Mit Gisela ins Elsass - Über die Vogesenkammstraße zum Grand Ballon.

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Wir beginnen in Colmar unsere Fahrt durch die Vogesen.

Nachdem wir Colmar hinter uns gelassen haben sehen wir auf der rechten Seite Gunsbach. In diesem Dorf steht das Haus, in dem Albert Schweitzer gelebt hat. Sein Vater war hier Pastor und Albert Schweitzer verbrachte in Gunsbach den größten Teil seiner Kindheit. 1929 baute er hier ein Haus, in dem er während seiner Europa-Aufenthalte wohnte. Zwei Krankenschwestern, die mit dem Urwalddoktor in Lambarene gearbeitet haben, verwalten das kleine Museum. In dem Haus sieht es so aus, als würde Albert Schweitzer gleich wiederkommen. Sogar sein Hut hängt noch an der Wand.

Wir fahren durch das Münstertal, das von Turckheim bis zum Vogesenkamm verläuft..

Der kleine Fluss, der durch das Münstertal fließt ist die Fecht. Die zwei Arme der Fecht vereinigen sich bei Münster und münden in der Ebene in die Ill.

Vor uns liegt Munster. Hier bei Munster trifft das kleine und das große Tal der Fecht zusammen. Im 7. Jahrhundert wurde hier ein Benediktinerkloster gegründet. Daraus entwickelte sich die Stadt. In dem alten Abthaus, das wir gegenüber dem Rathaus sehen, befinden sich die Büroräume der Firma Hartmann, die 1790 die Textilindustrie im Tal einführte. Vom Kloster aus drang nach und nach die Zivilisation auch in die tiefsten Täler vor. Später auch in die Berge, wo die Nutzung des Waldes und die Viehzucht den Menschen erlaubte sich anzusiedeln.

Während unserer Fahrt sehen wir links das große Fechttal mit herrlichen Wäldern.

In Mühlbach, das wir passieren, befindet sich das Schlittage-Museum, das der Arbeit der Holzfäller gewidmet ist. Das Holz der Vogesenwälder wurde schon im Mittelalter von Schmieden, Glasbläsern und anderen Handwerkern als Brennmaterial benutzt. Auch zum Bau von Bauernhäusern, für Gerüste und für das Balkenwerk der Kathedralen wurde es gebraucht. Die gefällten Bäume wurden damals auf Schlitten ins Tal hinab geschafft, die auf Bohlenwegen entlangglitten.

Auf der Route de Fromage, der Käsestraße, fahren wir nun hinauf zum Col de la Schlucht.

Links sehen wir das kleine Fechttal.

Links der kahle abgerundete Gipfel ist der Petit Ballon. Auf seinem Gipfel befinden sich Hochweiden.

Huuu Huu, wenn wir links runter schauen, sehen wir in die Schlucht, von welcher der Pass
seinen Namen hat. Die Passhöhe liegt in 1139 m Höhe und an der Grenze vom Elsass zu Lothringen. Er ist der meistbefahrene Pass der Vogesen und ein sehr geschätztes Wintersportgebiet. Im Winter führen unzählige Loipen durch eine teilweise unberührte Schneelandschaft.

Auf der Passhöhe fahren wir links und direkt wieder links und kommen auf die Vogesenkammstraße. Sie wurde im ersten Weltkrieg als Militärstraße angelegt. Die französische Heeresleitung war der Meinung, der Bau dieses Nord-Süd-Weges zur Überwachung der Lebensmittel- und Munitionsversorgung der umliegenden Täler sei unerlässlich. Im zweiten Weltkrieg spielte sie eine wichtige Rolle für die alliierten Truppen. Seit diese Straße keine militärische Aufgabe mehr zu erfüllen hat, zählt sie mit ihren Gebirgskämmen, Bergkuppen, Seen, Felder, kurz mit all den Landschaften, zu einer der schönsten Frankreichs. Heute erreicht man über die Vogesenkammstraße die Berggipfel und Wintersportorte der Region.

Auf der linken Seite der Hohneck, er ist 1381 m hoch und ist der zweithöchste Berg der Vogesen. Wir befinden uns hier schon in einer hochgebirgsartigen Landschaft. Vom Gipfel aus hat man einen herrlichen Blick bis zum Grand Ballon und weiter über die Rheinebene bis zum Schwarzwald. Bei klarer Sicht sogar bis zu den Alpen. Bis zum Beginn des ersten Weltkrieges verlief hier die deutsch-französische Grenze. Der runde Bergrücken ist von Wiesen bedeckt und fällt auf der Elsässer Seite schroff ab.

