Wir sollten uns nicht an den Überfluß gewöhnen
Josef Miller, MdL (Staatsminister für Landwirtschaft und Forsten) sprach auf Einladung der AGL (Arbeitsgemeinschaft Landwirtschaft) im Eisernen Kreuz, Diedorf zu aktuellen agrarpolitischen Themen, zum Erbschaftssteuergesetz und der Novellierung des Naturschutzgesetzes. Peter Högg (Kreisvorsitzender der AGL) begrüßte die Anwesenden unter denen sich Herr Otto Völk., 1. Bürgermeister von Diedorf, der CSU-Ortsvorsitzende Stefan Mittermeier aus Diedorf und der CSU-Ortvorsitzende Erwin Stein aus Anhausen befanden.
Die aktuellen agrarpolitischen Themen waren nicht nur für Landwirte interessant sondern besonders wichtig auch für Otto Normalverbraucher.
Ich bin konservativ, „begann er seinen Vortrag. „Die Politik muß Perspektiven entwickeln, um langfristig handeln zu können. Wichtig sei die Entwicklung des ländlichen Raumes, die Erhaltung einer stabilen Bevölkerungsstruktur in ländlichen Raum. Denn sie bilde die Basis für die Ernährung der deutschen Bevölkerung.“ Auf diese These legte er Wert.
„Fiele die Ernte in 2008 wieder schlecht aus, kämen wir in ernste Schwierigkeiten. Es gäbe kein Korn mehr in den Interventionslägern der EU. Man habe jetzt die geringste Vorratshaltung seit 60 Jahren. Also: Stand 1947. Das sei bedrohlich!“ lies er die Zuhörer wissen.
„12 Millionen ha an Ackerfläche gehen durch Bodenerosion jährlich verloren. Das ist 1/3 der Fläche der Bundesrepublik Deutschland. Heute leben rund 6 Mrd. Menschen auf der Erde. Jährlich nimmt die Zahl derzeit um fast 80 Mio. zu. Das ist die Einwohnerzahl der Bundesrepubik Deutschland.Bis zum Jahr 2020 wird ein weiterer Anstieg auf 8,2 Mrd. erwartet. Noch einmal 30 Jahre später werden es nach Schätzungen mindestens 10 Mrd. Menschen sein. Alle diese Menschen müßten versorgt werden,“ war wesentlicher Punkt von Millers Ausführungen. Hinzu kommen und das drücke noch einmal auf den Nahrungsmittelbedarf. Geht es den Menschen besser stellen sie ihre Ernährung um. Vom pflanzlichen Eiweiß auf tierisches Eiweiß“ so schilderte Miller die Lage von der Ernährungsfront.
Das Resultat sei, so Miller: „Angesichts dieser Lage sei und werde die heimische Landwirtschaft eminent wichtig. Man sei wieder wer, als Landwirt.“
Miller spannte bei seiner Rede den Bogen vom Erzeuger zum Verbraucher. „ Er nahm als Beispiel Preisteigerungen bei Backwaren. „Der Mehlanteil am Semmel betrage einen (1) Ct. Verdoppele sich der Preis der Mehls mache dies am Semmel zwei (2) Ct. aus. Das rechtfertige nicht die Preissteigerungen der letzteren Zeit.“
Wichtiges Thema war Josef Miller die Energieversorgung, denn das sei auch Thema der Landwirtschaft. Stichwort Bioenergie. „Der Energiebedarf steigt weiter“ verkündete er den interessiert Zuhörenden. Der Primärenergieverbrauch der Welt sei Jahr für Jahr gestiegen und wird absehbar weiter zunehmen. 1960 wurden rund 5 Mrd. Tonnen SKE (Steinkohleeinheiten) verbraucht, 1970 waren es schon fast 8 Mrd., 1997 waren es bereits 14,3 Mrd. Tonnen SKE. Es gäbe unterschiedliche Prognosen über die weitere Entwicklung des Energieverbrauchs, aber alle sagen – allein schon wegen der wachsenden Weltbevölkerung – eine weitere deutliche Zunahme voraus,“ so die Zahlen aus seinem Ministerium. „Solche Verhältnisse seien ungesund. Sie wirken sich aus, auf den Kostenbereich eines jeden Haushalts in Deutschland.“ Ein anderes Beispiel nannte er: „1960 wurden 5% der benötigten Energie der deutschen Volkswirtschaft importiert. Heute sind es 65%. Das mache abhängig.“
Bei Holz, biogenen Kraftstoffen, Biogas und den sonstigen biogenen Energieträgern besteht nach Abschätzungen des Staatsministeriums für Landwirtschaft und Forsten auf lange Sicht ein technisches Potential von zusammen bis zu 15 % des Primärenergieverbrauchs (PEV) in Bayern.
