Anneli Bronner, Leiterin des Kulturbüros und der Stadthalle Neusäß, blickt auf das Jahr zurück
2013 war ein in vielerlei Hinsicht denkwürdiges Jahr. Am 10. Juni 1988 wurde Neusäß zur Stadt erhoben und gleichzeitig die Stadthalle eröffnet. Das 25-jährige Jubiläum wurde 2013 adäquat begangen. Den Auftakt zu den Feierlichkeiten machte am 10. Juni ein Festakt der besonderen Art. 1. Bürgermeister Hansjörg Durz entwickelte eine zündende Idee, ein Theaterstück über die Neusässer Geschichte auf die Bühne zu stellen. Das Kulturbüro half bei der Umsetzung, knüpfte Kontakte zu Gruppen und Autoren. Die Wahl fiel auf Peter Dempf, Lehrer am Neusässer Gymnasium und bekannt als Autor historischer Romane. Er fesselte 2012 beim Bücherflohmarkt mit dem Kinderbuch „Spione in der Textilfabrik“, Band 3 der „Abenteuer der Rabenbande“. Dempf schrieb den Text und führte selbst Regie. Das Stück erweckte die Geschichte der Stadt von den alten Römern bis in die Gegenwart in kurzweiligen, spritzigen Sequenzen zu quicklebendigem, herzerfrischendem Leben, gespielt von Schülern des Gymnasiums, der Schauspielgruppe Neusäß und Tänzern der Ballettschule Jagob. Den Saal zum Toben brachten zwei Gymnasiasten mit einem fetzigen Neusäß-Rap, der rasch Kultstatus errang. Die Stadthallentechnik unter Federführung von Peter Igelspacher fertigte die Kulissen, zum Beispiel die Kirchen der Ortsteile und rückte alles ins rechte Licht. Darin hat das Technikteam Routine, stellen sie doch jährlich für eine Eigenproduktion im Musik-Abo und für Kinderstücke die Kulissen selbst her, wie für Peterchens Mondfahrt oder das Dschungelbuch. Den Abschluss des Festakts lieferte ein Dialog zwischen amtierendem Bürgermeister Durz und dem Vorgänger Dr. Nozar. Mit der Wahl von Hansjörg Durz in den Bundestag übernahm der 2. Bürgermeister Richard Greiner bis zur Kommunalwahl die Amtsgeschäfte. Greiner betreut seit 2008 als 2. Bürgermeister die Kultur und ist ihr auch als Deutschlehrer besonders verbunden.
Vier Tage nach dem Auftakt der 25-Jahr-Feier mit dem gelungenen Festakt startete am 14. Juni die Freiluftsaison mit dem Jubiläumstadtfest, erstmals mit zwei gleich großen Bühnen. Im Park und im Kuchenbauerhof zogen neben den Augschburger Kabarettgrößen Herr & Frau Braun vor allem musikalische Gruppen Zuschauer in Scharen an. Cash-n-go begeisterte die Fans einmal mehr, wie auch VoiceNet. Regen Zuspruch fand die innovative Sparte Crossover-Weltmusik. Mit einem Mix aus moderner Blasmusik und internationalen Melodien fesselte IRISHsteirisch ebenso wie die schrägen „Bayerischen Löwen“. Der urige bayrische Reggae-Man Mista Wicked bestach mit einer heißen Mischung aus Bob Marley und Gerhard Polt. Sein Riddim Disasta war ein Volltreffer.
Die Martin Seilers A-cappella Neugründung Greg is Back riss das Publikum am Eröffnungstag zu Beifallsstürmen hin, trotz schlechten Wetters. Bastian Walcher kämpfte im Vorfeld gegen heftigen Regen. Das Wetter spielte beim Jubiläumsstadtfest wahrlich verrückt. Unter Petrus Launen litten auch das vogelwilde urwüchsige Koflgschroa und die Bigband JAM, die die Nachwuchstalente von Young Stage in den richtigen Sound einbettete. Ganz ins Wasser fielen die Unterbiberger Hofmusik und die WONNEbeats. Am 20. Juni, kurz nach 18.00 Uhr schlug ein verheerender Sturm, Experten sprechen von einem Tornado, eine Spur der Verwüstung durch Neusäß. Hatten noch kurz zuvor über 100 Schüler der Eichenwaldschule sich „live on stage“ präsentiert, zog blitzschnell ein Unwetter auf. „Beim Stadtfest brach die Hölle los“ berichtete die AZ. Innerhalb von zehn Minuten mutierte die Festzone zum reißenden Sturzbach. Land unter hieß es auf dem Platz vor der Bühne im Hof. Das Wasser stand 80 cm hoch bis zu den Biertischen. Bäume wurden entwurzelt, demolierten Autos, Tische, Zelte und Budeninventar flogen durch die Luft oder schwammen davon. Die Bühnentechnik kam glimpflich davon. Noch am Abend begann das Ramadama. Da wie durch ein Wunder „nur“ Sach-, aber kein Personenschaden zu beklagen war, wurde weitergefeiert. So musste das Publikum aus nah und fern nicht auf Highlights wie die Presley Family, Cash-n-go, die Wonderdocs und das Koflgschroa verzichten. Dieses Jubiläumsstadtfest geht in die Annalen ein. Einen Tornado gab es bislang noch nicht, und hoffentlich nie wieder. Zum Ausgleich blieben andere Open-Air-Veranstaltungen des Jubiläumsjahres, Citylauf, Erlebnistour, das Bismarckturmfest, vom Unwetter verschont.