Rechts sehen wir gleich den Lac Noire in einem sehr tiefen Tal. Wir fahren auf einen kleinen Parkplatz und steigen aus, um ein paar Fotos zu machen. Am Lac Noire wurde ein Wasserkraftwerk gebaut, das von dem Wasser des 100 m höher gelegenen Lac Blanc gespeist wird. Der Lac Noir und der Lac Blanc liegen 900 m voneinander entfernt und sind mit einem Druckrohr von 4,5 m Durchmesser miteinander verbunden. Früher pumpte man nachts das Wasser des Lac Noir zum Lac Blanc hinauf, und das E-Werk konnte bei Spitzenbedarf bis zu 100.000 Kilowattstunden erzeugen, indem man einen Teil des Lac Blanc leerte. Im Januar 1934 machte es einen Knall – und das Druckrohr war geplatzt. Neun Personen fanden den Tod. Die Schäden wurden repariert..

Die Natur ist hier oben noch intakt und die Landschaft mit ihrem bis zu den Weinbergen hin tief eingeschnittenen Täler, den idyllischen Seen und tiefen Wäldern ein Erlebnis.

Das tiefe Tal, in das wir rechts hinabschauen, ist das Thurtal.

Links die Herberge Breitzousen und rechts ein See. Diesen See gab es vor ein paar Jahren noch nicht. Plötzlich war er da, und ich schaute ganz schön blöd aus der Wäsche. Zuerst hatte ich gedacht, ich hätte Halluzinationen. Er war aber Wirklichkeit. Da haben die einfach ein Stauwehr angelegt, der See entstand, und das wurde gemacht, um Strom für die Stadt Geradmer liefern zu können. Die vielen Stauseen und –wehre um die Stadt konnten den Bedarf nicht mehr decken. Es musste eine weitere Anlage her. In diesem Fall wurde dafür ein Torfmoor geopfert. In diesen Torfmooren wachsen viele seltene Pflanzen. Ein hoher Preis für den Fortschritt.

Links, gegenüber der Ferme-Auberge-Huss der Bergrücken ist das erste Hindernis, auf das der Wind stößt, wenn er aus West kommt. So hat man den Eindruck, dass er seine ganze Wut darüber an diesem Gebiet auslässt.

Auf den Hochweiden ließ man von jeher nur wenig Bäume stehen, da das Gras für die Bauern zu kostbar war. Erst seit einigen Jahren wachsen in den Kammlagen erneut Bäume. Das liegt daran, dass die Zahl der im Sommer weidenden Kühe stark zurückgegangen ist. Vor Jahrhunderten grasten hier Bisons, Elche und wilde Pferde.

Rechts im Tal sehen wir den Stausee von Kruth-Wildenstein. Er liegt in 920 m Höhe in romantischer Gebirgslage. Seine Wasserfläche beträgt 5,6 ha. Am Ende des Sees ist der Schlossberg mit der Ruine Wildenstein und die Stadt Kruth.

Die Kammstraße schlängelt sich wie ein Bach mit unzähligen Windungen am Kamm der Vogesen entlang. Flächenmäßig liegt sie dabei mal in dieser und mal in jener Gemeinde; in diesem oder jenem Departement. Mehr als zehn Gemeinden teilen sich auf diese Weise die Route des Cretes zwischen der Schlucht und dem Markstein. Neben der Weinstraße ist sie eine der interessantesten und meistbefahrenen des Elsass. Bei einer unserer Fahrten hatte ich einen Busfahrer, der Präsident eines Motoradclubs war. Er fuhr mit dem Bus eben diese Windungen wie mit dem Motorrad. Allen meinen Gästen hinter mir wurde es schlecht. Sie hatten ihn aber dennoch über alles geliebt.

Links sehen wir die große Fecht.

Wir kommen zum Col Hahnenbrunnen. Nach der schriftlichen Überlieferung gab es im 16. Jahrhundert in der Nähe der Passhöhe eine Herberge, deren Wirtin Hanna Brunnen oder Anna Braun hieß. Von ihr soll der Ort seinen heutigen Namen erhalten haben. Ob diese Geschichte der Wahrheit entspricht oder der Phantasie eines alten Erzählers entsprungen ist, weiß man nicht. Falls die Herberge jedoch existiert hat, kann sie ebenso gut ein Schlupfwinkel für Banditen, eine Räuberhöhle, gewesen sein.

