Digitale Fahrtanzeiger: Fluch oder Segen?
Die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln kann in Essen zum Abenteuer werden. Das liegt nicht nur an maroden Straßen, Staus und hohem Fahrgastaufkommen, sondern auch an den erst vor rund vier Jahren mit einem Investitionsaufwand - nach Angaben der EVAG - von rund 1.500.000 Euro von der EVAG angeschafften elektronischen Fahrgastinformationstafeln. Diese sorgen für Überraschungen und verwirren nicht nur ortsunkundige Reisende. Der Kundenservice der EVAG zeigt sich nicht besonders kundenfreundlich. Die Informationstafeln seien nur als Zusatzinfo gedacht. Wer sich auf die verlässt, ist im Einzelfall verlassen und wartet mit knirschenden Zähnen auf den nächsten Bus.
„Rüstet der Fahrer … das Fahrzeug auf, kann es … dauern, bis der Kurs in der Anzeige erscheint…“, so die kryptische Erklärung der EVAG warum ein auf die Minute pünktlicher Bus am Bahnhof in Essen-Steele in keiner Weise auf den dort angebrachten elektronischen Anzeigen erschien. Maßgeblich sei der Aushangfahrplan, deshalb könne man trotz Bedauern der entstandenen Umstände keiner Kulanzregelung zur Erstattung des Fahrpreises für den durch die unvollständige Anzeige verpassten Bus stattgeben.
Zwischenzeitlich erreichten die Redaktion Berichte über Probleme auch an anderen Haltestellen. So gelang es dem System einen real nicht existierenden Bus „zu erschaffen“. Linie 184 wurde am Steeler Marktplatz gleich zweimal angezeigt – einmal in drei Minuten und einmal in vier Minuten. Wenig später korrigierte sich das System und informierte über die zeitgleiche Ankunft von zwei verschiedenen Bussen der Linie 184 in drei Minuten. Die Wirklichkeit holte System und Fahrgäste ein, wie auf dem Aushangfahrplan kenntlich, kam nur ein Bus.
Über einen Monat Zeit ließ sich die EVAG anschließend, bis sie nach mehreren Erinnerungen die Rückfragen zur Sache beantwortete. Obwohl die Fragen deutlich als Presseanfrage gekennzeichnet waren, erfolgte die Antwort nach vier Wochen per Briefpost – und mit dem expliziten Hinweis, dass der Verfasser mit einer Veröffentlichung nicht einverstanden ist. Erst Tage später antwortete der stellvertretende Pressesprecher der EVAG auf unsere überraschte Rückfrage. "08/2009-2010" schrieb Olaf Frei und empfahl, weitere Informationen zum Umbauzeitpunkt bei Wikipedia oder Zughalt.de nachzulesen. Bei Wikipedia heißt es: "Der Verkehrsplatz wurde von Anfang 2009 bis August 2010 in seinem bisherigen Umfang funktional neugebaut. Am 28. August 2010 ging er wieder in Betrieb." Zughalt berichtet über eine Eröffnungsveranstaltung am 3. November ohne weitere Informationen zum Umbauzeitraum zu liefern. Zudem entschuldigte sich Olaf Frei im Namen der EVAG für ein internes Abstimmungsproblem und berichtete: „In Essen sind oberirdisch rund 60 Dynamische Fahrgastinformations-Systeme, kurz DFI, verbaut. Pro Haltepunkt = mind. 2 Steige = 2 DFI, beläuft sich der Aufwand für Straßenbau, Verlegung Strom/Datenversorgung, H-Stellenrechner vor Ort, Installation Monitor, Hardware etc auf ca. 50.000 – 60.000 Euro. Diese Systeme werden vom VRR mit einer Förderquote von ca. 85-90 % gefördert.“
Nicht zur Veröffentlichung freigegeben wurden Informationen, ob die Systeme möglicherweise in Zukunft ausgetauscht werden sollen. Bereits im Juli 2012 berichtete „derwesten.de“, dass für die Bereiche Duisburg, Essen und Mülheim mit einem Aufwand von 37,5 Millionen Euro eine neue Verkehrsleittechnik namens ITCS gekauft werden soll. Offen bleibt auch, ob das in der Vergangenheit von der EVAG verausgabte Geld an anderer Stelle nicht deutlich besser eingesetzt gewesen wäre. Die Preiserhöhung des VRR zum 1. Januar 2014 liegt bei durchschnittlich 3,3%. „Einen Beitrag zur Konsolidierung der kommunalen Haushalte zu leisten und das System Nahverkehr qualitativ attraktiv sicherzustellen, kann realistischerweise nur über eine Erhöhung der Markteinnahmen erfolgen“, so VRR-Vorstand Dr. Klaus Vorgang.
Bürgerreporter:in:Christian Kolb aus Essen |
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