Den krönenden Abschluss fanden die Feierlichkeiten zum 25jährigen Jubiläum am 8. Dezember mit einem außerordentlichen Weihnachtskonzert. Die renommierten Augsburger Domsingknaben - darunter ein gutes Dutzend Neusässer traten in der Kirche St. Ägidius mit einem bedeutenden barocken Werk sakraler Weihnachtsliteratur an, J. S. Bachs Weihnachtsoratorium, Kantaten I – III, auf. Dafür baute die Stadthallentechnik Dutzende Podeste für Chor und Orchester in den Altarraum ein.
Die Domsingknaben lehnen sich unter ihrem brillanten Leiter Reinhard Kammler bei dieser weihnachtlichen Festmusik an die Bachsche Aufführungspraxis an mit Knabenstimmen der Leipziger Thomaskirche und wurden dem Anspruch grandios gerecht. Die glockenklaren Stimmen des mächtigen Chores, der Knabensolisten, Jan Enderle, Nicolas Schwandner, Julius Gerheuser und Georg Starz, wie auch der brillanten erwachsenen Solisten, des Neusässer Tenors Gerhard Werlitz und des Bassbaritons Johannes Kammler erfüllten die gebannt lauschenden Hörer in der ausverkauften Kirche mit der für Bachs Wirken typischen Mischung aus Besinnung, Stille, aber auch Jubel und Jauchzen über die Geburt Jesu. Ein Übriges tat das erlesene Residenz-Kammerorchester München, darunter renommierte Augsburger Musiker. Ob orchestral oder solistisch brachten die Instrumente die Knabenstimmen behutsam zum Klingen und Glänzen – eine wunderbare synästhetische Harmonie, die sich auf die Hörer übertrug. „Ergriffene Stille herrschte nach dem letzten Akkord – Stille, die dann in begeisterten Beifall mündete“, schrieb Sigrid Wagner im Feuilleton der AZ.
Die Stadthalle startete 2013 mit Christian Auers amüsanter Orchesterprobe à la Valentin. Die Zu-schauer in der ausverkauften Halle eroberte auch der Kabarett-Shooting Star Maxi Schafroth bei seinem Einstand in Neusäß auf Anhieb. Seine „Faszination Allgäu“ wirkt auch 2014. Der Run auf die Karten für den 16. Januar ist enorm.
Das Abo-U punktete mit brillanten Schauspielerinnen wie Marion Kracht, Susanne Uhlen und Doris Kunstmann. Im Abo-E faszinierte Peter-Schmidt-Pavloff als Beethoven ebenso wie Cordula Trantow. Vergessen darf man dagegen eine Frau, die ihren vormals guten Namen selbst Lügen strafte. Si tacuisses, mima mansisses – wenn sie wenigstens nicht gesungen hätte – wäre sie womöglich eine (gute) Mimin geblieben.
Der begnadete Schauspieler Friedrich von Thun ließ hingegen die morbid dekadente Welt der Buddenbrooks an Thomas Manns Weihnachtskapitel herrlich in der süffisanten, auch ironischen Sprachgewalt Thomas Manns aufleuchten. Das Publikum hing gebannt an seinen Lippen. Eine wahre Sternstunde des Theaters, wie auch der Faust I und II in der stringenten Kurzfassung I.C. Tomas mit dem teuflisch guten Gerd Lohmeyer als Mephisto. Weitere Sternstunden verspricht der Rosenkrieg mit Martin Semmelrogge, Brechts Kauskasischer Kreidekreis mit Peter Bause und Loriots Dramatische Werke mit Hans-Peter Korff.
Das Musikabonnement punktete mit Schokoladenzauber. Das Amadeus Consort Salzburg servierte Mozart, garniert mit köstlichem Schokoladenmenü, charmant moderiert von BR-Sprecher Wolfgang Binder. Das zerging dem begeisterten Publikum wie edle Schokolade auf der Zunge. Zum Jahresende brilliert das Glenn Miller Orchestra mit Melodien der Swing-Ära, im März folgt Katja Ebstein mit einer One-Woman-Power-Show.
