Mit dem Kanu über die Warnow

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Von Grebbin in der Nähe von Schwerin schlängelt sich das Flüsschen Warnow bis nach Rostock-Warnemünde, wo es in die Ostsee mündet. Über 150 Kilometer fließt die Warnow durch Wiesen, Wälder, Städtchen und unter Naturschutz stehende Durchbruchstäler. Befahren kann man die Warnow zum Beispiel mit Kajaks und Kanadiern. Wer sich rund eine Woche Zeit nimmt, kann den Fluss auf seinem Weg zum Meer begleiten. Durch den Service der örtlichen Kanuverleiher kann man sich aber auch auf die schönsten Abschnitte konzentrieren. Weite Teil des Ufers stehen unter Naturschutz und bieten echte Idylle. Wenn die einzigen Geräusche die Stimmen der Vögel und das Eintauchen des Paddels ins Wasser sind, kann man die Natur genießen und abschalten vom Alltag.

Oft beginnen Reisen auf der Warnow in Rostock. Von dort holen die örtlichen Kanu-Reiseveranstalter ihre Kunden ab und bringen sie zusammen mit den Booten an den Oberlauf der Warnow. An einer Straßenbrücke bei Kladow setzt man die Boote ins Wasser und beginnt die Tour nach einer Einweisung durch den Vermieter der Boote. Der Fluss ähnelt in diesem Bereich eher einem kleinen Bach. Sanfte Strömung und malerische Natur an den Ufern sind eine gute Einstimmung in den Kanuurlaub. Bei einer Warnow-Fahrt geht es nicht um Wildwasser, sondern um das Genießen der Langsamkeit im Einklang mit der Natur. Am Boden der Warnow lebt unter anderem die seltene Bachmuschel. Sie ist heimisch im kiesigen Gewässergrund und nicht nur durch Landwirtschaft und Abwässer bedroht, sondern auch durch unvorsichtige Urlauber. Aufsetzender Kanus und das Abstoßen mit den Paddeln im Boden würden den Lebensraus der Muscheln zerstören. Deshalb haben viele Vermieter sich einer freiwilligen Vereinbarung angeschlossen und verzichten bei einem Wasserstand unter 30 Zentimeter auf die Vermietung an betroffenen Flussabschnitten. Für Urlauber werden Transfers und Alternativstrecken angeboten.

Bis zum Gut Vorbeck sind es in gemächlichem Tempo rund zwei Stunden. Ganz nach Wunsch und Budget kann man hier sein Zelt aufschlagen, in einer einfachen Holzhütte wohnen oder ins gemütliche Hotel einchecken. Wer mag nutzt die Pause um die Beine auszustrecken, einen Ausritt durch die Natur zu machen oder eine Runde Golf auf dem futuristischen Golfplatz zu spielen. Dieser eignet sich nur für Golfer mit Spielerfahrung. Gerade am ersten Tag sollten ungeübte Kanufahrer ihre Kräfte nicht überschätzen und sich keine zu große Etappe vornehmen. Vom Vermieter mit einer Übersichtskarte ausgestattet geht es weiter die Warnow hinab. Ein besonders schöner Abschnitt führt durch das mittlere Warnowtal. Hier sind die von der letzten Eiszeit auf 30 Meter aufgetürmten Erdmassen von Flüssen durchschnitten. Die eiszeitliche Landschaft ist für Kanuten deutlich anspruchsvoller, aber dennoch auch für Anfänger gut befahrbar. Schon vor der Reise sollte man sich Gedanken machen, ob man lieber im wendigen, geschlossenen Kajak paddeln möchte oder im gemächlicheren, offenen Kanadier. Gerade bei mehrtägigen Reisen empfiehlt sich eine kurze Probetour bei heimischen Bootsvermietern. Gemeinsam haben beide Bauformen, dass die Boote leicht zu steuern sind und trotz wackeliger Momente gerade beim Ein- und Aussteigen relativ kippsicher sind. Wertsachen, Wechselwäsche und Elektrogeräte kann man in wasserdichte Behälter verstauen und muss sich dann um diese keine Gedanken mehr machen. Interessante Auflockerungen der Kanutour bieten seltene natürliche und künstliche Hindernisse. Mal muss das Boot aus dem Wasser und wenige Meter über Land an einem Wehr vorbei getragen werden. Mal ist ein umgestürzter Baum im Wasser zu umschiffen. Umtragen, Klettern oder Ducken fragt man sich dann und freut sich nach bewältigter Herausforderung über das Erlebnis.

Am Rand der Strecke liegt in Alt Nechelen die Naturschutzstation „Haus Biber & Co.“. Hier erfahren die Besucher, wie sich das Zusammenleben mit den rund 800 in Mecklenburg-Vorpommern heimischen Bibern gestaltet. Die bis zu 1,4 Meter langen Nagetiere leben am Rand von Seen und Flüssen. Bäume und Sträucher an den Ufern gehören nicht nur zu ihrer Nahrung, sondern helfen den Bibern auch die Landschaft umzugestalten. Bei niedrigem oder wechselhaftem Wasserstand stauen die Biber Flüsse durch Dämme, um dafür zu sorgen, dass die Eingänge zu ihren Biberburgen stets unter Wasser bleiben. Haus Biber bringt den Gästen das Leben der Biber näher und erklärt, wie Mensch und Tier auch in einer Kulturlandschaft zusammenleben können. Wer Zeit hat kann eine Weile auf der Terrasse des Gutshauses Alt Nechelen verweilen. Bei Kaffee und Kuchen lauscht man dem Chor der Vögel. Wer Zeit hat macht eine Wanderung über knackende Äste, genießt den Geruch des Waldes und entdeckt Biber, Eisvögel und Mehlschwalben. Übernachten kann man mit dem Zelt oder in den Ferienwohnungen des Gutshauses. Gerade in der Hauptreisezeit sollte man vor Reisebeginn überlegen welche Etappen man sich zutraut und wo man übernachten möchte. Das Zelten in der freien Natur ist nur auf den dafür ausgewiesenen Plätzen gestattet. Ferienwohnungen und Unterkünfte entlang der Strecke verfügen über begrenzte Kapazität und sollten daher im Vorfeld reserviert werden.

