Räumung des Herrenwalds nahe der Joßklein

Zahlreiche Polizeiautos befinden sich in der Kurt-Schumacher-Straße.
84Bilder
  • Zahlreiche Polizeiautos befinden sich in der Kurt-Schumacher-Straße.
  • hochgeladen von Sören-Helge Zaschke

Im Herrenwald hatten sich ab etwa dem 5. Oktober 2020 einige Waldbesetzer niedergelassen. In einigen Eichen und anderen großen Bäumen nahe der Jossklein haben sie Plattformen installiert und auf dem parallel zur Joßklein verlaufenden Waldweg Barrikaden errichtet. Das Camp hatte den Namen "Überall". Am 15. Oktober wurden ein großer Teil von "Überall" und die Bäume beseitigt. Der folgende Bericht beschreibt die Vorgänge rund um die Räumung.

Kurz vor 8 Uhr bekomme ich einen Anruf, dass eine große Kolonne von Polizeifahrzeugen mit Blaulicht (aber ohne Martinshorn) auf der Niederkleiner Straße Richtung Süden unterwegs sei. Es war relativ ruhig, während sich am Vortage ein Polizeihubschrauber längere Zeit über dem namensgebenden Wald aufhielt und man nicht in Ruhe schlafen konnte.

In der Kurt-Schumacher-Straße und im angrenzenden Abschnitt des Konrad-Adenauer-Rings standen Polizeiautos in großer Anzahl - deutlich mehr als am 8. Oktober, als die Polizei "Überall" zum ersten Male einen Besuch abstattete und dabei alle auf dem Boden befindlichen Aufbauten und herumliegende Sachen entfernte. Gegen 8:10 Uhr marschierte ein großes Aufgebot an Polizisten auf dem an der Straßenecke gelegenen Weg in den Wald ein. Der Einmarsch wäre ein schönes Fotomotiv gewesen - aber leider war ich ein klein wenig zu spät, um ein Foto zu machen.

Beim Kindergarten Süd waren noch keine Polizisten. Ich bin der Verlängerung des Elzerains gefolgt. Auf der östlichen Hälfte des Weges zwischen Siedlung und der Kreuzung im Wald geht ein recht stark zugewachsener Waldweg nach Süden ab. Östlich des Abzweigs sicherte eine Kette von Polizisten den Wald. Außerdem gab es auch hier eine größere Menge von Uniformierten, die gegen 9:20 Uhr über den zugewachsenen Weg einrückten. Einige Polizisten sprachen über Zufahrtsmöglichkeiten. Es hat mich jedoch keiner beachtet.

Ich bin Richtung Siedlung zurück und dann zur Südschule gefahren. An der Wegekreuzung beim Südschulgelände, wo der Abzweig Richtung Dresdener Straße ist, stand ein Polizeiauto. Der Fahrer ist bei meinem Anblick noch ein Stückchen zurückgefahren, damit ich besser vorbeikomme.

In der Wendeschleife vor der Südschule, wo ich gegen 8:45 Uhr war, standen ein Polizeiauto und zwei Rettungswagen. Auf dem dort in den Wald führenden Weg war es ruhig. Er war leider schon ab der Stelle gesperrt, wo ein leider nicht mehr sehr guter Weg Richtung Main-Weser-Bahn führt. Dieser Weg quert die stark zugewachsene Bahn zum WASAG-Bahnhof und hatte früher sogar einen Bahnübergang - allerdings nur mit einfachen Schranken, wie sie an Waldwegen und nicht an Bahnanlagen üblich sind.

Ich habe daher einen Trampelpfad Richtung Bahnhaus genutzt und bin dann an der Main-Weser-Bahn Richtung Panzerstraße gefahren. Dabei begegnete ich zwei Waldbesetzern, die wissen wollten, wie sie am besten nach "Überall" kämen.

An der Panzerstraße war keine Polizei zu sehen. Ich habe dort gewendet und den sehr matschigen Waldweg Richtung Elzerain genommen, bis ich auf die Polizeiabsperrung getroffen bin. Diese Befand sich ein Stück hinter der Absperrung von einer A49-Baustelle. Im Bereich der Wegekreuzung Richtung Stadtallendorf Süd und Südschule werden nämlich zur Vorbereitung des Autobahnbaus Leitungen neu verlegt. Ein Polizist, der dort am Weg stand, wollte erst einmal wissen, was ich dort mache. Außerdem wollte er einen Ausweis sehen. Da ich keinen hatte, hat er sich die Adresse in ein Notizbuch aufgeschrieben. Er hat erst einmal ein Kollegen gefragt, ob ich fotografieren dürfe.

Auf dem abwärts führenden Weg war nichts außergewöhnliches zu sehen - abgesehen von einer Dampfsäule, die für einen Augenblick aus einer Leitung zischte.

Die Absperrung befand sich genau an einem nach Süden verlaufenden Pfad. Ich bin diesem bis zum Hauptweg gefolt, wobei die Absperrung schon etwas früher nach rechts abging.