Links le Markstein. Er ist 1176 m hoch und ein mattenbedeckter aussichtsreicher Sattel an der Vogesenkammstraße. Der Markstein ist Sommerfrische und Wintersportort seit 1925.

Im Lauchtal sehen wir den Lac du Lauch. In den Seen der Vogesen ist das Baden fast überall erlaubt. Trotzdem ist Vorsicht angesagt. Das Wasser ist sehr kalt und wird bereits in Ufernähe schnell tief.

Die Weiden der nackten Berge heißen heute Chaumes. Dorthin bringen die Hirten im Sommer ihre Herden. Natürliche Weiden waren rar. Die meisten gehen auf die Arbeit der Menschen zurück. So kamen z.B. aus der Schweiz Holzfäller, die den Wald rodeten und sich der Viehzucht und Landwirtschaft widmeten. Diese „Markarts“, abgeleitet von Melker, stellten in den Bergen Käse her. Seit dem 16. Jahrhundert wurden damit an den Herzog von Lothringen die Nutzungsgebühren der Bergweiden gezahlt. Seitdem hat sich kaum etwas in der Herstellung geändert.

Der echte Munsterkäse wird noch immer in den isoliert stehenden Bauernhäuser hergestellt, nach Methoden der Vorfahren der Bauern und mit Milch der Vogesen-Kühe, die sich dem Klima angepasst haben: Die Abendmilch wird in einer Hütte aufbewahrt, am nächsten Tag gerahmt und mit der Morgenmilch vermischt. Das Ganze wird in einem 150 Liter-Kessel sogleich erwärmt auf 28 – 33 Grad, Lab hinzugefügt und dann lässt man die Milch eine Zeitlang ruhen. Eine halbe Stunde später wird die Molke abgenommen und der vorher mit einem Holzmesser in Stücke geschnittene Käse in der Sonne, sofern es die Witterung erlaubt, getrocknet. Dann wird er im lauwarmen Wasser gewaschen und zum „Reifen“, was durchschnittlich fünf Wochen dauert, in den Keller gebracht. Man benötigt fünf Liter Milch für einen 500 Gramm schweren Käse. Es existiert also keinerlei Molkerei-Industrie im Tal von Munster. Dennoch werden Munsterkäse auch unter Anwendung modernster Technologie hergestellt. Leider erscheint dieser Käse im Vergleich mit den natürlichen Produkten der Bergbauern wie schlecht riechende Karikaturen des echten Munster-Käses.

Die Landgasthöfe in den Vogesen sind nicht einfach rustikal eingerichtetem Landgasthöfe, wie man vielleicht auf den ersten Blick annehmen könnte, sondern eine interessante Mischung aus Bauern- und Gasthöfe, die eine lange Tradition besitzen und in dieser Form nur in den Vogesen zu finden sind. Ihre Geschichte reicht bis ins Mittelalter zurück, als die in den Tälern lebenden Bauern begannen, im Frühjahr ihre Kühe auf die fetten Gebirgswiesen hochzutreiben. Bis zum Sommerende, genauer gesagt bis zum Michaelstag, grasten diese dort oben friedlich auf ihren Weiden, während die Familien in aller Ruhe das Heu für den Winter einbrachten. Die Bauern kümmerten sich dabei jedoch nicht um ihr Vieh, sondern stellten auch Butter und Käse her. Zwei- bis dreimal im Monat brachte ein Maultiertreiber diese Erzeugnisse ins Tal hinunter. An dem Tag, an dem er kam, legte der Bauer frühmorgens Kartoffeln in die heiße Asche, in der sie langsam garten. Dazu gab es dann einige Scheiben Rauchfleisch und Siaskäs – eine Art Quark mit einem Schuss Kirschwasser. Die Maultiertreiber blieben nicht die einzigen Besucher. Die einfachen und nahrhaften Gerichte, die Schönheit der Hochvogesen im Sommer und die herrlichen Wandermöglichkeiten lockten im Laufe der Zeit immer mehr Menschen an. So erhielten die Bergbauern mit der Verpflegung der Wanderer eine zusätzliche Aufgabe. Ihren Anfang nahm diese Entwicklung Mitte des 19. Jahrhunderts, einen ersten Aufschwung erlebte sie nach der Gründung des Vogesenclubs im Jahr 1872. Seit damals hat sich natürlich viel geändert. Aus den ärmlichen Hütten der Bauern im Gebirge sind richtige Berggasthöfe geworden, für die ganz bestimmte Vorschriften gelten. Auch die Besucherzahlen sind stark angestiegen. Vor allem, seit die Hochvogesen mit dem Auto zu erreichen sind. Das Wesen der Bergbauern hat sich jedoch kaum verändert, die Atmosphäre ist die gleiche geblieben. Das Vieh zieht im Frühsommer zu den Weiden hoch. Vier Stunden dauert dieser Auftrieb, bei dem die Kühe immer wieder auf den Weg zurückgescheucht werden müssen. Und wenn sie glücklich angekommen sind, heißt es für die Bergbauern den ganzen Weg noch einmal machen, um das Gepäck und die Verpflegung zu holen um sich für den Sommer einzurichten.

