myheimat Schmuttertal
Steckenpferde und Liebesspiele in freier Natur

Nicht vorhersehbarer Moment: eine farbenprächtige Libelle bei der Eiablage zu fotografieren
  • Nicht vorhersehbarer Moment: eine farbenprächtige Libelle bei der Eiablage zu fotografieren
  • hochgeladen von Helmut Weinl

Gedanken zu Jägern und Sammlern

Es ist immer wieder ein befriedigender Zeitvertreib, wenn man die Fotostrecke der selbstgeschossenen Bilder zu Hause sortiert, aufarbeitet und seinen Freunden präsentiert, sei es in einem liebevoll gestalteten Fotobuch, mutig auf Social Media Plattformen wie Facebook, unvermeidlich per WhatsApp oder über Online-Portale wie hier auf Myheimat. Und sind wir mal ehrlich: so ein kleines Lob hört man ab und zu schon gerne!

Aber eigentlich sind das nicht die erfüllendsten Momente bei der Ausübung des Hobbies Fotografie. Viel wichtiger für mich ist das vorausgegangene Live-Erleben dieses Moments, der im Bild festgehalten wird. Da geht es mir beim Fotografieren wie so manchem Pilzesammler oder Angler: deren Lieblingsspeise sind oft gar nicht gebratene Pfifferlinge oder gegrillte Fische, nein, das Genießen zuhause ist für sie zweitrangig, sie beglückt in viel größerem Maße der kurze Augenblick, in dem sie den makellosen Steinpilz auf der Lichtung entdecken oder in dem die prächtige Forelle an der Schnur zappelt. Dieses herbeigesehnte Erlebnis kannst Du nicht vorausberechnen, Du brauchst viel Glück und noch mehr Geduld dazu!

Ganz ähnlich empfinde ich es bei Fototouren draußen in der Natur. Du kannst nicht losziehen und sagen „Heute fotografiere ich ein Rudel Rehe oder zwei Libellen beim Liebesspiel“. Wie beim Pilzesammeln oder Angeln kennt man zwar "seine Plätze", aber ob man dort heute tatsächlich etwas ergattert, weiß man nie. Manchmal läufst Du stundenlang durch Wald und Wiesen und es passiert nichts Aufregendes um Dich herum, das Licht ist wenig fotogen und selbst die Störche sitzen gelangweilt in ihrem Nest. Aber an manchen dieser Glückstage treten unverhofft 25 Rehe gleichzeitig vor Dir aus dem Wald, nur zwei Meter vor Deiner Kamera paaren sich ungeniert Libellen oder ein Raubvogel hält so lange still bis Du endlich die Optik scharf gestellt hast. Wie beim Pilzesammler ist es vor allem dieser Wimpernschlag des Findens und Einfangens lohnender Objekte, der uns am meisten gibt. Wir sind „Moment'nsammler“ wie sie Wolfgang Schmidbauer auf der gleichnamigen CD besingt. Du sammelst die Motive ein wie der Pilzesucher seine Früchte des Waldes und den Kopf voller Dopamine trägst Du sie auf Deiner Speicherkarte stolz und glücklich nach Hause.

Am heimischen PC breitest Du Deine Beute aus und schon macht sich erste Enttäuschung breit. Wie immer sind viele „wurmige“ Exemplare unter den Bildern, verwackelte, fehlbelichtete Fotos oder wenig schmackhafte Einheitskost, der die besondere Würze fehlt. Wie bei den Pilzen scheinen einige Bilder auf dem Weg nach Hause matschig geworden zu sein. Auf dem Display sahen die doch viel knackiger aus? Aber sind erstmal die guten Pilze auf die Herdplatte und die guten Fotos auf die Festplatte gewandert, macht sich Freude breit. Und was draußen in der Natur so klein und unscheinbar aussah, gefällt einem zuhause oft am besten. Die kleine Braunkappe verströmt in der Pfanne mehr Aroma als das riesengroße Exemplar und das Foto der Libelle, deren Eiablage man erst durch die lange Brennweite richtig erkannte, zeigt erst jetzt auf dem großen Bildschirm ihre grazile Schönheit und ihre ganze Farbenpracht.

Tatsächlich gelingt es mir nur selten, das unterwegs Erlebte 1:1 auf einem Foto wiederzugeben. Die kleinen Dinge, wie der nektarsaugende Schmetterling oder die Feuerwanzen beim feurigen Liebesakt, wirken oft auf dem späteren Bild viel spektakulärer, als man es mit bloßem Auge wahrgenommen hat. Dem Panoramablick in die weite Landschaft hingegen, der einen vor einer Stunde dort droben auf dem Hügel noch so sprachlos gemacht hat,  fehlt auf dem zweidimensionalen Foto die Tiefe und die Struktur und das Bild ist nur ein müder Abklatsch der zuvor erlebten Realität. Aber damit das Steckenpferd weiterhin spannend bleibt darf ja ruhig noch ein gutes Stück Luft nach oben bleiben!

Bürgerreporter:in:

Helmut Weinl aus Neusäß

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