Jahreswechsel
2022

Keks
35Bilder

Willkommen im letzten Tagebuch des Jahres 2022.
Ich hoffe, Sie hatten alle schöne Weihnachten und ein paar erholsame Tage und sind ähnlich gespannt wie ich auf das neue Jahr.

Das Jahr 2022  hat uns alle immer wieder auf die Probe gestellt.
Es hat uns gefordert und manchmal auch zur Verzweiflung gebracht, sehr oft hat es uns aber auch ein Lächeln aufs Gesicht gezaubert und uns hier im Tierheim hat es einen Neuanfang gebracht.
Oft haben Sie Menschen Bedenken, wenn es um Neues geht. Ich glaube, dass das daran liegt, dass Sie einfach etwas verlernt haben auch Ihren Instinkt zu hören. Das wird mir nie passieren. Ich vertraue meinem angeborenen Instinkt oder wie sie es manchmal nennen, Bauchgefühl, komplett. Natürlich wird das in meinem Fall auch davon beeinflusst, wer denn vor mir steht oder welcher Mensch hinten an meiner Leine hängt. Ich habe an und dann gehört, dass ich ein gefährlicher Hund sein soll, weil ich so groß bin und einen Maulkorb trage, wenn ich vor die Tür gehe. Nun ja, also ich weiß ja nicht, ob mein Umfang und meine Größe etwas damit zu tun haben, aber ich kann dieses leichte Vorurteil schon verstehen. Ich bin kein Schoßhund und ich bin kein sogenannter Anfängerhund - aber das ist meine Rasse generell nicht. Viele Dinge, die mit uns Hunden zu tun haben und dabei spielt weder Größe noch Rasse oder Alter eine Rolle, kann nicht so einfach beurteilt werden, wenn man die Hintergründe nicht kennt. Im Vorbeilaufen kann ich viel beurteilen oder verurteilen, aber wenn ich mich damit beschäftige, dann stelle ich fest, dass es nicht richtig war. 
Ich trage Maulkorb um natürlich andere zu schützen, aber auch und vor allem um mir dumme Situationen zu ersparen. Es geht nicht immer nur darum den Menschen zu sichern, ab und dann geht es beim Maulkorb auch darum Hunden wie mir, die ein  Problem damit haben, Menschen zu 100% zuzugestehen, dass sie alles im Griff haben, das Leben zu erleichtern. Nicht, dass ich gerade meine Patenmama nicht über alles liebe, aber genau da liegt dann mein Problem - ich reagiere mit dem Gedanken zu schützen was mir lieb und teuer ist. 
Aber das wollte ich ja an sich gar nicht sagen....woran liegt das nur, dass wenn man anfängt einen Eintrag zu schreiben, man so unendlich leicht vom Thema abkommt. 