Mit einem kleinen Abstecher in die Mildenitz erreicht man den Sternberger See. In diesem Naturpark gibt es 511 Kilometer Wander- und 627 Kilometer Radwege. Das lädt ein das Boot gut festzumachen und auf Entdeckungstour durch die reizvolle Landschaft zu gehen. Die Kulturlandschaft mit Weiden, Ackerbau und Waldflächen ist abwechslungsreich und sehenswert. Wer möchte kann am Sternberger See Fischer Jörg Rettig begleiten oder seine fangfrischen Fische auf der Terrasse der Fischerhütte genießen. Das Ufer des Sees ist gesäumt von Wochenendhäusern, Bootshäusern und einem breiten Schilfgürtel. Vom See aus führt der Weg über die Mildenitz wieder auf die Warnow. Der Fluss verändert auf dem Weg zum Meer sein Erscheinungsbild und wird immer breiter. Direkt am Ufer liegt das Naturdorf Eickhof mit Wasserwanderrastplatz, Heuhotel und Lagerfeuerplätzen. Auf diesem Stück zeigt die Warnow ihre wilde Seite. Ein ganzes Stück entfernt liegt das neue Familienhotel von Jörg Klingohr. In diesem können Kinder und Erwachsene bei der Landwirtschaft helfen, Tiere erleben und in der Hoftischlerei mitmachen. Wer genug gerudert ist, kann überlegen, seine Kanutour mit einigen Tagen im Golchener Hof abzuschließen. Hausherr Klingohr hat sich in weiten Teilen des Landes mit der von ihn entwickelten Comedy-Figur Bauer Korl einen Namen gemacht und gibt diese in der hoteleigenen Festscheune zum Besten.

Für alle anderen geht die Kanutour über Baumgarten und Rühn weiter nach Norden. Das im 13. Jahrhundert errichtete Kloster Rühn wird heute von einem Klosterverein betreut. Der kümmert sich um die Restaurierung des Kleinods und bringt mit Klosterfesten und Märkten neues Leben in die alten Mauern. Im Oktober lädt das Kloster Rühn zum Beispiel ein zum Apfelfest mit abendlicher Lichtinszenierung. Neben einer Klosterschenke gibt es eine Biomanufaktur sowie eine eigene Öl- und Senfproduktion auf dem Gelände. Sehenswert ist auch die backsteingotische Klosterkirche. Einige Flusskilometer entfernt liegt das Städtchen Schwaan. Über den Nebenfluss Beke erreicht man nach kurzer Zeit die historische Wassermühle. In der kann man heute eine Ausstellung von Bildern der Künstler der Schwaaner Künstlerkolonie sehen. Im mehrgeschossigen Fachwerkbau werden Werke von Franz Bunke, Otto Bartels und Alfred Heinsohn gezeigt. Bis Ende September zeigt eine Sonderausstellung Werke zum Thema „Gerhard Hauptmann und seine Insel Hiddensee“. Die Originalschauplätze, an denen die Schwaaner Künstler gemalt haben, kann man bei zwei Rundgängen besuchen. Jeder Rundweg ist ca. zwei Kilometer lang und gut zu finden. Schwaan liegt am Radweg Berlin-Kopenhagen und wird daher auch von vielen Fahrradfahren besucht. Der Fluss Warnow ist an dieser Stelle bereits 33 Meter breit und rund drei Meter tief. Daher haben auf diesem Flußabschnitt neben den Kanus auch Motorboote und Ausflugsschiffe Platz. Von Schwaan aus schlängelt sich die Warnow über 21 Kilometer weiter durch das untere Warnowland. Endpunkt der Reise ist der Hafen Mühlendamm in der Nähe der Rostocker Innenstadt. Dort gibt man die Kanus zurück an den Verleiher und macht sich auf den Weg in die Stadt. Die Mietpreise der Kanus sind überschaubar. Bei Mehrtagesreisen kostet der Kanadier mit zwei oder drei Plätzen 25 Euro pro Tag. Hinzu kommen Transfers und ggf. Übernachtungen und Verpflegung. Wer der Warnow auch auf den letzten Kilometern bis zum Meer folgen möchte, muss umsteigen auf ein motorisiertes Boot. Vom Stadthafen aus bieten mehrere Redereien Touren zur Mündung nach Warnemünde und zurück an. Vorbei an Kreuzfahrtschiffen, Werften und schließlich am Strand erlebt man dann, wie die zunächst kleine Warnow Teil des undendlichen Meeres wird.

Bürgerreporter:in:

Christian Kolb aus Essen

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