Bei der Waldwegekreuzung, wo sich ein kleiner Rastplatz befindet, stand gegen 9:15 Uhr eine Kolonne von Polizeifahrzeugen. Nach den ersten Fotos schickte mich ein Polizist vom Weg, damit ich dir Fahrzeuge nicht behindere. Die setzen sich kurz darauf in Bewegung, sodass ich keine Gelegenheit mehr hatte, zum Ende der Kolonne zu laufen. Nach einigen Polizeiautos kam das erste von insgesamt sechs Fahrzeugen zum Fällen von Bäumen. Die Fahrzeuge bogen bei der Baustelle nach links ab. Nach der Vorbeifahrt lief außerdem noch einer der Waldbesetzer vorbei, der etwas die Orientierung verloren hatte.

Die Absperrung war ein Stück westlich dea Waldwegs. Auf dem Weg zwischen Buchen- und Fichtenwald ist eine Gruppe von Polizisten Richtung Baumbesetzer gezogen. Eigentlich wollte ich noch eine Gruppe von Polizisten von hinten fotografieren, die auf dem Weg stand. Allerdings drehten sie sich dann um, und als ich auf die übliche Frage, was ich wolle, sagte, dass ich gerne die Polizisten von hinten fotografieren wollte, sagte einer, dass ich das nicht dürfe.

Ein Stück weiter an der Absperrung wollte das auch ein anderer Polizist wissen, wobei die beliebte Frage kam, ob ich von der Presse sei. Er wies mich darauf hin, dass ich keine Porträts von den Polizisten machen dürfe. Als ich einige Fotos von der Polizeikette an der Absperrung gemacht hatte, kam er zurück und meinte, dass ich ja nun einige Bilder gmacht habe und mich 100 bis 200 Meter von der Absperrung entfernen solle, da hier polizeiliche Maßnahmen stattfinden würden.

Da der Verlauf der Absperrung nicht ganz so eindeutig war, bin ich wieder zurück und habe den Waldweg Richtung Furt genommen, wo ich gegen 9:45 Uhr war. An der Wegekreuzung standen Fahrzeuge von der Polizei, darunter eine mit zwei Polizisten besetzte Hebebühne.

Eine Gruppe von Waldbesetzern stand etwas ratlos an der Furt. Die Waldbesetzer hatten wohl noch einen zusätzlichen Platzverweis wegen einer Spontandemo bekommen und überlegten, was sie am besten machen könnten.

Von "Überall" konnte man gelegentlich Sprechchöre von Waldbesetzern hören. Man konnte aber kaum etwas verstehen, da es noch den Lärm von Kettensägen gab.

Ich bin dem Weg über die Furt bis zum Waldrand und weiter gefolgt. Auf dem Weg befanden sich noch einige Barrikaden - eine sogar auf dem durchs Feld verlaufenden Teil. Am Waldrand war eine Hängematte in einem Baum. Dort, wo der Weg in den Hauptweg mündet, stand ein Polizeiauto.

Weitere Polizeiautos gab es auch an der Mahnwache beim Feldkreuz. Dort war gerade eine Trommelgruppe eingetroffen. Die Aktivisten mit den Trommeln wollten gerne bei der Absperrung trommeln, wussten aber den Weg nicht so genau und hatten die Befürchtung, mit ihren Instrumenten zurückgeschickt zu werden. Das wäre mit der Begründung möglich, dass es sich um eine nicht genehmigte Demonstration handelt.

Eine Gruppe von Demonstranten mit Rucksäcken lief auf dem Radweg Richtung Niederklein. Diese wollten aber zum Protestcamp in Dannenrod und wussten nicht so genau, welches der beste Weg ist.

Beim Parkplatz am südlichen Ortsrand von Stadtallendorf blockierte ein Polizeiauto den Weg in den Wald. Auf dem Parkplatz stand mindestens ein weiteres Fahrzeug.

In der Siedlung am Waldrand waren gegen 11:10 Uhr die Polizeifahrzeuge verschwunden, aber es standen welche an anderen Stellen - möglicherweise haben sie nur anders geparkt. Eine ganze Kolonne stand im Elzerain. Auch vor dem Kindergarten Süd standen fahrzeuge. Die Kinder fanden das sehr interessant und haben immer wieder "Hallo Polizei" gerufen.

Ein Stück weiter im Wald war keine Polizeikette mehr zu sehen. Ein Mann, bei dem DEGES auf der Arbeitskleidung stand, kam den Weg herunter. Dort, wo die Polizisten einmarschiert sind, stand nun ein Versorgungsfahrzeug, wo es beispielsweise Heißgetränke und Kekse gab.

Zum Schluss bin ich noch einmal Richtung Südschule gefahren, wobei ich die Polizei nur noch am Waldzugang bei der Südschule angetroffen habe. Die beiden Krankenwagen waren im Wald. Bei der Absperrung standen zwei Polizeiautos. Inzwischen war es 11:30 Uhr - Zeit für den Heimweg.

