Interview mit Dieter Schinhammer, Kulturreferent der Stadt Dillingen
Myheimat unterhielt sich mit Dieter Schinhammer, Vorsitzender des Historischen Vereins Dillingens, Referent für Kultur und Städtepartnerschaften und ehmaliger Lehrer für Deutsch, Geschichte und Sozialkunde, über die 2. Dillinger Kneipp Gesundheitstage, die Kulturheranführung junger Bürger und der Neugestaltung der stadtgeschichtlichen Abteilung des Stadt- und Hochstiftmuseums in Dillingen.
myheimat: Im Oktober 2009 fanden in Dillingen die 2. Dillinger Kneipp Gesundheitstage statt. Welchen Nutzen haben Sie und welches Resümee ziehen Sie?
Dieter Schinhammer: Dillingen ist die Wiege der Kneipp-Kur. Als junger Mann hat Sebastian Kneipp hier an der Donau mit einer Wasserkur sein schweres Lungenleiden besiegt. Mit seinem Heilverfahren wurde er zu einem Helfer der Menschheit. Besuchern bietet die Stadt den Rundweg „Auf den Spuren von Sebastian Kneipp“ an. Zu den Stationen gehören Wassertretbecken und neuerdings im Taxispark ein Barfuß-Wohlfühlpfad mit Wasserlauf. Im Zusammenwirken mit dem rührigen Kneippverein vor Ort brachten Ärzte in Vorträgen das Anliegen Kneipps nahe: Eine gesunde Lebensweise reicht von der Ernährung über die Bewegung hin zu einem Gleichgewicht zwischen Körper und Geist. Die Dillinger Kneipp-Tage 2009 wurden mit zunehmender Akzeptanz durch die Bevölkerung ein voller Erfolg und tragen zur Imagepflege der Stadt bei.
myheimat: Im Jahr 2009 durften sich die Bürger auf die im zweijährigen Rhythmus stattfindenden 16. Kulturtage des Landkreises freuen. Wann wird mit den Vorbereitungen begonnen und nach welchen Kriterien werden Künstler und Programm zusammengestellt? Was war bei den diesjährigen Kulturtagen Ihrer Meinung nach das Highlight?
Dieter Schinhammer: Nach den Kulturtagen bedeutet – nach einer kräftigen Verschnaufpause! – bereits wieder vor den nächsten Kulturtagen. Das Planungsteam lässt sich von der Grundidee leiten, dass die Kulturtage aus dem regionalen Reichtum kultureller Angebote schöpfen und dem Bürger ein Forum für die Vielfalt künstlerischen Schaffens im heimatlichen Lebensraum bieten sollen. Ein Paradebeispiel für das glückliche Zusammenwirken einheimischer künstlerischer Kräfte war die Aufführung von Werken von Händel und Johann Sebastian Bach durch das Barock-Konzert am 20. September 2009 in der Studienkirche.
myheimat: Unter der aktuellen Wirtschaftskrise hat zunehmend die Pflege der Kultur zu leiden. Die öffentlichen Haushalte sparen besonders gerne in diesem Bereich. Trotzdem bleibt es eine besondere Aufgabe, junge Leute an die Kultur heranzuführen.
Dieter Schinhammer: Aus der Fülle der kulturellen Angebote für Kinder und junge Leute seien drei Beispiele genannt. In den großen Ferien spielten in der „2. Dillinger Kinderstadt“ 95 Buben und Mädchen (eine Verdoppelung der Teilnehmerzahl gegenüber dem Vorjahr) eine Woche lang die Abläufe einer Gemeinde als Verwaltungseinheit und als gesellschaftliches Miteinander nach. Unter der Leitung von Dillingens Jugendpfleger Matthias Grätsch und Corinna Pfizer lernen sie locker den Umgang mit Gleichaltrigen, üben sich in Rücksichtnahme und Verantwortung. Von den rund 20 Betreuern stammen acht aus der Klientel des Jugendcafes und sind Spätaussiedler, ein Beispiel für geglückte Integration.
In vielen Vereinen, wie z.B. in Blaskapellen und bei der Feuerwehr, wird für die organisierten Jugendlichen hervorragende Jugendarbeit geleistet. Junge Leute, die sich nicht einer Vereinssatzung unterordnen wollen, haben seit Jahren eine Anlaufstelle im „Jugendcafe-Dillingen“. Der Jugendpfleger Grätsch nennt „Jugendkultur auch Sportkultur“. Den natürlichen Drang der Jugendlichen nach Bewegung befriedigt ein breites Angebot von Sportarten.
myheimat: Im Sommer präsentierten die Dillinger Barocksolisten ein Händel-Jubliäumskonzert, das von der Presse als „Sternstunde im Dillinger Konzertleben“ bezeichnet wurde. Dennoch überschatteten viele leere Plätze diesen musikalisch glanzvollen Abend. Wie empfanden Sie diese Tatsache und wie erklären Sie sich das?
