8. Türchen: Schlüsselgewalt
Liebe Leserin, lieber Leser,
letzten Donnerstag kam ein dringender Anruf:
"Herr Pfarrer, kommen Sie ganz schnell!
Wir brauchen sie."
Ich habe kurz überlegt.
Einen Termin verlegt, eine kurze Notiz an meine Frau, eine Packung Taschentücher, mein kleines grünes Seelsorgebuch und mein Handy eingepackt und gleich losgefahren.
Es wurde eine intensive Begegnung,
die wichtig war,
mit Gespräch, Gebet und Segen.
"Vielen Dank, dass Sie so schnell gekommen sind.
Das hat ihm jetzt sehr gut getan.
Er ist ruhig geworden.
Ihm ist jetzt wieder leichter."
So die Worte beim Abschied.
Ziemlich erschöpft fuhr ich nach Hause.
Es war niemand da.
Das sah ich von weitem.
Gut, dann bereite ich gleich mal das Abendessen,
dachte bei mir. Doch o Schreck.
Wo ist denn mein Schlüssel?
Mist! Ich hatte ihn gestern
einem Mitarbeiter zu Absperren gegeben.
Er liegt bei mir auf dem runden Tisch.
Da liegt er gut, doch wie komm ich rein.
Ausgesperrt hatte ich mich
aufgrund meiner eigenen Schusseligkeit.
Heut früh hätte ich ihn gleich wieder
an meinem Schlüsselbund tun müssen.
Ich hatte die Schlüsselgewalt verloren.
Jetzt erfuhr ich am eigenen Leib,
was es heißt,
die Schlüsselgewalt zu verlieren
oder keine Schlüsselgewalt zu haben.
Ich war draußen vor der Tür
- ausgeschlossen.
Jetzt fing es auch noch an zu nieseln
und ich hatte nur meine dünne Jacke dabei.
Schlimm ist es,
einen Schlüssel zu verlieren,
doch eine wirkliche Katastrophe ist es nicht.
Wenn alle Stricke reißen,
kann ich den Schlüsseldienst rufen.
Er bohrt mir das Schloss auf
und ich kaufe mir ein neues Schloss.
Eine wirkliche Katastrophe ist es,
wenn ich den Schlüssel
zum Herzen eines Menschen verliere,
weil ich etwas falsch gemacht habe,
nicht sensibel genug war,
ihn verletzt habe.
Leider ist das oft im Leben so.
Der andere geht mir aus dem Weg.
Meine Versöhnungsversuche schlägt er in den Wind.
Hart. Wir sind geschiedene Leute.
Es gibt keinen Weg zurück.
Wegen dieser Verhärtung singe ich so gerne
in der Vorweichnachtszeit
das Lied "Macht hoch die Tür, die Tor macht weit".
Ganz besonders hat es mir eine Strophe angetan:
"O, komm, mein Heiland Jesu Christ.
Meins Herzens Tür Dir offen ist.
Ach zieh mit deiner Gnade ein,
dein Freundlichkeit auch uns erschein.
Dein Heil'ger Geist uns führ' und leit'
den Weg zur ew'gen Seligkeit.
Dem Namen dein, o Herr,
sei ewig Preis und Ehr'."
Ja, Jesus, schließ meines Herzens Tür mir auf.
Finde nicht nur Herberge bei mir
wie damals in Bethlehem,
sondern finde Wohnung in mir.
Befreie mich von meinen Hartherzigkeiten
und schenke mir den Schlüssel
zu den Herzen meiner Mitmenschen.
Das wünsche ich auch Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser.
Schön, dass Jesus eine so ganz andere Schlüsselgewalt hat,
dass es ihm um die Pflege der Herzen geht
und nicht um die Gewalt über Menschen.
Schön, dass nach kurzem Warten
meine Frau um die Ecke gebogen kam.
Sie hatte mit den Buben nur kurz Milch
beim Bauern geholt.
Wir machten uns ein warmen Tee.
Ihnen weiterhin eine besinnliche Adventszeit:
Machen Sie es gut!
Ihr Pfarrer Markus Maiwald aus Meitingen
Bürgerreporter:in:Markus Christian Maiwald aus Augsburg |
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