myheimat Neusäß
WER WAREN DIE STEPPACHER "SCHÄRREFRESSER"?
Ein ortsansässiger "Geisterfahrer" kennt die Antwort
Als ich in diesen Tagen am Ottmarshauser Maibaum vorbeifahre, sehe ich neben den traditionellen Zunftschildern auch die blauen Spottschilder mit den derben „Kosenamen“ diverser Nachbarorte. Als gebürtiger Hainhofer weiß ich natürlich, daß mit den „Adamsfängern“ die Bewohner meines Heimatdorfes gemeint sind. Darunter weist das Schild „Schärrefresser“ hinüber in Richtung Steppach. Doch ich finde niemand, der mir erklären könnte, wie dieser Name entstand. Bis ich eines Tages ein echtes Steppacher Urgestein beim Morgenkaffee in Neusäß treffe.
Silvano Tuiach, das frühere Mitglied des Augsburger Kabarett-Trios „Geisterfahrer“, heute mit Soloprogrammen unterwegs und vielen als der Dauergrantler Ranzmayr bekannt, weiß die Lösung:
Dazu muß man zunächst erstmal wissen was eine „Schärre“ ist. Für echte Kenner traditioneller schwäbischer Mehlspeisen ist sie das unverzichtbare Tüpfelchen auf dem i jeder wahren Dampf- oder Rohrnudel. Die Schärre ist die Kruste, die sich am Boden der Pfanne bildet und die besonders kross und gschmackig gelingt, wenn man beim Backen etwas Schweineschmalz beigibt. Nun hatten in schlechteren Zeiten nicht alle Hausfrauen einen geeigneten Backofen, um solche Speisen in der heimischen Küche herzustellen. Deshalb war es üblich, seinen wohlgeformten Teig in eine eiserne Auflaufform, das sog. Kar, zu schichten und dieses zum örtlichen Bäcker zum Rausbacken zu bringen. Da es in Steppach lange Zeit aber keine Bäckerei gab, blieb nichts anderes übrig, als sich damit auf den weiten Weg nach Neusäß zu machen. Und weil der Rückweg eben genauso lang war und die frischen Dampfnudeln mit ihrer wunderbaren röschen Kruste so verführerisch dufteten, konnte man oft nicht widerstehen und knabberte die Schärre bereits unterwegs von den Nudeln.
So kamen also die Steppacher zu ihrem Spitznamen, der am Ottmarshauser Maibaum verewigt ist und Rätsel aufgibt, weil viele gar nicht mehr wissen, was eine „Schärre“ ist. So mancher kennt die Dampfnudel nur noch vom Weihnachtsmarkt, wo sie in industriell produzierter Vanillesoße ertränkt wird. Der eine oder andere Traditionalist wird beim Anblick dieses Fastfoods vielleicht sogar von einer richtigen „Dampfnudel in d'r Schleifersbria“ träumen ...