Dieter Schinhammer: Die Erfahrung vieler leerer Plätze ist für die Künstler wie die Veranstalter traurig und ärgerlich zugleich. Viele Proben und Künstlerisches Können finden nicht die berechtigte Anerkennung. Andererseits können auch äußere Gründe das Fernbleiben von Besuchern erklären. Im Juni 2009 war das Wetter besonders schön; ein Abend im Biergarten wird von manchen einem noch so prächtigen Konzert vorgezogen. Oder die Konzertbesucher teilen sich auf konkurrierende Veranstaltungen auf.
myheimat: Gleich zu Beginn des Dillinger Orgelsommers wurde den kultur- und musikbegeisterten Zuhörern ein einmaliges Ereignis geboten; denn der Dillinger Basilikaorganist Axel Flierl, Organisator der Veranstaltung, hatte die Ehre, in Notre –Dame de Paris ein Konzert zu geben! Wie haben Sie den Dillinger Orgelsommer erlebt?
Dieter Schinhammer: Axel Flierl, der Basilikaorganist und Chordirektor an der Basilika St. Peter und Paul zu Dillingen, ist für unsere Stadt und die ganze Region ein Glücksfall. Mit den von ihm im Jahr 2007 begründeten Konzertzyklen der „Dillinger Basilikakonzerte“ und den Orgelmatineen hat er es verstanden, der Orgel, einem nicht bei vielen Zeitgenossen beliebten Konzertinstrument, neue Freunde zu gewinnen. Das Händel-Konzert mit fünf seiner Orgelkonzerte mit Mitgliedern der Münchner Philharmoniker und Axel Flierl als Solist war ein Glanzpunkt im Kultursommer 2009.
myheimat: In Dillingen war dieses Jahr einiges geboten, zahlreiche Veranstaltungen fanden statt. Was war für Sie das absolute Highlight?
Dieter Schinhammer: Den kulturellen Höhepunkt in Dillingen im Jahr 2009 bildete ohne Zweifel die Verleihung des Europäisches St. Ulrichs-Preises am 11. Juli an die weltberühmte Geigerin Anne-Sophie-Mutter. Die Begegnung mit dieser anmutigen und selbstbewussten Frau gehört zu den bleibenden Eindrücken. Geradezu begeistert bin ich von ihrem vielfältigen sozialen Engagement, das sie neben ihrer einzigartigen Kunst zu einer Ausnahmeerscheinung in unserem Kulturbetrieb macht und damit zu einer würdigen Preisträgerin des Europäischen St. Ulrichs-Preises, den Stadt und Landkreis Dillingen alle zwei Jahre vergeben.
myheimat: Die Arbeit des Historischen Vereins Dillingen gehört zum festen Bestandteil des Kulturbetriebs in Dillingen. Sie leiten diese Einrichtung seit vielen Jahren. Worin sehen Sie aktuelle Aufgaben dieser Einrichtung?
Dieter Schinhammer: Eine Aufgabe, die viel Kraft, Zeit und Geld kostet, ist die Neugestaltung der stadtgeschichtlichen Abteilung des Stadt- und Hochstiftmuseums in Dillingen. Hier soll in einer Raumfolge in konzentrierter Weise die Geschichte der Stadt dargestellt werden. Neu werden Kapitel der Zeitgeschichte sein, ab dem Ersten Weltkrieg, ergänzt um den Beginn der Industrialisierung und die 30 Jahre bereits dauernde Zeit der Eingemeindung von Donaualtheim, Fristingen, Hausen, Kicklingen, Schretzheim und Steinheim in die Stadt.
Das neue Jahrbuch befindet sich im Druck und wird im Frühjahr erscheinen. Dazu kommt ein Sonderheft mit der Dokumentation der Heinz-Piontek-Ausstellung.
myheimat: Wie würden Sie Dillingen mit einer anderen Stadt im Bezug auf die kulturelle Vielfalt vergleichen? Was macht Dillingen für Sie persönlich lebenswert und was schätzen Sie im Bezug auf die Kultur in Dillingen am meisten?
Dieter Schinhammer: Unsere Stadt Dillingen besitzt wie vergleichbare Städte, wie z.B. Nördlingen, Donauwörth und Günzburg, eine eigene stark ausgeprägte Stadtpersönlichkeit. Ich bin hier geboren und aufgewachsen, war dann fast zehn Jahre weg, vor allem zum Studium in München. Seither lebe ich hier. Dillingen bildet meinen Lebensmittelpunkt. Die Aufgabe, das historische Erbe zu pflegen und es an die Mitmenschen zu vermitteln, vor allem an die Jugend, halte ich für sehr wichtig. Unser kulturelles Leben wird geprägt von vielerlei Einrichtungen wie Stadtbücherei, Volkshochschule, Kulturring, Orchestervereinigung, Wolfgang Düthorns Musiker-Ensembles in verschiedenen Varianten, Studienbibliothek, Bäder, Sporthallen usw. Wer hier nichts findet, dem kann man nicht helfen.
myheimat: Vielen Dank für das Interview!
Bürgerreporter:in:Katja Boser aus Dinkelscherben |
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