myheimat.de setzt auf dieser Seite ggf. Cookies, um Ihren Besuch noch angenehmer zu gestalten. Mit der Nutzung der AMP-Seite stimmen Sie der Verwendung von notwendigen und funktionalen Cookies gemäß unserer Richtlinie zu. Sie befinden sich auf einer sogenannten AMP-Seite von myheimat.de, die für Mobilgeräte optimiert ist und möglicherweise nicht von unseren Servern, sondern direkt aus dem Zwischenspeicher von Drittanbietern, wie z.B. Google ausgeliefert wird. Bei Aufrufen aus dem Zwischenspeicher von Drittanbietern haben wir keinen Einfluss auf die Datenverarbeitung durch diese.

Weitere Informationen

Reisewarnung? Länderpunktesammler Kolja Spöri fährt ins Krisengebiet

  • Kolja Spöri war überall
  • Foto: Buchcover; © Plassen Verlag
  • hochgeladen von Michael S.

Kolja Spöri verdient als Formel 1 Agent offenbar ziemlich gut. Der bekennende Genießer bezeichnet sich selbst als „Big Boy“ und reist als selbsternannter Gentleman in Hemd und Sakko mit Einstecktuch. Ihn reizen vermeintlich gefährliche Ecken der Welt, für die das Auswärtige Amt meist harte Reisewarnungen herausgegeben hat. Dabei wird das Mitglied des „Club of Most Traveled People“ augenscheinlich von reichen, mächtigen und einflussreichen Männern wie Tschetscheniens Präsident Ramsan Kadyrow angezogen, auch aus geschäftlichen Interessen, und schon mal mit deren Privatjets oder Jachten abgeholt.

Wenn einer eine Reise tut, dann kann er bekanntlich was erzählen. Der viel gereiste Kolja Spöri berichtet nun auf rund 300 Seiten in seinem Buch „Ich war überall“ über seine Aufenthalte in risikobehafteten Gegenden. Als Selbstfahrer residiert er gerne in Begleitung eines Kumpels mit ähnlichem Hang zu gewagten Zielen am komfortabelsten und sichersten Hotel mitten in Kriegsgebieten. In Libyen drückten ihm Rebellen Waffen in die Hand, mit denen er Freudenschüsse in die Luft abgeben durfte. Bei einer Hilfsgüterlieferung ins kenianisch-somalische Grenzgebiet fehlte ihm die Dankbarkeit bei der Überbringung, während er an zahlreichen Stellen des Weges das Gefühl hatte, abgezockt zu werden.

In einigen Kapiteln, wie beispielsweise dem vom Trip nach Goma ,erzählt Kolja Spöri leider wenig Gehaltvolles vom Zielort, sondern mehr von der Anreise, Vermutungen und politischen Spekulationen. Dabei verliert er sich oft darin, mit seinen vielen prominenten, überwiegend mit Vorsicht zu genießenden, dubiosen Bekannten und Bekanntschaften zu prahlen. Er schreibt über alltägliche und anscheinend notwendige Korruption, vor allem in Afrika, und verstößt im muslimisch geprägten türkischen Grenzkaff Igdir gegen das Alkoholverbot, indem er sich im Restaurant unter dem Tisch eigens mitgebrachten Sprit einschenkt.

Wie sind Reisewarnungen zu bewerten?
Leicht informativer gestaltet sich der hintere Teil des Buches. Kolja Spöri reißt dort besondere Reisearten wie den Besuch von Geisterstädten, Desolation Travel genannt, und Konflikttourismus an. Sie wollen mit Bundeswehrsoldaten im Einsatzgebiet plaudern? Im Kosovo, in Mali, Djibouti oder Usbekistan soll das für für den weltgewandten Gentleman möglich sein. In kurzen Portraits mit sehr subjektiver Wertung stellt der Vielreisende andere Länderpunktesammler und die unterschiedlichen „Spielregeln“ vor. Für aufgeschlossene Reisende nützlich sind die guten Infos zum Umgang mit Reisewarnungen, die auch auf ökonomischen Berechnungen fußen. Der Leser erfährt unter anderem, dass er in Ländern mit harter Reisewarnung im Ernstfall seinen Versicherungsschutz verliert (S. 269). Wie die Sicherheits- und Versorgungslage des Gastlandes wirklich zu beurteilen ist, erfährt der Reisende vor Ort. „Coca-Cola gibt es tatsächlich überall, aber die Verfügbarkeit von Coke Light ist ein guter Gradmesser der Versorgungslage“ (S. 222), meint der Autor.

Da Kolja Spöri gerne schnell und stilvoll reist, gibt er natürlich Tipps für „Speed Travel“ und Bekleidung für Gentleman-Abenteurer. Wie sich das liest? „Und für Afrika habe ich meine Lieblings-Safarijacke vom teuersten Anzugschneider der Welt [...]“ (S. 236). Klingt da der Neid durch? Nein, denn der Rezensent möchte etwas von einem Land sehen und nicht nur mit der Elite am Tisch sitzen, Grenzbeamte schmieren und sich auf's Fünf-Sterne-Hotel freuen. Mehr Tiefgang in den Reiseschilderungen anstatt Masse und Konzentration auf meist nicht näher beschriebene Begegnungen mit interessanten, reichen Persönlichkeiten, wäre wünschenswert gewesen. Zwar behauptet Kolja Spöri, Tiefgang in seinen Länder-Stipvisiten zu erleben, doch diesen kann er in seinem Buch nicht wirklich vermitteln.

Fazit: „Ich war überall“ von Kolja Spöri ist möglicherweise die erste Lektüre rund ums Reisen, die beim Rezensenten trotz der Vielzahl an erwähnten Destinationen nicht den Fernweh-Schalter aktiviert hat. Für den kleinen Kreis der Länderpunktesammler und abenteuerfreudige Reisende mit enormen Budget dürfte das Buch interessant sein, Rucksackreisende oder Pauschaltouristen können damit wohl wenig anfangen.

Titel: Ich war überall
Autor: Kolja Spöri
Infos zum Buch: 320 Seiten, etliche davon leer
Erscheinungsdatum: Mai 2014
Verlag: Plassen Verlag
ISBN: 978-3-86470-171-9

Weitere Beiträge zu den Themen

KonflikttourismusKolja SpöriGentlemanLänderpunktesammlerSpeed TravelVielreisendeBuchrezensionReisenBuchReisewarnungPlassen Verlag

1 Kommentar

Ich sehe das sehr ähnlich. Besser für Rucksackreisende (die auch gerne Länderpunkte sammeln) ist wohl das Buch Länderpunktesammler geeignet.

Beteiligen Sie sich!

Um zu kommentieren, öffnen Sie den Artikel auf unserer Webseite.

Zur Webseite

Themen der Woche

KomödieschmutterparkverlosungenGewinnspielVerlosungStadthalle NeusäßNeusäßGewinnspieleFotografieFreizeitMusikkabarettSchwangau

Meistgelesene Beiträge