Über 20.000 Starter beim Hannover-Marathon 2016
So manch einer, der am Sonntag in der niedersächsischen Landeshauptstadt mit dem Auto unterwegs war, hat sich vielleicht gewundert, dass er nicht überall durchkam, dass viele Straßen gesperrt waren. Doch die meisten Hannoveraner wussten natürlich Bescheid, stand doch an diesem Tag ein Sportevent auf dem Programm, das sich Jahr für Jahr wiederholt: der Hannover-Marathon. Und bei welcher Sportart bräuchte man wohl mehr Platz als bei diesem langen Lauf. So zog sich dieser durch diverse Stadtteile. Beginnend am Friedrichswall vor dem Neuen Rathaus führte die Strecke am Maschsee entlang, durch Döhren bis nach Wülfel, und von dort die für die Läufer nicht enden wollende, schnurgerade Hildesheimer Straße entlang zum Aegi zurück. Weiter verlief die Strecke durch das Zooviertel in die List, durch Vahrenwald und die Nordstadt, bis sie schließlich an den Herrenhäuser Gärten vorbei zum Rathaus zurückführte.
Wer die Veranstaltung im NDR-Fernsehen live oder später als Aufzeichnung verfolgt hat, der hat sich sicher über die vielen eindrucksvollen Luftaufnahmen gefreut, aus denen man Hannover normalerweise nicht zu Gesicht bekommt. Ein Hubschrauber befand sich immer in der Nähe der Führenden des Hauptlaufes und hat die Stadt aus der Vogelperspektive gezeigt. Weit ging der Blick dabei über alle Stadtteile oder wurde von hoch oben auf den Maschsee, den Zoo oder die Herrenhäuser Gärten gerichtet. Diese Übersichtsaufnahmen haben sicher auch viele nicht Sportbegeisterte interessiert, und mancher hat vielleicht sogar sein Wohnhaus erkannt.
Doch natürlich ist es auch schön, die Bilder nicht nur am Fernsehschirm zu verfolgen, sondern das Flair eines solchen Highlights auch an der Strecke zu erleben. Auch wenn man die Läufer nur kurz an sich vorbeihuschen sieht, manchmal nicht mehr als einige Sekunden, so macht es doch trotzdem Spaß auf diese zu warten, vielleicht gerade mal ein einziges Foto schießen zu können und dann noch einmal einen Blick auf ihre Rückennummern zu erhaschen. Es sind eben nicht nur die Sportler, die man sehen möchte, sondern es geht einfach um die ganze Atmosphäre eines solchen Events.
Und man wundert sich dann dabei, wie schnell die Akteure auf den Beinen sind. Die Spitzensportler erreichen eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 18 km/h. So mancher Freizeitradler hätte da Probleme, mit seinem Bike zwei Stunden lang hinterherzukommen. Und man kann es ja selber mal probieren, vielleicht einen halben Kilometer in diesem Tempo mitzuhalten. Das dürfte für die meisten Menschen schon schwierig werden. Also haben die Akteure unsere volle Hochachtung. Aber natürlich und vielleicht erst recht die vielen Hobbysportler, die sich an diese 42 Kilometer gewagt haben, und die es einem Boten nachmachen wollten, der ein halbes Jahrtausend v. Chr. die Botschaft des Sieges der Athener bei Marathon über die Perser nach Athen überbringen wollte. Zwar hat er es geschafft, ist dann aber an Erschöpfung gestorben. Eine schöne Legende.
Doch die meisten der über 20.000 Läufer - was einen neuen Teilnehmerrekord darstellt – machen sich an die Halbmarathon-Strecke. Auch 21 Kilometer sind für viele Freizeitsportler eine echte Herausforderung. Und so staunt man vor dem Neuen Rathaus beim Start zu dieser Distanz, wenn sich 15.000 Läufer auf den Weg, oder besser gesagt auf den Lauf machen. Ein nicht enden wollender Strom von Leibern trabt an einem dichtgedrängt vorbei, nicht selten den Vordermann auf die Hacken tretend. Doch noch viel mehr zieht sich dieser Wurm in die Länge, wenn sich die Kilometerzahl erhöht. Dann trennt sich die Spreu von Weizen.
Und alle sind sie dabei. Von Jung bis Alt, ob weiblich oder männlich, von leicht- bis übergewichtig, ob auf Inlinern oder auf Sohlen. Es gibt bei den unterschiedlichen Wettbewerben keine Einschränkungen. Und wo und bei welcher Sportart kann man das sonst irgendwo haben, dass Profis, gut Trainierte und Freizeittraber an einem einzigen Lauf teilnehmen können. Höchstleistungen erzielen, Adrenalin schnuppern, die eigenen Grenzen ausloten, den inneren Schweinehund überwinden oder einfach nur Spaß haben. Für jeden ist das Passende dabei.
Ach ja, und dann gibt es da natürlich auch noch die Sieger, die nicht unerwähnt bleiben sollen, die für den durchschnittlichen Zuschauer allerdings eher Nebensache sind. Seinen dritten Sieg in Hannover konnte der Südafrikaner Lusapho April in einer Zeit von zwei Stunden, 11 Minuten und 27 Sekunden verbuchen, knapp drei Minuten über seinem Streckenrekord. Zwar keine Spitzenzeit, aber doch ganz ordentlich. Damit strich er nicht nur die Ehre, sondern auch ein ordentliches Preisgeld ein. Gefolgt wurde er von den üblichen Verdächtigen, den Kenianern, die zurzeit allerdings mit Dopingskandalen zu kämpfen haben. Der erste Weiße ließ eine Weile auf sich warten.
Bei den Frauen gewann die Kenianerin Edinah Kwambei in knapp zweieinhalb Stunden vor der Deutschen Anna Hahner, die eine Minute später ins Ziel kam und ein prächtiges Rennen ablieferte. Ihre Zwillingsschwester Lisa hatte die Olympianorm bereits erfüllt. Doch nun ist es wahrscheinlich, dass beide nach Rio fahren werden.
Als Lisa am Ende ihrer Kraft als sechste ins Ziel kam, fielen sich die beiden Schwestern überglücklich um den Hals. Die Freudentränen liefen. Ein wunderbares Bild. Kurz darauf ein Schock. Lisa sackte zusammen und musste von Sanitätern abtransportiert werden. Es war, wie es sich dann herausstellte, eine Kreislaufschwäche, die nach einer solchen Tortur nicht selten vorkommen soll. Doch inzwischen geht es ihr wieder gut.
An diesem schönen Tag, bei dem auch das Wetter nicht passender hätte sein können, sah man viele strahlende Gesichter. Bei den Veranstaltern, die mit dem Wettbewerb rundherum zufrieden sein konnten. Bei den begeisterten Zuschauern und erst Recht bei den meisten Akteuren. Es hat wohl allen, wenn auch bei manchem mit Quälerei, viel Spaß gemacht.
Bürgerreporter:in:Kurt Wolter aus Hannover-Bemerode-Kirchrode-Wülferode |
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