DAS DOPPELTE RAMAZZOTTCHEN

DER "ITALIENSCHE ABEND" IM ÄGIDIUSPARK NEUSÄSS

Hatte sich der bajuwarische Auftakt der „Kulturtage im Park 2022“ noch wettermäßig deutlich an die graue Alpennordseite angepaßt, zeigt sich der Himmel für den italienischen Abend am Freitag gnädig azurblau, wenngleich die Temperaturen nicht an südliche Adriastrände erinnern. Die Sitzplätze auf den Bierbänken und in den Liegestühlen ringsum sind jedenfalls gut gefüllt, als das musikalische Programm um 17.30 Uhr gestartet wird.

Den Auftakt machen die beiden reifen Herren des „DUOSOLEMIO“, bestehend aus dem italienschstämmigen Giampiero Lucchini und dem Mexikaner David Bermudez. Dieses musikalische Doppel kann man in diversen Outfits und mit themenbezogenen Programmen für die unterschiedlichsten Events buchen. An diesem Abend geben sie optisch die venezianischen Gondolieri und bedienen musikalisch alle Klischees, die das schwäbische Publikum mit dem Gläschen Weißwein oder dem Aperol Sprizz da unten erwartet. Und sie liefern eine gediegene und souveräne Vorstellung ab. Kaum ein Klassiker der älteren Canzoni bis hin zum Italo-Pop der 70er und 80er Jahre wird ausgelassen, von Verdi bis Volare ist alles dabei, was der sonnenhungrige Neusässer mittleren bis reiferen Alters erwartet. Zwar bestreitet einen beachtlichen Teil der Hintergrundmusik der „unsichtbare Dritte Mann“ auf der Bühne, dieses unvermeidliche elektronische Kästchen für Rhythmus und Begleitinstrumente, aber Davids Gitarre und vor allem Giampieros wechselweise eingesetztes Gebläse sorgen daneben für echtes Livefeeling. Besonders ein paar südamerikanische Dauerbrenner wie „La Bamba“ machen richtig Spaß. Die Neusässer Besucher wollen zwar im Lauf der zwei Stunden nur zögerlich auftauen, aber das liegt sicher an der kühlen Luft und der schwäbischen Mentalität und weniger an den beiden gutgelaunten Herren auf der Bühne.

Das Hauptprogramm bestreitet mit „SALVATORE & ROSARIO“ noch ein weiteres Duo mit italienischen Wurzeln. Wer geglaubt hatte, das rotweiße Bühnendress der Vorgänger wäre an Klischeehaftigkeit nicht zu toppen, sieht sich getäuscht, als das Brüderpaar die Bühne erklimmt. Sonnenbebrillt, in engen weißen Hosen und knalligen Lederjacken geben sie die coolen Latin-Lover auf der Zielgeraden. Der erste Griff geht wieder zum elektronischen Helferlein und der einmal eingeschlagene Weg setzt sich in den folgenden Stunden fort: Das Zauberwort lautet „Schlagerseligkeit“ und spätestens beim dritten Song, denkt man an die Tausend-Lichter-Shows mit Florian Silbereisen und Andrea Berg. Der Zeiger der Rhythmusbox pendelt sich im Takt des Diskofox ein und die Jungs singen von großen Gefühlen am Telefon und von der Bella Giovanna, die doch bitte zurückkommen solle. Das muß man mögen, aber dann wird man bestens bedient und ringsum trauen sich gar ein paar frischverliebte Neusässer Jungs den getränkefreien Arm um ihre „grande amore“ zu legen. Das Geschehen auf der Bühne ist durchaus professionell, die routinierten Gebrüder haben schließlich die höheren Schlagerweihen durch eigene CDs und einen TV-Auftritt hinter sich und das spürt man. Stilistisch lehnen sie sich dabei an den in diesem Metier derzeit recht erfolgreichen Giovanni Zarrella an und mixen die unverwüstliche deutsche Schlagermentalität mit den bewährten Zutaten aus der italienischen Plattenküche. Was dabei herauskommt, ist so authentisch wie die „Pizza con Wurstel“ bei Franco in Bibbione, aber zum Schunkeln an einem schönen Sommerabend mit der bunt beleuchteten Cappella Sant'Egidio im Hintergrund paßt das allemal.

Das Publikum ist sichtlich zufrieden und genießt den musikalischen Abend gutgelaunt mit einem passenden Kaltgetränk aus einem der zahlreichen Stände ringsum. Das hatte man lange nicht … und wenn nicht jetzt, wann dann?