Denkmalschutz
Das älteste Bauernhaus Hannovers verfällt immer mehr – und das älteste Fachwerkhaus befindet sich in einem schlechten Zustand

Über 400 Jahre alt ist dieser Zweiständerbau und damit das älteste Bauernhaus Hannovers.
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Der Mensch braucht ein Dach über dem Kopf

Ein Dach überm Kopf, das ist es, was der Mensch, nachdem er das Nomadenleben aufgegeben hat, zum Leben braucht. Wie es beschaffen sein muss, dass hängt von der geografischen Lage, vom Umfeld und von der Nutzbarkeit ab. So können es Wohnhöhlen sein, Zelte, Hütten oder, wie heute, feste Bauwerke. Manchmal sind sie in unserer Zeit sehr kurzlebig. Nicht selten werden Gebäude, da sie den räumlichen oder ökologischen Ansprüchen nicht mehr genügen, schon nach Jahrzehnten wieder abgerissen. Aus Klimaschutzgründen mag es oft sinnvoll und notwendig sein. Aber diese Vorgehensweise verbraucht andererseits auch enorme Ressourcen.

Aber dann gibt es noch Wohnhäuser, die überdauern lange Zeiten, oft Jahrhunderte. Manche gehen sogar auf das Mittelalter zurück. In manchen Altstädten, zum Beispiel in Quedlinburg, kann man diese alten Wohnhäuser finden. So den Höllenhof, der schon vor 800 Jahren urkundlich erwähnt wurde. Und solche Gebäude werden vermutlich noch Ewigkeiten stehen.

Nur halb so alt sind die Wohngebäude, um die es in diesem Bericht geht. Dabei handelt es sich um ein Bauernhaus des Köritzhofs in dem einstigen Dorf Groß Buchholz, das längst im Häusermeer der Großstadt aufgegangen ist und dem ältesten Fachwerkhaus Hannovers, das sich in der Altstadt befindet. Beides sind eigentlich besonders schützenswerte Gebäude. Aber die Wirklichkeit sieht leider anders aus, obwohl sie unter Denkmalschutz stehen.

Der Köritzhof

Das ursprüngliche Bauernhaus des Köritzhofs, zu dem sechs Morgen Land gehörten, wurde im Stil eines Zweiständerbaus als Hallenhaus zurzeit des Dreißigjährigen Krieges im Jahr 1619 errichtet. So steht es in dem Balken über dem Eingangstor. Zusätzlich sind dort die Worte geschrieben: Godt der Here bewahre dieses Haus auch alles was da geidt in und aus. De Segen des Hern machet reich ohne Mühe. Anno 1619 den 12. Marti.

Leider hat Gott der Herr das Haus, nachdem es sogar den Dreißigjährigen Krieg überstanden hat und der Legende nach darin Söldner Tillys einquartiert waren, wohl irgendwann aus den Augen verloren. Denn seit den Achtzigerjahren wird es nicht mehr genutzt, und er bewahrt es nicht mehr. Es verfällt zusehends. Das ist sehr traurig, und der Erbauer Köritz, der aus dem Brandenburgischen eingewandert war, hätte es vermutlich nicht gutgeheißen. Immerhin gab es Hoffnung. Nach einer Zwangsversteigerung wollte nun der neue Eigentümer, der für das Haus mit seinem Anbau und einem Nebengebäude, die vermutlich aus dem 19. Jahrhundert stammen, 455.000 Euro bezahlt hat, die Sanierung angehen. Aber das war alles andere als einfach. Nach neuestem Stand vermutet der Besitzer, dass Sanierung und Umbau in ein Seniorenheim rund drei Millionen Euro kosten werden, hatte sich doch bei den ersten Sanierungsarbeiten gezeigt, dass die Bausubstanz stärker in Mitleidenschaft gezogen ist als zuvor angenommen. Und dem Eigentümer ist es nicht möglich, trotz eventueller Unterstützung, diese große Summe aufzubringen. So ist alles in der Schwebe, und der Köritzhof verfällt immer mehr.