Runde 2
Am Nachmittag entschloss ich mich, die Absperrung zu Fuß zu umrunden. Ich begann meine Runde an dem Weg, welcher von der Südschule kommt und wollte die Absperrung im Uhrzeigersinn umrunden. Ein Polizist am Startpunkt sagte, dass etwa ein Kilometer Flatterband gespannt worden sei. Außerdem gab es hier das erste Hindernis: Neben der Absperrung, die morgens von der Polizei gezogen worden ist, war ein weiteres Absperrband, das aber nicht bewacht wurde. Diesem folgte ich, bis ich am zugewachsenen Gleis zum früheren WASAG-Bahnhof ankam. Nach dem Überqueren der Schienen folgte ein Gebiet, in welchem in den letzten Tagen schon Bäume gefällt worden sind, über die ich steigen musste. Es handelte sich aber nur um Fichten und Laubbäume von etwa drei Metern Höhe. Im folgenden Waldstück standen einige hübsche Pilze, und ich traf auf einen Waldarbeiter, der gerade das Absperrband spannte. Nach einem kurzen Gespräch ging ich geradeaus weiter bis zu dem Waldweg, der zur Baustelle führt. Diese war nun viel matschiger als am Morgen, da einige Polizeiautos drübergefahren sind, die vor dem Absperrband parkten.

Am Absperrband oberhalb der Baustelle ergab sich das erste längere Gespräch mit Polizisten, die die Absperrung bewachten. Auf dieser Seite stammten sie aus NRW. Bei der Frage, ob sie lieber im Fußballstadion statt hier ihren Dienst verrichten würden, bevorzugten sie eindeutig das Fußballstadion. Dort gibt es nämlich mehr Abwechslung, während hier der größte Teil des Tages nur aus Herumstehen und Bäume anschauen bestehen würde.

Im Laufe meiner Runde traf ich noch auf diverse andere Polizisten, die die Zeit für ein Gespräch nutzten. Es gab Fragen zur geplanten Autobahn, zu meiner Meinung bezüglich des Autobahnbaus, zur Stadt und zu der Stimmung in der Stadt oder auch zur Bundeswehr. Im letzten Wegeabschnitt war auch eine Polizistin, welche im Gegensatz zu ihren bereits genannten Kollegen lieber an der frischen Luft im Wald stand als im Stadion.

Die Absperrung verlief an der Baustelle im Wald bis zum Waldweg. Dort folgte sie einem Weg zwischen dem herbstlichen Buchen- und dem benachbarten Fichtenwald ein Stück, bevor sie Richtung Joßklein abknickte. In diesem Abschnitt standen Polizisten, deren Akzent darauf schließen ließ, dass sie aus dem östlichen Teil Deutschlands kamen.

Vor der Joßklein wurde ich von einem Polizisten darauf hingewiesen, dass man durch das folgende Gelände nicht gut kommen würden und ich vielleicht doch ein Stück auf den nächstgelegenen Pfad gehen solle. Ich blieb aber bei der Absperrung, auch wenn ich zunächst durch hohes Gras musste und der Boden teilweise recht uneben war. An der südlichen Seite der Absperrung konnte man sehen, dass eine Plattform südlich der Joßklein noch besetzt war. Außerdem gab es hier mindestens einen Polizisten aus Bayern.

Am parallel zur Joßklein verlaufenden Waldweg standen gerade schwarze Autos, die von den Höheninterventionsteams stammten. Vor der Absperrung war eine Trommlergruppe in rosa Kostümen, welche aber im Normalfall nicht fotografiert werden wollte. Irgendwann wurden die Aktivisten zur Seite gedrängt beziehungsweise jemand sogar vom Weg gehoben, um Platz für die Durchfahrt von Fahrzeugen zu machen. Die Trommler standen danach am Wegesrand, und eine Reihe von Polizisten stand davor.

Auf dem nächsten Abschnitt entlang der Absperrung ging es durch jungen Wald. Teilweise musste ich zwischen den Bäumen durch, weil das Absperrband ungünstig fürs Herumgehen hing. Hier gab es einen Abschnitt, wo die Polizisten vor der Absperrung waren, während sie sonst meist dahinter standen. An einer Stelle nutzten sie eine Sitzgelegenheit, die jemand mal aus Ästen gebastelt hatte.

Nach der Überquerung des Weges, welcher die Verlängerung vom Elzerain darstellt, kam der letzte Streckenabschnitt. Die Polizisten hatten sich zum Teil in Gruppen zum Schwätzen zusammengestellt, verteilten sich aber recht schnell wieder ans Band, als sich jemand im Wald näherte.

Gegen 18:30 erreichte ich wieder den Weg zur Südschule. Am Waldrand bei der Südschule stand ein Polizeiauto, und der dortige Polizist ließ niemanden auf den Weg. Wahrscheinlich wolte man diesen lieber für Polizeifahrzeuge freihalten. Für meine Tour hatte der Polizeiposten aber keine Rolle gespielt, da ich eine nicht abgesperrte Abkürzung genommen hatte.

Bürgerreporter:in:

Sören-Helge Zaschke aus Stadtallendorf

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

25 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.