Wir kommen zum Grand Ballon, der mit seinen 1424 m der höchste Gipfel der Vogesen ist. Der Name des Großen Belchen geht zum einen auf eine hier früher dem keltischen Gott Belen geweihte Kultstätte, zu anderen auf seine von Hochweiden überzogene, runde Kuppe zurück. Über einen Fußpfad erreicht man in zwanzig Minuten den Gipfel, wo man dem Zauber einer grandiosen Landschaft und einer tiefen Stille ringsum erliegt. Bei klarem Wetter gehört das Panorama zu den schönsten des Elsass. Auf der linken Seite, 400 m unterhalb der Bergkuppe, liegt der Lac du Grand Ballon. Die Staumauer wurde zwar von dem berühmten Vauban errichtet, hielt 1740 jedoch den Fluten nicht stand und brach. Der See ist 7,5 ha groß und 23 m tief. Er entstand schon in der Eiszeit. Hier am Grand Ballon machen wir eine Pause.

Jetzt müssen wir uns entscheiden! Ich schaue mir mal schnell meine Gruppe an, wenn es überwiegend jüngere Leute sind, fahren wir nach Thann. Wenn es aber ältere Leute sind, lass ich abstimmen, ob wir zum Hartmannwillerskopf oder nach Thann fahren. Beides geht nämlich nicht. Hier werden wir allerdings beide Ziele kennenlernen.

Wir fahren nun weiter durch das Thurtal nach Thann. Die Stadt liegt am Eingang des Thurtales und am Endpunkt der Weinstraße. Zwar reichen die Weinberge bis an den Rand der Stadt, doch das Bild wird auch von Industrieanlagen und Fabrikschloten geprägt. Im 19. Jahrhundert blühte hier auch die Textilindustrie, heute floriert nur noch die Chemieindustrie. Man riecht es gelegentlich. Zum Glück ragt in Thann auch der Turm der Kirche Saint-Thibeaut in den Himmel, die nach dem Straßburger Münster als schönste gotische Kirche im Elsass gilt. Fast zweihundert Jahre wurde ab 1350 an diesem Gotteshaus gebaut. Das Ergebnis ist ein außerordentlicher Reichtum an Figuren, dekorativer Plastik und kunstvollen Schnitzereien. Der 76 m hohe Turm ist ein besonderes Glanzstück der Spätgotik. Bemerkenswert auch das Chorgestühl im Inneren mit fast zweihundert Einzelfiguren, die Fabeltiere, Fratzen und hockende Figuren darstellen. Von der alten Stadtbefestigung Thanns ist der Hexenturm an der Thur erhalten geblieben.

Hartmannswillerkopf – dieser Bereich umfasst den Soldatenfriedhof Silberloch, sowie verschiedene, den auf den Schlachtfeld gefallenen Soldaten gewidmete Denkmäler. Das auf den steilen, felsigen Ausläufern des Hartmannwillerkopfes gelegene Mausoleum des Vieil Armand stellt eine beeindruckende Mahnung an den ersten Weltkrieg dar. Das ganze Jahr 1915 über eroberten und verloren die französischen und die deutschen Truppen abwechselnd in Nebel, Schnee und strömendem Regen diese strategische Plattform. Die Franzosen gewannen, doch hatten 60.000 Männer ihr Leben verloren. Die blutigen Schlachten haben diesem Berg den Namen „Heiliger Berg des Elsass“ eingebracht.
Siehe auch: http://www.myheimat.de/linz-am-rhein/beitrag/87655...

Bürgerreporter:in:

Gisela Görgens aus Quedlinburg

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