Der steinerne Mann als Comic – Sven Todt widmet sich Sagen entlang der Romantischen Straße
Sven Todt ist Netzwerk-Administrator. Der Fachinformatiker ohne grafische Ausbildung zeichnet gerne. Im Rahmen eines Langzeit-Projekts möchte der Hobby-Sagenforscher Legenden aus allen Städten entlang der Romantischen Straße in Comic-Form bringen. Nach seinem Nördlingen-Heimspiel „So Gsell So“ ist 2012 der zweite Band der romantischen Serie erschienen. „Der steinere Mann“ erzählt die Sage eines Bäckers, der Augsburg vom Dreißigjährigen Krieg erlöst haben soll.
„Es war mir schon immer ein Rätsel, wieso die Figur an der Schwedenstiege steht“, gibt Todt als Grund an, warum er sich für den „stoinernen Ma“ entschieden hat. Obwohl sein Comic mit einer Auflage von 300 Exemplaren nur in ausgewählten Buchhandlungen in Augsburg und Nördlingen vertrieben wird und seine Leser vornehmlich des Schwäbischen mächtig sein dürften, hat er auf Dialekt verzichtet. Also erzählt er die Sage des Bäckers Conradt Hackher, dem „Schtoinerne Ma“ (eine weitere gängige Schreibweise) auf Hochdeutsch. Mit der Rubrik „Sprücheklopfer“ im Heft, die die Herkunft und Bedeutung von Redewendungen erklärt. Sprüche wie „keinen Hund hinter dem Ofen hervorlocken“ haben sich übrigens im Lauf der Zeit von ihrer ursprünglichen Bedeutung zum Teil deutlich entfernt.
Todt hat praktisch schon immer gezeichnet, „nur vor mich hin“. Alltagskurzgeschichten landeten in der Schublade, bis er sich sagte: „Entweder mache ich etwas daraus oder ich lasse das Zeichnen sein“. Also schuf er sich mit der romantischen Sage ein Projekt, das ihn noch bis ins hohe Alter beschäftigen dürfte. Momentan zeichnet der Netzwerk-Administrator nämlich nur unverkrampft nach Feierabend. Und versucht stetig "besser, schneller und vom Strich her einfacher" zu werden.
Todt kann nicht mit Sicherheit sagen, wie nah sein zweiter veröffentlichter Comic an der wahren Geschichte ist. Schließlich behaupten unterschiedliche Quellen andere Dinge. Recherchiert hat er vor allem im Internet. Dort schreibt beispielsweise Thomas Brütting, Bäckermeister Konrad (mit K, ohne t) Hackher sei damals noch gar nicht in einer Notsituation gewesen und zudem kein Eigenbrötler, der im Todeswahn einen Egotrip zum Wohl der Stadt Augsburg startet – wie er bei Todt dargestellt wird. Außerdem sei Hackher, nachdem er ungenießbares Brot vor den Augen der belagernden Bayern sichtbar von der Stadtmauer aus im Graben versenkt hatte, von einer Kanonenkugel getroffen worden. In anderen Quellen ist es eine Armbrust, die den stoinernen Ma zum Einarmigen macht. Bei Todt wird der Bäckermeister sowohl von einer Armbrust als auch einer Kanonenkugel getroffen und nagt selbst am Hungertod. Für ihn steht fest: „Die Sage ist aus dem Volksmund entstanden. Aus der Not heraus wurde sie der Figur Conradt Hackher angehängt“.
Todt hat den unterschiedlichen Quellen ein eigenes Element im Comic hinzugefügt: Den Tod mit dem Dudelsack. „Diese virtuelle Figur erinnert den Leser, dass der Tod ihm nahe steht“, meint der Zeichner. So eine Belagerung im Dreißigjährigen Krieg kann schließlich durchaus zu wahnwitzigen Illusionen und Hungerleiden führen. Davon abgesehen ist die Geschichte phasenweise etwas wirr aufbereitet. Wer sich nicht eingehender mit der Sage befasst hat, versteht die Zusammenhänge kaum. So lässt Todt ein Kind nach der legendären Tat des Bäckermeisters sagen „Die em … na die em …die Bayern ins weg … und die Schweden verlassen Augsburg … em und die Bayern sind auf einmal in der Stadt … und em … alle sind ganz glücklich“. Quasi maximale Reduktion des historischen Kontextes. Ohne Hintergrundwissen trotz der auf Seite 44ff. gezeichneten Friedensverhandlung der Schweden (die Augsburg besetzten) mit den Bayern in Leonberg schwierig nachzuvollziehen.
„Zeichnen ist ein Prozess. Da ist man in der Geschichte gefangen“, meint Todt. Ihm als Autor sei der rote Faden klar. Im Eifer des Gefechts wurden auch Rechtschreibfehler nicht ausgemerzt. Eine klassische Korrektur findet bei Todt nicht statt – der Comic wird lediglich von Freunden und Bekannten quergelesen. Die Anregungen, die der passionierte Zeichner ohne grafische Ausbildung jedoch bekommt, will er für den dritten Band der romantischen Serie bereits berücksichtigen. Vermutlich spielt dieser dann in Landsberg. „Die etwas kleineren Städte behagen mir mehr“, gibt der Nördlinger zu. In Augsburg müsse man aggressiv und intensiv auf dem Markt auftreten, um wahrgenommen zu werden.