsfähig zu gestalten und nachhaltig zu sichern. Zu den herausragenden Ereignissen zählt dabei die alle zwei Jahre in Dillingen stattfindende Wirtschafts-, Informations- und Regionalausstellung „WIR“. Mit 350 Ausstellern ist die „WIR“ die größte Wirtschaftsausstellung in Nordschwaben, die in beeindruckender Weise die Branchenvielfalt und Leistungsfähigkeit unserer heimischen Wirtschaft widerspiegelt. Daneben trägt die Wirtschaftsvereinigung mit zahlreichen Veranstaltungen und Aktionen, wie z.B. dem Christkindl-Markt und dem Lampionfest, wesentlich zum wirtschaftlichen und kulturellen Leben in der Stadt Dillingen bei.
myheimat:Sie sagen selbst, den Landkreis zeichnen viele Pluspunkte aus, unter anderem, das wirtschaftsfreundliche Klima, das im Urteil der Unternehmen beste Noten erhalten hat. Was leisten Sie für die Attraktivität des Landkreises?
Leo Schrell: Unser Landkreis ist ein attraktiver Wirtschafts-, Kultur- und Lebensraum mit Zukunft. Weiche Standortfaktoren, wie Familienfreundlichkeit und Lebensqualität, haben sich in den vergangenen Jahren schrittweise zu harten Standortfaktoren gewandelt. Um sich im Wettbewerb mit andern Wirtschaftsstandorten behaupten zu können, ist der Landkreis im Zusammenwirken mit unserer Tourismusorganisation „Dillinger Land“ seit Jahren erfolgreich bemüht, das Profil des Landkreises als attraktive Rad- und Wanderregion auszubauen. Um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu fördern, hat der Landkreis als ideale Ergänzung zu den Angeboten der Kindertagesstätten ein landkreisweites Netzwerk an Plätzen zur Kindertagespflege aufgebaut. Daneben investiert der Landkreis in den Ausbau unserer Bildungseinrichtungen und bemüht sich alljährlich im engen Schulterschluss mit der Wirtschaft und der Arbeitsverwaltung, möglichst alle Schulabgänger mit einem Ausbildungsplatz zu versorgen.
myheimat:Welche Ziele verfolgen Sie derzeit beim Umweltausschuss?
Leo Schrell: Der Umweltausschuss unterstützt als zuständiges Entscheidungsgremium die derzeit laufenden Bemühungen des Landkreises, gemeinsam mit dem Regionalentwicklungsverein Donautal-Aktiv e.V. den Zuschlag bei den beiden Bundeswettbewerben „IDEE.NATUR“ und „Bioenergie-Regionen“ zu erhalten. Bei IDEE.NATUR bemühen wir uns, den hohen Anteil an national bedeutsamen Auwäldern entlang der Donau sowohl naturschutzfachlich aufzuwerten, als auch über das Instrument der ländlichen Entwicklung in Wert zu setzen. Über den Wettbewerb Bioenergie-Regionen wollen wir regionale Netzwerke aufbauen und damit Wertschöpfung für die Region schaffen.
myheimat:Was genau wird für die Umwelt in Dillingen getan?
Leo Schrell: Die fortschreitende Klimaerwärmung erfordert ein rasches und nachhaltiges Handeln für einen effektiven und effizienten Klimaschutz. Dabei sehe ich auch angesichts der Endlichkeit der fossilen Energieträger keine Alternative zu erneuerbaren Energieträgern. Deshalb stellt der Landkreis die Heizungsanlagen seiner Kreiseinrichtungen nach und nach auf erneuerbare Energien um. Die Biomasseheizanlage Wertingen, die im Verbund das Gymnasium, die Turn- und Schwimmhalle, die Hauptschule und das Seniorenzentrum St. Clara mit Wärme versorgt, zählt dabei zu den Vorzeigeprojekten. Daneben wird derzeit für das neue Schülerheim und die Gebäude der Berufsschule in Höchstädt eine Biomasseheizanlage errichtet. Das Landratsamt, das Johann-Michael-Sailer-Gymnasium und das Krankenhaus St. Elisabeth sind an das Nahwärmenetz aus der Biomasseheizanlage der erdgas schwaben angeschlossen. In Planung sind vergleichbare Projekte für die Berufsschule und die Realschule Lauingen sowie das Krankenhaus Wertingen. Somit wird der Landkreis Dillingen bereits in absehbarer Zeit die Wärmeversorgung nahezu aller Landkreisgebäude auf regenerative Energien umgestellt haben.
myheimat:Wie würden Sie Ihre Zusammenarbeit mit dem Kreistag beschreiben?
