Fotorecht: Wenn der Chef Bilder seiner Mitarbeiter veröffentlicht

Fortsetzung der Serie Fotorecht
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Das Arbeitsrecht ist für mich als Hobby-Fotograf eine eher fernliegende Materie. Gut, zwar zähle ich mich auch zu der Gruppe der Werktätigen; aber das nur gezwungener Maßen. Die „6 Richtigen“ im Lotto haben sich bislang einfach nicht einstellen wollen und ein bis dato unbekannter, aber umso vermögender Erbonkel, der in den letzten Zügen liegt, hat sich ebenfalls noch nicht gemeldet. Also heißt es wohl oder übel: arbeiten! Trotzdem möchte ich weder mit einem Gewerkschaftssekretär noch mit einem Arbeitsrichter tauschen und seine Arbeit machen. Gleichwohl: manchmal muss sich der in arbeitsrechtlichen Fragen bewanderte Jurist zwischen Kündigungen und Abmahnungen auch mit Fragen beschäftigen, die dem Begriff des „Fotorechtes“ zugeordnet werden können. So tauchte Ende des Jahres 2014 das Bundesarbeitsgericht (BAG) in die Tiefen des Kunsturheberrechtes ein (Az.: 8 AZR 1010/13).

Aus früheren Beiträgen der Serie Fotorecht ist ja bekannt, die §§ 22 und 23 Kunsturhebergesetz regeln, wann Abbildungen von Menschen veröffentlicht werden dürfen. In der von den obersten Bundesrichtern in Erfurt zu entscheidenden Rechtsfrage ging es zwar nicht um Fotografien, sondern um Videoaufnahmen. Doch rechtlich gesehen macht das keinen Unterschied. Der Arbeitgeber hatte einen Werbefilm veröffentlicht. In einer kurzen Filmsequenz war dabei auch der spätere Kläger als Fahrer eines Pkws kurz zu erkennen, in einer weiteren Szene war der Kläger auf einem Gruppenbild mit 29 weiteren Kollegen zu sehen. Der Kläger hatte sich ursprünglich mit den Aufnahmen und der Veröffentlichung der Bilder einverstanden erklärt. Dann aber schied er aus dem Unternehmen aus; jetzt wollte er auf keinen Fall mehr mit seinem Gesicht für den Betrieb stehen.

Das Urteil des BAG vom 11. Dezember 2014 ist schon deshalb lesenswert, weil hier schulmäßig alle vom Gesetz vorgegebenen Punkte durchgeprüft, zumindest angesprochen werden. Erst einmal wird festgestellt, dass sich ein Anspruch auf Unterlassung einer weiteren Veröffentlichung von Bildnissen eines Arbeitnehmers (hier eine vom Arbeitgeber im Internet veröffentlichte Videoaufnahme) aus §§ 1004 Abs. 1 S 2, 823 Abs. 1, Abs.2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KunstUrhG und Art 1 Abs. 1, Art 2 Abs. 1 GG ergeben kann. Das sind dieselben Anspruchsgrundlagen, mit denen auch wir von einem Anwalt konfrontiert werden können, wenn wir Bilder mit Personen etwa auf myheimat veröffentlichen und unsere „Models“ damit nicht einverstanden sind. Die Arbeitsrichter handeln dann in ihrem Urteil das abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KunstUrhG gut verständlich und nachvollziehbar in einzelnen Schritten ab.