Es wäre äußerst schade, wenn dieses 400 Jahre alte Gebäude nicht erhalten bleiben kann. Mit ihm würde ein Stück Geschichte verloren gehen. Nicht nur für Groß Buchholz, sondern für ganz Hannover. Deshalb müssen, egal wie, alle Anstrengungen unternommen werden, dieses ganz besondere Baudenkmal zu retten.

Das älteste Fachwerkhaus der Stadt

Im Zweiten Weltkrieg wurde Hannovers Innenstadt zu über 95 Prozent zerstört. Kaum etwas der Bausubstanz der alten Häuser ist unbeschädigt und erhalten geblieben. Immerhin konnte der Kern des alten Hannovers wieder aufgebaut werden, so dass man den Eindruck einer spätmittelalterlichen Stadt bekommt. Die ältesten Häuser stehen in der Burgstraße, die sich zwischen dem Historischen Museum und dem Ballhofplatz parallel zur Leine entlangzieht. Und dort mit der Hausnummer 12 steht es, das älteste erhaltene Fachwerkhaus der Stadt. Es wurde, wie durch ein Wunder, im Krieg nicht zerstört, während die umgebenen Häuser den Bomben zum Opfer fielen. In der Bildserie zeigt es ein Foto der zerstörten Stadt.

Im Jahr 1566 wurde dieses besondere Fachwerkhaus gebaut, während das Hinterhaus sogar noch zwei Jahre älter ist. Es handelt sich dabei um ein viergeschossiges Traufenhaus. Das bedeutet, dass der Giebel parallel zur Straße ausgerichtet ist. Der hervorstehende Erker wurde allerdings später angebaut. Die Fassade mit den vielen Fenstern ist reichlich mit Halbrosetten verziert. Ein schöner Anblick. In früheren Zeiten konnten sich allerdings nur reiche Leute Fensterscheiben aus Glas leisten. Normalerweise wurden diese im Winter mit Tüchern verhängt oder mit Brettern versehen. Deswegen war es im Haus immer dunkel, und kalt sowieso. Geheizt wurde mit Holz oder Torf aus dem Altwarmbüchener Moor. Eine Toilette gab es im Haus nicht. Manche Häuser hatten auf der Straße einen Abort. Aber in der Regel mussten die Menschen aus dem Haus gehen, um diesem Bedürfnis an öffentlichen Toiletten nachzukommen. Für die Nacht gab es natürlich den Nachttopf, der am Morgen aus dem Fenster gekippt wurde. Dementsprechend unsauber war es in den Straßen. Für uns, die wir heute in einer hygienischen Welt leben, ist das nur schwer vorstellbar. Deswegen breiteten sich auch Krankheiten leicht aus. Es war also ein Leben, wie wir es heute nicht mehr haben möchten.

Haben möchten wir allerdings auch nicht, dass die Bausubstanz dieser alten Häuser, die nicht selten Jahrhunderte überdauert haben, leidet. Wir möchten sie so lange wie möglich für spätere Generationen erhalten. Und das ist bei diesem ältesten Haus der Stadt leider nicht der Fall. Auf den ersten Blick freut man sich über die eindrucksvoll verzierte Fassade. Wenn man aber genauer hinschaut, dann sieht man, wie sich überall die Farbe löst, wie sie abblättert, während die anderen Altstadthäuser noch in einem guten Zustand sind. Gerade aber dieses Vorzeigehaus sollte einen guten Eindruck machen. Auch deswegen, weil es am „Roten Faden“ liegt und die Touristen davor stehen bleiben, um es ausgiebig zu betrachten. Vielleicht könnte man sich da mit dem Besitzer und einem Zuschuss der Stadt auf eine Fassadenrenovierung einigen. Es wäre eine Werbung für Hannover.

Bürgerreporter:in:

Kurt Wolter aus Hannover-Bemerode-Kirchrode-Wülferode

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