„Er wolle noch ein anderes Thema behandeln“, sagte er, „nach einem Blick auf die Uhr. „Der Klimawandel tangiere ja auch in besonderem Maße die Landwirtschaft. Da habe man es z.B. mit dem Maiswurzelbohrer und der Blauzungen-krankheit als neueste Plagen zu tun. Die Europäische Union habe den Einsatz von Pestiziden beschlossen, um des Maiswurzelbohrers (Diabrotica virgifera virgifera) Herr zu werden. Die Schweizer haben eine andere Variante für sich entdeckt: den guten alten Fruchtwechsel. Da zeige sich, daß es doch von Vorteil sei, wenn man konservativ bleibe,“ schmunzelte er. „So soll nicht wiederum Mais angepflanzt werden, sondern Wintergetreide und dann Gras. Die Larve braucht aber Maiswurzeln. Findet sie keine muß sie verhungern.“
Zum allgemeinen Verständnis: Der Schädling tauchte erstmals im Jahr 1867 im US-Bundesstaat Kansas auf, von wo aus er den Norden der USA eroberte. Die gigantischen Monokulturen (Mais soweit das Auge blickt) sind für den Maiswurzelbohrer im wahrsten Sinne des Wortes ein gefundenes Fressen. Die konkreten Schäden treten an der Wurzel auf. Die Larve des Insekts frißt nur Maiswurzeln. In der Folge fällt die Maispflanze um. Zwar stirbt sie nicht ab, aber der Kolben, das eigentliche Ernteprodukt, bleibt für die Erntemaschine unerreichbar.
Nach einem weiteren Blick auf die Uhr, sagte Miller, „ auf die Milchquote wolle er doch noch eingehen. Bei Abschaffung der Milchquote ist die völlige Liberalisierung des Milchmarktes zu erwarten und damit ein Absinken des Milchpreises auf Weltmarktniveau. Dieses Niveau ist so niedrig, daß sehr viele Betriebe dann nicht mehr kostendeckend wirtschaften können und die Milchviehhaltung aufgeben müßten. Die Milchquote ist aber ein Vermögenswert. Bei Abschaffung der Quote wird dieser Vermögenswert ersatzlos aufgelöst und die Betriebe bzw. Eigentümer erhalten keinen Ausgleich.“
„Bayerische Wochen in den Supermärkten Europas und Asiens veranstaltet sein Ministerium in Kooperation mit der Ernährungsindustrie. Das sei ein toller Erfolg, “kam er ins Schwärmen, „Bayerische Produkte sind draußen begehrt. Bayern sei bekannt und alle Welt verbinde mit diesem Namen Qualität.“
Nach diesem Ausflug in das internationale Business kam er zurück auf Energie aus nachwachsenden Rohstoffen. „Solle der Biogasanteil (wie von der Bundesregierung gefordert) um 20% erhöht werden dann bedeute dies eine Erhöhung der Körnerproduktion um 45%! Woher solle die zusätzliche Ackerfläche kommen?“, fragte er die Anwesenden.
So müsse schon das Verhältnis des Flächenbedarfs für Nachwachsende Rohstoffe (NaWaRo) und der Nahrungsmittelproduktion berücksichtigt werden.
Zusammengefaßt kann man mit Fug und Recht behaupten, es war ein Vergnügen einem Fachmann, wie Josef Miller zuzuhören. Hoffentlich treffen wir ihn bald wieder, meinten viele Anwesende zum Schluß des Abends.