Mein Corona-Luxusproblem

Ich nutze die gesetzlich gelockerten Virenfesseln und düse ohne triftigen Grund und reinen Gewissens zum nahen Rothsee. Sonne tanken, die Natur spüren, Bilder einfangen. Trotzdem habe ich Wut in mir, hilflosen Zorn auf diesen verdammten chinesischen Virus, der mich in diesem Mai nicht wie geplant über den Brenner fahren läßt. Das Veneto und die Emilia-Romagna bestatten noch ihre Toten. Maledetta Primavera!
Aber ist es hier zuhause nicht auch schön? Es sind doch wunderbare Bilder in prallbunten Postkartenfarben, die sich hier am See vor mir aufbauen, was fehlt mir eigentlich? Ist das nicht Jammern auf hohem Niveau ... ein sogenanntes Luxusproblem?
Hier wächst aber kein Wein, rechtfertige ich mich inwendig. Aber da könnten wir ja wieder ins nahe Mainfranken fahren, zu den Weigands nach Iphofen, zu den Brauns nach Volkach oder zu den Augustins nach Sulzfeld. Am Main findest Du pittoreske Dörfer aufgereiht wie auf einer Perlenschnur in einer Dichte wie kaum in einer italienischen Region. Freundliche, bodenständige Menschen, traditionelle Gasthäuser, knackig frische Weißweine ... was will ich denn noch mehr?
Es sind die Namen und die Freunde in Italien, die dahinter stehen und die uns fehlen: Claudio und Paolo, Daniele, Siri und Anna, Barbara und Franco, Elga und Andrea ... Und es sind diese anderen magischen Worte, mit weißer Kreide gekritzelt auf Schiefertafeln: Bigoli, Baccalà, Piadina, Bruschetta, Tiramisu ...
Maledetta Corona, verfluchter Virus!