Einsatz von Rückepferden im Nationalpark Eifel im Rahmen von Life+ "Wald, Wasser, Wildnis"
Pferdestärke bei Renaturierung von Bachtälern im Einsatz
Wahlerscheid, Oktober 2012. „Je !!“. Fleure setzt sich mit ihren knapp 900 Kilogramm Lebendgewicht in Bewegung und zieht eine zehn Meter lange Fichte samt Ästen den Hang hinauf zum Wegesrand. In einem schmalen Seitental des Wüstebaches in den Hochlagen des südlichen Nationalparks Eifel rückt im Rahmen des LIFE+ Projektes „Wald, Wasser, Wildnis“ bei einer Bachrenaturierung ein Pferd die Stämme. In Begleitung von Vertretern der Nationalparkverwaltung und des Projektpartners Biologische Station StädteRegion Aachen sowie des Leiters von Wald und Holz NRW machen sich Mitglieder des Fördervereins Nationalpark Eifel vor Ort ein Bild von dem Einsatz eines Rückepferdes.
Ein wesentliches Ziel des LIFE+ Projektes im Nationalpark Eifel ist die Renaturierung der Fließgewässer und ihrer umgebenden Lebensräume. So müssen unter anderem in vielen Bereichen des Nationalparks nicht heimische Fichten entfernt werden, um den natürlichen Begleitbaumarten eine Rückkehr zu ermöglichen und heimische Pflanzenarten zu schützen und zu fördern.
„Unser Ziel ist es, mit dieser Renaturierung die natürlichen Entwicklungsprozesse einzuleiten und zu begünstigen, um dann die Natur sich selbst zu überlassen“, so Nationalpark-Leiter Henning Walter.
Der Leiter des Nationalparkbezirkes Wahlerscheid, Elmar Falkenberg, zeigt auf die wenigen jungen Birken und Erlen, die in der Talaue im Schatten alter Fichten stehen: „Hier müssen wir den heranwachsenden Laubbäumen dringend Luft und Raum verschaffen damit sie überleben können.“ Die dort gefällten Fichten sind bis zu zehn Meter lang und somit an der Grenze des Leistbaren für die Brabanter Stute Fleure. Kaltblüter können bei Waldentwicklungsmaßnahmen in der Managementzone des Nationalparks nur hin und wieder eingesetzt werden, da nur in wenigen Waldbereichen die Bedingungen dafür gegeben sind, wie bei dieser Maßnahme.
Um die Gesundheit der Rückepferde zu schützen hat Wald und Holz NRW festgelegt, dass das zu ziehende Gewicht nicht mehr als die Hälfte des Körpergewichtes des Pferdes betragen darf. Bei dauerhaftem Einsatz nur 1/8 des Gewichtes. Zudem sind die Bedingungen vor Ort zu berücksichtigen. So darf beispielsweise die Neigung des Geländes 50 Prozent nicht überschreiten und die Distanz nicht zu lang sein.
„Sind diese Bedingungen zum Schutz der Pferde erfüllt, bietet sich der Einsatz eines Rückepferdes jedoch an“, unterstützt der Leiter von Wald und Holz NRW, Andreas Wiebe, das Vorgehen.
Auch an anderer Stelle ist der belgische Kaltblüter im Einsatz: Im Stoppelsief – einem weiteren Nebental des Wüstebaches. Dort wird Totholz zur Strukturanreicherung in das schmale Bachbett gelegt. Zu den Projektzielen gehören die Verbesserung der Gewässerstruktur und die Förderung einer natürlichen Gewässerdynamik. „Totholz ist hierbei ein wichtiges Element. Es fördert zudem die Lebensraumvielfalt und ist Nahrungsquelle für zahlreiche Gewässerorganismen“, erläutert die Projektleiterin des LIFE+ Projektes, Bettina Krebs von der Biologischen Station Städteregion Aachen.
Die bei diesen beiden Talrenaturierungen zu ziehenden Stämme stellen für den Vierbeiner kein Problem dar. Oft handelt es sich bei Maßnahmen in der Managementzone jedoch um stärkere Bäume. So beschränkt alleine das minimale Vorhandensein von Baumstämmen in geeignetem Durchmesser den Einsatz von Rückepferden auf ein Minimum: Nur etwa 60 Hektar der Managementzone, verteilt auf zirka 100 einzelne Flächen, weisen noch solche dünnen Stämme auf.
Aber auch wenn keine Pferde zum Herausholen der Stämme eingesetzt werden können und empfindliche Böden – vor allem in feuchten Talwiesen – den Einsatz schwerer Maschinen verbieten - arbeitet die Nationalparkverwaltung bodenschonend mit der so genannten Seilwindentechnik. Dabei bleibt die Maschine auf dem Weg stehen und zieht die an einem Seil befestigten Stämme bis zum Weg hinaus.
*Schwachholz= Brusthöhendurchmesser (Durchmesser des Baumes in 1,30 m Höhe) von nur 24,9 cm
Hintergrund:
Das LIFE+ Projekt ist eine Kooperation zwischen der Nationalparkverwaltung Eifel (Wald und Holz NRW) und der Biologischen Station StädteRegion Aachen unter Beteiligung des Bundesforstbetriebes Rhein-Weser als naturschutz- und forstfachliche Behörde der BImA, Bundesanstalt für Immobilienaufgaben. Insgesamt stehen rund 4,2 Millionen Euro für die Verbesserung von Wald- und Wasserlebensräumen zur Verfügung. Die Projektgebiete liegen nahezu vollständig im Nationalpark Eifel und sind Teil von Natura 2000, ein länderübergreifendes Netz von Naturschutzgebieten in der Europäischen Union. Dieses Schutzgebietsnetz soll seltenen Tier- und Pflanzenarten ausreichend Lebensraum bieten, ihr Überleben sicherstellen und natürliche Lebensräume für nachfolgende Generationen erhalten.
Der Einsatz von Rückepferden im Nationalpark Eifel ist im Bereich der Managementmaßnahmen möglich, wenn gewisse Bedingungen gegeben sind. Der Einsatz kann im Bereich der Waldentwicklungsmaßnahmen erfolgen, wenn beispielsweise Fichtenstämme zum Wegrand gezogen werden müssen. Da jedoch nur wenige Stämme mit einem geeigneten Durchmesser und Höhe vorhanden sind, ist der Einsatz von Rückepferden aus Gründen des Tierschutzes im Nationalpark Eifel nur begrenzt möglich.
Auch der zeitliche Rahmen spielt eine Rolle: Die Entwicklungsmaßnahmen dürfen aus Naturschutzgründen nur von September bis März stattfinden. Dies dient dem Schutz von heimischen Vögeln, die im Frühjahr und Sommer in den Bäumen brüten könnten. Noch fallen durch Maßnahmen zur Waldentwicklung bis zu 30.000 Kubikmeter Holz jährlich an, deren Aufarbeitung auf dieses kurze Zeitfenster beschränkt ist.
Bürgerreporter:in:Karl-Heinz Huber aus Langenfeld |
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