Tiemo Hauer & Band bestechen in Augsburg mit Emotionen
Tiemo Hauer ist 22 Jahre alt und zählt zu den vielversprechendsten Songschreibern, die ehrliche deutsche Popmusik machen. Der junge Stuttgarter mit der Strubbelfrisur hat am Mittwoch, 15. Februar 2012, eigene Texte mit viel Gefühl in der Musikkantine Augsburg präsentiert. Zirka 150 überwiegend sehr junge Zuhörerinnen, lauschten dem Musiker am Klavier und seiner Band bis halb zwölf Uhr.
Tiemo Hauer begeisterte schon Ina Müller, die mit ihm gemeinsam in „Inas Nacht“ im NDR sang. Der Klavierspieler war aber auch schon im ARD Morgenmagazin und einer SWR-Reportage zu sehen. Sein Debüt-Album „Losgelassen“ hat der Songschreiber in einem sehr kleinen Team selbst produziert, obwohl er bereits einen Plattenvertrag in der Tasche hatte. Denn er möchte nicht in eine Schublade gesteckt werden, sondern das machen, was er am besten kann. Aufschreiben, was ihn bewegt, in seinen eigenen Worten schnörkellos gesungen und ebenso produziert. Direkte Musik, die berührt. Am Stärksten ist der Moll lastige Stuttgarter dabei, wenn er tief-traurige Balladen wie „Verzeihen kostet Zeit“ anstimmt.
Außergewöhnlich gutes Konzert mit vergessenen Akkorden
Die Bühne im Schwimmbad genannten Konzertsaal im Erdgeschoss der Musikkantine betritt Tiemo Hauer wie aus dem Nichts und ohne Tamtam, nickt kurz und sitzt auch schon am Klavier, während er ein „Wohoo“ erntet. Nachdem er davon singt, dass er einen Keyboarder (Marcel, der z.B. beim Stück „Zwei Gefährten“ auch Akkordeon spielt, die Songs mitproduziert und mischt), einen Bassisten (Franz), einen Gitarristen (Matthias) und einen Schlagzeuger (Benny) hat, nehmen diese vier unter kräftigem „Wohoo“ ihre Position ein und bekommen zum modifizierten Intro-Song „Für dich“ gleich einen Solo-Part. Doch schon beim nächsten Titel „Leben heißt“ benötigt Tiemo Akkord-Starthilfe von Marcel, da er C-Moll partout nicht findet. Da er bei „Was reicht“ glatt noch einen Start-Blackout hat und den Song vorläufig überspringt, lässt er sich zu dem Ausspruch „Tiemo Hauer weiß nicht, wie seine eigenen Lieder gehen“ hinreißen. Dabei gibt es zu seinem Album „Losgelassen“ sogar ein Songbook mit den Noten zu zehn Liedern.
Doch dieses Misslingen stört überhaupt nicht, im Gegenteil, es verleiht dem Konzert noch mehr Charme. Dabei ist es ohnehin schon ein außergewöhnlich gutes Live-Konzert. Tiemo Hauer wirkt unverbraucht, authentisch, mit einer unverkennbaren Stimme, die mal sanft, mal laut ist, dabei immer einzigartig bleibt. Dazu ist Tiemo unheimlich reif in seiner Entwicklung als Musiker und Texter und die Interaktion mit dem Publikum, die vergleichbar dezent, dafür umso angenehmer ausfällt, funktioniert. So holt er die Mädels aus den ersten Reihen noch näher an die Bühne heran und spaziert bei der Zugabe „Ehrlich glücklich“, seiner ersten Single-Auskopplung, einfach mal durchs Publikum, das die ein oder andere Strophe und so manchen Refrain mitsingt.
Vier neue Songs und die „Kids of Adelaide“ im Gepäck
Doch nicht nur Zeilen wie „Ich geh nur schlafen, um von dir zu träumen“ oder „Unsere Lippen sind geschwollen vom vielen Küssen“ sowie reine Klavier- und Textsongs wie „Schläfst du schon?“ drücken emotionale Intensität aus. Jeder Einsatz der Instrumente der Bandkollegen passt exzellent. Darüber hinaus tragen Tontechniker Holger und Lichttechniker Tobias, der es an schlüssigen Stellen auch mal dunkel werden lässt, hervorragend zur Stimmung bei. Diese ist angesichts von Liedern wie „Mädchen aus Berlin“ oder „Verführen“, das nahtlos in „Nacht am Strand“ übergeht, natürlich auch ein bisschen von Romantik geprägt. Bei „Kopf und Seele“ wird’s fetziger, Indierock lässt grüßen. Und bei „Großartig“, einer von vier neuen Songs zum Auftakt der verlängerten Tour, greift Tiemo Hauer selbst zur Gitarre. Na und dann sind da noch so kuriose Live-Elemente wie die Tanzeinlage von Benny und Marcel bei „Wie eine Fee“.
Tiemo Hauer & Band sind zwar noch ziemlich neu im Musikgeschäft, sorgen aber jetzt schon für unvergessliche Konzerte und ein sehr hohes Niveau. Als Vorband brachte Tiemo die Indie-Folk-Songschreiber „Kids of Adelaide“ mit in die Kantine. Die beiden jungen Musiker Severin Specht und Benjamin Nolle kommen allerdings nicht, wie es der Name vermuten lässt, aus Australien, sondern ebenfalls aus Stuttgart. Sie haben einen ähnlichen Weg wie Tiemo gewählt. Eigene – allerdings mit einer Ausnahme englischsprachige – Songs, eigene Texte, kein großes Management im Hintergrund. Was zählt, ist die Musik. In ihrem Fall sind das zwei Stimmen und zwei Akustik-Gitarren, ab und an auch Fußschellen oder Mundharmonika.
Bürgerreporter:in:Michael S. aus Neusäß |
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