Im Ergebnis hat der frühere Angestellte die Klage verloren. Denn das Gericht hielt den Kläger an seinem erklärten Einverständnis zu den Aufnahmen und deren Verwendung fest. Auf mangelnde Sprachkenntnisse konnte sich dabei der Kläger in Ansehung des auf Deutsch abgeschlossenen Arbeitsvertrages nicht berufen; die Richter urteilten, er habe insoweit das Sprachrisiko übernommen. Und mit seiner Entlassung aus dem Arbeitsverhältnis ist auch die Zustimmung nicht wirkungslos geworden. Das Urteil: „Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht weiter erkannt, dass jedenfalls dann, wenn das Bild oder der Film reinen Illustrationszwecken dient und keinen auf die individuelle Person des Arbeitnehmers Bezug nehmenden Inhalt transportiert, das Einverständnis des Arbeitnehmers nicht automatisch im Zuge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses endet, sondern vielmehr der Arbeitnehmer ausdrücklich Solches erklären muss.“ Eine derartige Erklärung hat der Kläger zwar auch abgeben, doch das Gericht ließ den Widerruf der ursprünglichen Zustimmung nicht geltend. „So wenig wie Arbeitnehmer, hier also der Kläger, aufgrund einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht gehalten sind, der Verwendung und Herstellung ihrer Abbildung während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses zuzustimmen, so wenig können sie ihre einmal wirksam erteilte Einwilligung allein aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses widerrufen“, heißt es in der Entscheidung weiter. Die Interessen des Arbeitgebers (der schließlich die teure Filmproduktion bezahlt hat) und die Interessen des Arbeitnehmers seien gegeneinander abzuwägen. Das Gericht: „Im Ergebnis der in solchen Fällen vorzunehmenden Gesamtabwägung ist ... zu verlangen, dass der widerrufende Arbeitnehmer einen Grund im Sinne einer Erklärung angibt, warum er nunmehr, anders als bei der Jahre zurückliegenden Erteilung der Einwilligung, sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung gegenläufig ausüben will“ .Doch plausiblen Gründe hatte der Kläger in seinem Widerruf nicht genannt. Wie heißt es dann in der Entscheidung: „Es fällt zudem auf, dass die Zustimmung zur Veröffentlichung Ende 2008 erteilt wurde, der Widerruf jedoch erst knapp drei Jahre später und zudem erst zehn Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgte. Das Landesarbeitsgericht hat daher im Ergebnis zutreffend erkannt, dass die erforderliche Einwilligung vom Kläger wirksam erteilt und nicht wirksam widerrufen wurde.“

Diese grundlegenden Ansichten hat das BAG dann auch noch Anfang dieses Jahres in einem weiteren Urteil vom 19. Februar 2015 - 8 AZR 1011/13 - bestätigt. Der Kläger dieses Verfahrens hatte schon 2008 erklärte - wie 25 weitere Arbeitnehmer der Beklagten - durch Unterschrift auf einer Namensliste, dass Filmaufnahmen von seiner Person zur freien Nutzung im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Beklagten „verwendet und ausgestrahlt werden dürfen“. Auf dieser Grundlage ließ die Beklagte 2008 einen Werbefilm fertigen, in welchem ihr Unternehmen dargestellt wurde. Der Kläger ist in zwei kurzen Sequenzen von jeweils zwei bis drei Sekunden zu sehen, nämlich einmal an einem Schaltschrank stehend und zum anderen auf einem Stuhl sitzend. In der Folgezeit konnte das Video im Rahmen eines Internetauftritts der Beklagten angesehen werden. Nachdem der Kläger ebenfalls seine Arbeitsstelle verlassen hatte, wollte auch er nicht mehr für den früheren Arbeitgeber werben. Vielleicht schon in Kenntnis des eben zitierten Urteils ließ er sich etwas Neues einfallen. Dieser Kläger vertrat die Ansicht, seine Zustimmung zu den Filmaufnahmen sei nach den einschlägigen Datenschutzgesetzen nicht wirksam erteilt worden. Die Aufnahmen von ihm stellten eine Erhebung personenbezogener Daten im Sinne des § 3 Bundesdatenschutzgesetz dar. Doch da winkten die Richter ab. Die Sache sei nicht nach Datenschutzrecht zu beurteilen. Einschlägig sei vielmehr das schon zitierte Kunsturhebergesetz (KUG). Dessen Vorschriften stellten aber für die Einwilligung keine Formerfordernisse auf. Das Urteil: „ Nach dem KUG kann daher grundsätzlich die Einwilligung auch formlos oder konkludent geschehen.“

Wer sich weiter für das Thema Fotorecht interessiert: Unter folgenden Link gibt es eine Übersicht zu meinen bisherigen Beiträgen:

http://www.myheimat.de/hannover-doehren-wuelfel-mi...

Bürgerreporter:in:

Jens Schade aus Hannover-Döhren-Wülfel-Mittelfeld

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