"Klimaschutz in der Stadt durch kommunales Grün"
Symposium der Stadt Augsburg in Kooperation mit dem BUND Naturschutz Augsburg vom 24. März 2023

Über einen voll besetzten Seminarraum haben wir uns sehr gefreut. | Foto: Verena Fischer
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Spätestens die letzten im Jahresmittel durchgehend zu heißen Sommer mit immer neuen Temperaturrekorden haben gezeigt, wie bedeutsam Grünanlagen für die Regulierung des Mikroklimas in Städten mit ihrer flächendeckenden Versiegelung sind. Die Regulierung des „Stadtklimaeffekts“ durch grüne Oasen in der Stadt, Neupflanzungen und Fassadenbegrünungen stellt einen wichtigen Baustein der Anpassung an die Klimawandelfolgen dar.
Hierbei sind jedoch viele Faktoren zu beachten, angefangen von der zunehmenden Belastung auch des Stadtgrüns durch Emissionen, Versalzung, Hitze und Krankheiten bis hin zum teilweise fehlenden Verständnis der Bürgerinnen und Bürger für ökologisch wertvolle Grünflächen in der Stadt.

Um das Spannungsfeld zwischen diesen Themen zu beleuchten und die Bedeutung eines zukunftstauglichen Umbaus von Stadtgrün herauszustellen, veranstalteten die Stadt Augsburg, vertreten durch das Amt für Grünordnung, angeregt durch und in Kooperation mit der Orts- und Kreisgruppe Augsburg des BUND Naturschutz am 24. März ein Symposium mit hochkarätigen Referenten verschiedener Fachrichtungen.

Dr. Susanne Böll berichtete von einer seit 2009 laufenden Versuchsreihe der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim zur Stresstoleranz und Klimaresilienz verschiedener heimischer und nichtheimischer Baumarten an den Standorten Würzburg (als Repräsentant für trocken-heißes Mikroklima), Hof (frostig-kalt, kontinental) und Kempten (regenreich, gemäßigt).

Zunächst verglich sie die Eignung nicht-heimischer (d.h. aus dem kontinentalen Raum, meist Osteuropa stammender) Gehölze als Nahrungsgrundlage und Lebensraum für die hiesige Insektenwelt mit der der heimischen Gehölze, sowie die Anfälligkeit der Bäume der Versuchsreihe für bestimmte Schädlinge. Wichtiges Ergebnis der Versuchsreihen ist die dringende Empfehlung an die Kommunen, an allen Standorten Mischpflanzungen anzulegen, da diese weit besser auf diverse Belastungen reagieren als Monokulturen. Außerdem stellte sich die immense Bedeutung eines Grünstreifens (im Gegensatz zu einzelnen Pflanzlöchern) unter den Pflanzreihen heraus, da die meisten Insekten diese Grünstreifen zwingend benötigen. Bei der auftretenden Insektenvielfalt und -anzahl erwiesen sich die Existenz eines Grünstreifens und die Vielfalt als bedeutsamerer Faktor als die Frage, ob es sich um heimische oder exotische Gehölze handelte. Auch für die gleichmäßigere Wurzelbildung und damit die Standfestigkeit bei – immer häufiger auftretenden Stürmen – ist ein durchgehender Grünstreifen den engen Pflanzlöchern vorzuziehen.

In einem zweiten Vortrag ging Dr. Böll auf die Anpassungsstrategien verschiedener Bäume an Dürre- und Hitzebedingungen ein. Auch hier ist die herausstechende Erkenntnis, dass eine höhere Vielfalt an Gehölzen der Resilienz ganzer Bestände förderlich ist. In deutschen Städten würden bisher jedoch im Wesentlichen nur acht verschiedene Arten gepflanzt! Auch die Pflanzung von Bäumen unterschiedlicher Herkunft könnte die Bandbreite fördern. Um die Widerstandsfähigkeit von Neupflanzungen weiterhin zu fördern, sind in Zeiten des Klimawandels außerdem ein effektiver Schutz gegen UV-Strahlung (Weißanstrich oder Umzäunung), ein durchdachter Pflanzschnitt (am Besten nach dem Vorbild des „holländischen Baumschnitts“) sowie reichliches Gießen vonnöten. Schattenliebende Arten, wie etwa die häufig gepflanzte Hainbuche, seien als Alleebäume heutzutage aufgrund der hohen Strahlung nicht mehr geeignet. Bereits bestehende Altbaumbestände müssten nach Möglichkeit unbedingt erhalten werden, da es schwierig sei, heutzutage noch Stadtbäume bis zu diesem Alter zu kultivieren.