Das Kabarett brachte und bringt große neue Namen nach Neusäß, den gewieften Wirtschaftskabarettisten Hans Gerzlich, die erfolgreiche Musikkabarettgruppe Da Huawa, da Meier und I und den scharfzüngigen Österreicher Alfred Dorfer. Für Django Asül, die Wellküren, Mathias Richling und Herr und Frau Braun mit neuen Silvesterprogrammen, das am 3. März nochmals gezeigt wird, war Neusäß fast schon ein „Heimspiel“. Sigi Zimmerschied präsentiert am 6. Februar das neue Erfolgsprogramm „Multiple Lois“. Der Weltfrauentag serviert „Frauengold“. Am 19. September schwingt Volker Pispers das Scharfrichterbeil. Die Karten sind heiß begehrt. Als idealer Ausklang der Weihnachtszeit bietet der Nussknacker als Musikmärchen, erzählt von Diana Körner, beste Unterhaltung für die ganze Familie.
Auf das Jubiläumsjahr folgt auch 2014 keine Flaute. Wir feiern weiter mit der Bayernrundfahrt, die am 30. Mai wie schon 2008 Station in Neusäß macht. Am 30. und 31. Mai steht „Kultur im Park“ an, mit exquisitem Rahmenprogramm als Ergänzung zum Sport.
Vom 4. bis zum 13. Juli folgen die 3. Neusässer Sommerklänge mit der Serenade am Teich, einem Konzert des Coro Polifonico di Bracciano und des Kammerorchesters, dem Preisträgerkonzert des Jugend-Musikwettbewerbs am 9. Juli. Dazu kommt ein vielfältiges Programm Neusässer wie überregionaler Musikschaffender, verteilt über die Stadtteile und der Neuauflage des wunderbaren Schlosshofkonzerts von 2012.
Im Zuge des brandschutztechnischen Umbaus wurde die Getränkeausgabe im Stadthallenfoyer grundlegend umgestaltet. Der „Getränkeverschlag“ wich einer sich ästhetisch in das Raumkonzept einpassenden freistehenden Theke samt innovativer Beleuchtung. Sie entstammt dem sicheren Stilempfinden der Mitarbeiterin des Neusässer Bauamts Ines Mayländer und stieß auf einhellige Begeisterung bei Kunden wie Besuchern. So gewinnt das Foyer enorm an Großzügigkeit, Transparenz und räumlicher Wirkung.
Das Haus der Musik als 1. Baustein zur neuen Stadtmitte ergänzt und rundet das kulturelle Angebot ab. Die von Angelica Jekic geleitete Sing- und Musikschule, die auch zum Kulturbüro gehört, kann damit endlich die beengenden Raumverhältnissen verlassen und sich mitten in der Stadt optimal präsentieren.
Die Stadthalle spielt in den erst noch zu realisierenden Plänen zur Stadtmitte eine zentrale Rolle. Sie kann dann ihr Angebot um kleinere Elemente ergänzen und wieder auf ein Restaurant in unmittelbarer Nähe verweisen. Das wird die Möglichkeiten für Besucher wie Mieter und Aussteller erheblich verbessern. Bei großen Messen wie der Hochzeitswelt fehlen derzeit Nebenräume.
Der kleine, aber heimelige Neusässer Weihnachtsmarkt, der seit 25 Jahren in der Remboldstraße aufgebaut wird - also auch 25-jähriges Jubiläum feiert, wie die Spieldose der Ballettschule Bender – entwickelte sich zum Publikumsmagneten. Die Organisation obliegt Margit Endres vom Kulturbüro der Stadt Neusäß. Die Aktionsgemeinschaft kümmert sich liebevoll um Nikolaus und Knecht Ruprecht, die Kinder auf dem Weihnachtsmarkt beschenkt. Die heimelige Atmosphäre mit lebender Krippe, Weihnachtsfeuer für wohltätige Zwecke und vielfältigem Musikprogramm lockt an den vier Adventswochenenden nach wie vor Familien, aber auch Gruppen aus Neusäß und Umgebung an. Man trifft sich einfach auf dem Weihnachtsmarkt. Die GEMA zog dank der Proteste vieler Kommunen ihre 2012 geplante rigorose Anhebung der Gebühren 2013 nicht stringent durch. Günstiger wurde aber die GEMA auch für den Weihnachtsmarkt 2013 nicht. Bleibt abzuwarten, ob, wann und wie diese Reform 2014 erfolgen wird.
Bürgerreporter:in:Kulturbüro Neusäß aus Neusäß |
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