Also, das Jahr 2022 hat uns hier im Tierheim einen Neuanfang gebracht. Viele Menschen wissen noch nicht, was sie damit anfangen sollen, ich weiß es dafür schon ganz genau: ich vertraue unseren Menschen hier, die immer alles für uns tun und weiß, dass nur das für sie zählt. Ich beobachte die Umbauten, ich höre die Gespräche, ich sehe manchmal Tränen und Verzweiflung, aber ich sehe nie Wut oder Ärger gegen uns gerichtet. Natürlich muss auch mal mit deutlichen Worten geklärt werden, dass bei uns wilden Kerlen endlich mal Ruhe herrschen soll. Aber glauben Sie wirklich, dass wenn 4 Jungs gleichzeitig viel zu erzählen haben, ein "Könnt ihr mal bitte leise sein" hilft. Wir alle lieben unsere Menschen und hören an sich immer gut auf sie, aber wenn wir bei uns im Hundehaus Party haben, dann braucht es mehr als nur einen Fingerzeig, da ist ein ordentlicher Pfiff schon mal notwendig. 
Aber auch das macht unsere Menschen hier aus. Sie nehmen es uns nicht übel, dass wir Rüpel sind. Weder Chiko, noch Paolo oder Albert und ich schon gar nicht zeigen Zurückhaltung, wenn es um die hohe Erzählkunst geht. Gerade Albert und Chiko sind manchmal derart mitteilsam, dass selbst ich dann lieber rein gehe und mir das Treiben gemütlich in meinem Korb liegend durchs Fenster ansehe. Ich weiß, ich habe schon mal gesagt, dass das Alter auch Vorteile hat ... dem ist aber wirklich so.
Aber glauben Sie mir, ich habe es so oft erlebt, seit ich hier wohne, dass gerade die Bewohner im Hundehaus, die unglaublich viel zu erzählen hatten und dann später die neuen eigenen Familien fast erschrocken sind, wenn es zuhause einen Ton gegeben hat, der wie Bellen klang. Das Leben hier ist anders, es baut unbewusst einen Druck bei uns Tieren auf, der schwer zu verstehen ist. Wir alle wissen, dass wir hier gut aufgehoben sind. Wir alle wissen, dass unsere Menschen unsere beste Chance auf ein gutes Leben sind. Wir alle wissen, dass unsere Menschen eher vergessen an sich selbst zu denken, als an uns. Und wir allen wollen dennoch von unseren so geliebten Menschen weg, in ein eigenes Zuhause, zu einer eigenen liebevollen Familie. 
Das baut nicht nur bei uns Druck auf, sondern auch bei unseren Menschen. Wer will nicht das Beste für die Seelen, die einem anvertraut werden und für die man die Verantwortung übernommen hat.
Wissen Sie, ich frage mich sehr oft, ob unsere Menschen eigentlich noch ein Leben neben ihrem Leben bei uns haben. Ich weiß gar nicht, ob dafür noch Zeit ist. Ist das nicht verrückt. Wir sind doch an sich nur Gäste im Leben unserer Menschen und dennoch behandeln sie uns so, als wären wir Mitglieder ihrer Familie. Ist das nicht ganz besonders außergewöhnlich und ungewöhnlich? 
Leider haben unsere Menschen aktuell nicht gerade viel Hilfe, wo doch so viel zu tun ist hier bei uns. Aber vielleicht bringt uns das Jahr 2023 dann wieder ein paar neue Freunde, die nicht nur mit uns Gassi gehen wollen oder gar einen von uns Bewohnern adoptieren wollen, sondern auch Freunde für unsere Menschen.
Das wäre schon mal ein schöner Wunsch für 2023.
Was wünsche ich mir denn noch für alle Schützlinge hier im Tierheim und unsere Menschen und Freunde?
Natürlich ganz viele Auszüge und so wenig wie möglich Neuzugänge - letzteres wird sich nicht verhindern lassen, ich weiß. Leider ist es auch gerade im Katzenhaus aktuell nicht wirklich ruhig und scheinbar sieht es nicht danach aus, dass dies besser wird.
Einer unserer ganz besonderen "Fälle" im Katzenhaus, unser Popeye durfte aber noch auf eine Pflegestelle umziehen. Das freut mich für ihn. Dort kann er in aller Ruhe den Winter über entscheiden, ob er Menschen mag oder nicht und hat mehr Freiraum für sich. Vielleicht entdeckt er dabei, dass es an sich ganz toll ist, wenn sich die richtigen Menschen um einen kümmern.
Ich muss schon sagen, es gibt einfach immer wieder Überraschungen und Menschen, die uns ohne Fragen unterstützen und dann eben so einen Schützling bei sich aufnehmen. 
Ich habe auch festgestellt, dass ich wirklich ein wenig im Rückstand bin was die Fotos anbelangt. Also gleich ein Vorsatz für das kommende Jahr: ich werde wieder öfter alle unsere Bewohner zu einer Fotosession einladen und hoffen, dass dieser viele folgen wollen. Bei uns Hunden ist das ja meist mit einem längeren Aufenthalt im Auslauf oder eine Gassirunde verbunden, insofern ist es etwas leichter für mich, hier gute Fotos zu kriegen. Aber im Katzenhaus bin ich einfach nicht so gang willkommen und daher ist die Überzeugungsarbeit wesentlich schwieriger für mich.
Da sind wir ja gleich bei einem zweiten guten Vorsatz fürs Jahr 2023: ich finde wieder einen Mitstreiter fürs Tagebuch, der oder die im Katzenhaus lebt. An sich könnte ich mir vorstellen, dass das Duo Anna und Lilly dafür perfekt geeignet wären. Mal schauen, ob die beiden Hübschen Lust und Zeit für mich und meinen Vorschlag haben. Immerhin könnte ich sie im Außenbereich vom Mietzhaus darauf ansprechen - also getrennt durch einen Zaun mit sehr viel Sichtschutz, aber dennoch so, dass ich genau erschnuppern kann, wen ich anspreche. Ich glaube sogar, dass weder Anna noch Lilly vor Schreck gleich in Deckung gehen.

Sie sehen, ich plane schon etwas weiter für das nächste Jahr und die kommende Zeit.
Es sind nicht mehr viele Momente, die uns im Jahr 2022 bleiben und hoffentlich wird der Krach morgen nicht ganz so schlimm, so dass gerade meine Jungs, die ohnehin schon dazu neigen nervös zu sein, nicht die ganze Nacht hindurch Angst haben müssen. 
Es wäre so toll, wenn dieses Bums und Wusch mal ein Jahr ganz weg bleiben würde....das wäre doch ein guter Start ins Jahr 2023.
Mit diesem Wunsch und der kleinen Hoffnung, dass Sie Menschen irgendwann genug von grellen und lauten Lichtern am dunklen Himmel haben, wünsche ich Ihnen, dass Sie gut in das neue Jahr 2023 kommen, das alte Jahr mit seinen vielen unterschiedlichen Erlebnissen ohne Bitterkeit hinter sich lassen können und sich vom Leben selbst nicht die Freude am Leben nehmen lassen.

Vergessen Sie uns nicht, liebe Freunde.
Ihr
Keks

Tierheim Höchstädt

Bürgerreporter:in:

Sabine Pollok aus Dillingen

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