Eine hochprozentige Auseinandersetzung
Der "Whiskey- Krieg" um die Hans- Insel
Die Hans-Insel ist eine kleine, unbewohnte und vegetationslose Insel in der Nares-Straße mit einer Fläche von etwa 1,25 km². Sie ist nach dem grönländischen Expeditionsteilnehmer Hans Hendrik benannt, der zwischen 1853 und 1883 an fünf Arktisexpeditionen teilnahm.
Kanada beanspruchte die Insel rückwirkend seit 1880, als das Vereinigte Königreich die unbeanspruchten arktischen Gebiete an Kanada übergab. Dänemark beanspruchte ab 1920 ganz Grönland, was international unter anderem vom Vereinigten Königreich für das zugehörige Kanada anerkannt wurde. Etwa zu dieser Zeit entstanden auch erstmals dänische Karten, auf denen die Insel als Staatsgebiet markiert war. 1933 festigte der Ständige Internationale Gerichtshof den Anspruch Dänemarks über ganz Grönland. Die kleine, unbewohnte und unbedeutende Insel war jedoch nie eine Streitfrage. Während des Zweiten Weltkriegs betrieb Kanada kurzzeitig eine wissenschaftliche Station auf der Insel. 1950 erkannte das Canadian Permanent Committee for Geographical Names den Namen Hans Island offiziell an. 1953 errichtete der Kanadier Eric Fry auf der Insel einen Inuksuk und beanspruchte sie offiziell für Kanada.
Dass sich die Gebietsansprüche Kanadas und Dänemarks widersprachen, wurde erst bei einer Grenzziehung im Jahr 1973 bemerkt. Dabei wurden sich beide Seiten nicht einig und vertagten die Entscheidung über die Souveränität über die Insel. Auf der 1973 geschaffenen Karte liegt die Hans-Insel direkt auf der Grenze, die auf der Insel nicht gezogen wurde.
Anfang der 1980er-Jahre wurde von kanadischer Seite ein Lager für wissenschaftliche Untersuchungen errichtet. Aus Protest schickte Dänemark zur Abschreckung Militärflugzeuge über die Insel.
1984 hisste der dänische Grönlandminister Tom Høyem eine dänische Flagge auf der Insel. Neben der Flagge deponierte er eine Flasche hochprozentigen Aquavits. Kanada protestierte dagegen. Tage später entfernte eine kanadische Delegation die dänische Flagge, nahm den Aquavit mit und hinterließ eine Flasche Whiskey. Seither wurde die Insel regelmäßig von Kanadiern und Dänen besucht, wobei jedes Mal die jeweilige Nationalflagge durch die eigene ersetzt wurde und eine Flasche landesüblicher Spirituosen gegen die vorher hinterlegte Flasche getauscht wurde, weshalb dieser Konflikt auch „Whiskey War“ genannt wird.
Nach mehreren gescheiterten Versuchen einer Einigung beendete 2022 eine Arbeitsgruppe ihre Verhandlungen. Vermutlich, weil alle schon zu betrunken waren. Die kanadische Außenministerin Mélanie Joly, der dänische Außenminister Jeppe Kofod und der grönländische Regierungschef Múte B. Egede unterschrieben am 14. Juni 2022 einen Grenzvertrag, durch den die Hans-Insel entlang einer mittig gelegenen, in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Schlucht aufgeteilt wurde. Der grönländische Teil östlich der rund 1,2 km langen Grenze ist etwas größer. Durch den Vertrag erhalten Kanada und das Königreich Dänemark jeweils eine zweite Landgrenze (neben der zu USA bzw. Deutschland), Grönland eine erste.
Bürgerreporter:in:Peter Gross aus Bochum |
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