"beschenkt werden wollen"

Die Berlinerin beim Abmessen ihrer Haarlinie.

Für Ruth Baumann war die Arbeit mit Haaren fremder Menschen eine Premiere. Bis zu ihrem Besuch in Wertingen hat sie nur mit Haaren ihrer 11-jährigen Tochter gearbeitet.
„Ich hatte lange auf ihren Kopf gesehen und gedacht: Ich will etwas mit diesen Haaren machen.“ Doch sie traute sich anfangs nicht. War unsicher, ob man es überhaupt benutzen darf. Denn Haare zu gebrauchen, rein als Material, obwohl doch Teil eines Menschen, dies sei immer wieder mit negativen Assoziationen verbunden.
Die 46-Jährige hat sich dennoch auf diese Art der Arbeit eingelassen, sammelte seit ihrer Ankunft und dem Beginn ihres Kunst-Stipendiums Haare von Wertinger Bürgern. Stand dafür auf dem Marktplatz, ließ sich ansprechen und kam mit den Menschen ins Gespräch, die ihr eines oder mehrere Haare schenkten. Und ihr Haargeschichten erzählten:
„Eine Frau erwähnte ein Uhrband aus langem Frauenhaar, das sie geerbt hat.“
Diese Gespräche waren ein wichtiger Teil ihrer Arbeit während ihres Aufenthaltes an der Zusam. Das Objekt, das am Ende durch die Haare entsteht, sei gar nicht mehr so wichtig, sondern die Unterhaltungen mit den „Schenkern“. „Ein Haar ist etwas ganz Privates und Persönliches. Trotzdem ist es auch ein ausgefallener Gegenstand. Nutzlos.“ Für die Künstlerin jedoch brauchbares Material für ihre Arbeit, die sie "beschenkt werden wollen" nennt. Fast 100 Meter lang ist die Linie aus Haaren unterschiedlicher Menschen. „Manche Haare erkenne ich wieder, da weiß ich einfach, das war diese bestimmte Person.“
Ruth Baumann hat sie aneinander geknüpft und wird daraus ihr Kunstwerk erstellen, das im Herbst zu sehen sein wird. Dann, wenn Ruth Baumann zurückkehrt und das Ergebnis ihres Wertinger Haarabenteuers präsentiert.

Bürgerreporter:in:

Marion Buk-Kluger, lic.rer.publ. aus Wertingen

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