Leo Schrell: Die Zusammenarbeit mit dem Kreistag empfinde ich persönlich als sehr sachorientiert und konstruktiv in einem menschlich guten Klima. Sie ist im Übrigen Grundvoraussetzung, um die großen Investitionsmaßnahmen, die auf den Landkreis, insbesondere bei den Schulen und den Krankenhäusern zukommen, bei einer nach wie vor angespannten Haushaltslage schultern zu können.
myheimat:Was ist für Sie und die Stadt Dillingen ein wirtschaftlich wichtiger Punkt, der noch verbessert werden sollte?
Leo Schrell: Im Interesse einer raschen Entlastung der Städte Dillingen und Höchstädt vom Durchgangsverkehr müssen alle politischen Kräfte gebündelt werden, um eine baldige Realisierung der B 16 neu im Zuge der Umfahrungen von Dillingen und Höchstädt zu erreichen. Die beiden Ortsumfahrungen sowie der Bau der fünf Kilometer langen B 492 (Umfahrung von Brenz und Obermedlingen) als Zubringer zur A 7 würden den Wirtschaftsstandort Landkreis Dillingen für Betriebsansiedlungen noch attraktiver machen und damit nachhaltig stärken.
myheimat:Wie wichtig ist es für Sie, bürgernah für den Dillinger zu sein?
Leo Schrell: „Die Bürger und ihre Anliegen ernst nehmen!“ Das ist ein Leitmotiv von mir. Dabei ist Bürgernähe für mich eine Grundvoraussetzung, um der hohen Verantwortung für eine gute und zukunftsfähige Entwicklung unseres Landkreises gerecht zu werden. Nur durch den ständigen Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürger, den zahlreichen Vereinen, Kirchen, sozialen und karitativen Einrichtungen sowie zu den Unternehmen der freien Wirtschaft erfahre ich die Sorgen und Wünsche der Menschen.
myheimat:Auf Ihren Vorschlag wurden Anfang Oktober Zuschüsse in Höhe von knapp 150.000 Euro für die Sportförderung, Erwachsenenbildung, die Musik- und Gesangpflege, für denkmalpflegerische Maßnahmen und die Heimatpflege bewilligt. Was ist der Grund, dass dieser hohe Betrag „freigegeben“ wurde?
Leo Schrell: In den Verbänden und Vereinen wird auf vielfältige Weise ehrenamtliche Arbeit geleistet, die unverzichtbar für unsere Gesellschaft ist. Deshalb ist es nach meiner Überzeugung gerechtfertigt, den zahlreichen Vereinen und Einrichtungen mit insgesamt knapp 150.000 € finanziell unter die Arme zu greifen und damit ihren herausragenden ehrenamtlichen Einsatz für das Gemeinwesen anzuerkennen.
myheimat:Sie gehören nun als neues Mitglied dem Präsidium des Bayerischen Landkreistages an. Was möchten Sie dort nun verwirklichen?
Leo Schrell: Der Bayerische Landkreistag ist ein wichtiger kommunaler Spitzenverband, der insbesondere gegenüber der Bayerischen Staatsregierung die vielfältigen Interessen der Landkreise vertritt. In besonderer Weise möchte ich mich für eine nachhaltige Stärkung der ländlichen Räume einsetzen. Dabei liegt mir ein zukunftsfähiges Bildungssystem, die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung mit entsprechender Finanzausstattung sowie Maßnahmen eines nachhaltigen Klimaschutzes besonders am Herzen.
myheimat:Welche Ziele verfolgen Sie für das Jahr 2009 für Dillingen?
Leo Schrell: Im Kreistag haben wir uns darauf verständigt, bei den Investitionsmaßnahmen einen klaren Fokus auf notwendige Maßnahmen der Strukturverbesserung an den Krankenhäusern sowie bei den Bildungseinrichtungen des Landkreises zu setzen. Rechtzeitig zum Beginn des Schuljahres 2009/2010 wird das neue Schülerheim der Berufsschule Höchstädt in Betrieb gehen. Daneben möchte ich im Jahr 2009 in den zuständigen Kreisgremien die abschließende Sanierung des Gymnasiums in Wertingen behandeln und auf den Weg bringen. Hierfür werden rund 8,5 Mio. Euro veranschlagt. Im Interesse einer langfristigen Sicherung des Berufsschulstandortes Lauingen ist die Erweiterung und Sanierung der Berufsschule dringend erforderlich. Hierfür sind rund 16 Mio. Euro angesetzt. Ziel ist, die Maßnahme angesichts der angespannten Haushaltslage in mehrere Bauabschnitte aufzuteilen und schrittweise umzusetzen. Für die Krankenhäuser gilt die klare Vorgabe, durch eine Optimierung der medizinischen Versorgung und Reduzierung der Verluste die beiden Häuser auf eine tragfähige wirtschaftliche Grundlage zu stellen, die es auf Dauer ermöglicht, die kommunale Trägerschaft zu erhalten. Dazu tragen die laufenden baulichen Maßnahmen wesentlich bei.
Bürgerreporter:in:Lisa Schenk aus Friedberg |
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