Der Vortrag von Jörg Jaroszewski, dem Leiter der Stadtgärtnerei der Stadt Stein bei Erlangen, beleuchtete weitere Strategien zur urbanen Klimawandelanpassung und Integration von Stadtgrün. Im vielbeachteten Schwammstadt-Projekt der Stadt Stein wurde ein Neubaugebiet im Nachverdichtungsbereich als „Schwammstadt“ konzipiert, so dass das Oberflächenwasser aus Straßen-, Park- und Gehwegflächen in Baumrigolen versickert. Durch die Wasserspeicherfähigkeit des verwendeten Substrats steht anfallendes Regenwasser den Bäumen länger zur Verfügung und hat damit über die Verdunstung einen kühlenden Einfluss auf die Umgebungstemperatur. Wertvolles Wasser bleibt somit sowohl für die Begrünung als auch für die Anwohner länger im System erhalten. Für Starkregenereignisse ist das System an den Kanal angeschlossen, der hier als Notüberlauf dient. Eine Sanierung des gesamten Kanalsystems, wie sonst bei Neubaugebieten üblich, konnte sich die Stadt Stein damit ersparen. Das Vorgehen der Stadt Stein und das trotz einiger technischer und sonstiger Herausforderungen erfolgreiche Projekt finden hoffentlich Nachahmer in anderen Kommunen!

In weiteren Vorträgen berichteten Dr. Nadja Stingl-Sinn und Dr. Leonie Mack von der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau über die Wirksamkeit von Gebäudebegrünung für Bauphysik, Artenvielfalt und Klima. In Versuchsreihen der Landesanstalt werden hier diverse Möglichkeiten der Dach- und Fassadenbegrünung (vertikal, horizontal, extensiv, intensiv) hinsichtlich Kosten, Eignung und Effektivität sowie Auswirkungen auf die Fauna untersucht. Einige europäische Städte, wie etwa Wien, gelten in der praktischen Anwendung hier als Vorreiter und Impulsgeber. Es wäre jedoch wünschenswert, dass auch in anderen Städten die durchaus beachtlichen Wirkungen von Dach- und Fassadenbegrünungen mehr geschätzt und auch gefördert würden!

Robert Dettenrieder, Leiter des Baumpflegeteams des Grünordnungsamts Augsburg, gab zuletzt noch einen Einblick in die Praxis der kommunalen Baumpflege. Neben den alltäglichen Herausforderungen durch fehlendes Verständnis auf Seiten der Bürger*innen, die sich über Beschattung von PV- Anlagen oder den Laubfall durch Bäume beschweren, stellen auch permanente Sanierungen von Fußwegen, Kanälen und Glasfaserausbau eine nicht zu unterschätzende Problematik für die Erhaltung der Baumbestände dar. Die Stadt Augsburg ist derzeit dabei, ein Baumkataster zu erstellen, in dem alle Bäume gelistet sind: es wird mit einer Endmarke von 100.000 – 120.000 Bäumen gerechnet, die alle regelmäßig zu kontrollieren und ggf. zu pflegen sind.

Fazit des informativen Tages: Die Bedeutung von Stadtbegrünung ist nicht zu unterschätzen und wird in den nächsten Jahren noch wichtiger werden bei gleichzeitig steigenden Herausforderungen durch Klimaextreme. Es ist daher wichtig, bereits jetzt langfristig zu planen und z. B. bezüglich der Auswahl von Pflanzungen, seien es Alleebäume oder Gebäudebegrünungen, auf Vielfalt hinsichtlich von Arten und Provenienz zu setzen. Bestehendes Grün sollte wenn möglich unter allen Umständen erhalten bleiben, da es bereits jetzt optimal an die Standorte angepasst ist.

Weitere Informationen:
• Stadtklimabäume: Forschungsprojekt der Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) https://www.lwg.bayern.de/landespflege/urbanes_gruen/085113/index.php
• Schwammstadt Stein: https://www.stadt-stein.de/communice-news/news/artikel/schwammstadt-stein-nachhaltig-sinnvoll
• Gebäudebegrünung: Bundesverband Gebäudegrün: https://www.gebaeudegruen.info/

Text: Ursula Plath

Bürgerreporter:in:

Verena Fischer, BN Kreisgruppe Augsburg

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