Stadtallendorf: Tag der Architektur im Heinz-Lang-Park
Am 26.06.2011 fand der deutschlandweite Tag der Architektur statt, bei dem besonders gelungene, zeitgenössische Architekturprojekte der breiten Öffentlichkeit vorgestellt werden. Von der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen wurde unter anderem der neu gestaltete Heinz-Lang-Park in Stadtallendorf auserkoren. Am vergangenen Sonntag wurden zwei Führungen durch den Park angeboten, die von den planenden Landschaftsarchitekten Dipl. Ing. Alexander Gössel und Prof. Wigbert Rhiel vom Büro Latz Rhiel Partner aus Kassel sowie Vertretern der Stadt Stadtallendorf begleitet wurden. Der erste Führungstermin mit Dipl. Ing. Alexander Gössel hatte zeitweilig den Charakter eines Bürgergespräches, bei dem von den Bürgern viel Lob, aber auch Kritik an der Gestaltung der Veranstaltungsfläche am Teich geäußert wurde.
„Die Umgestaltung des Parks ist ein Positivbeispiel für eine städtebauliche Maßnahme, bei der durch Bürgerbeteiligung eine hohe Nutzerakzeptanz erreicht wurde“, erläuterte Prof. Wigbert Rhiel während der einstündigen Führung. Lob wurde auch von einem zufriedenen Anwohner geäußert: „Der Park wird seit der Neugestaltung wieder genutzt und für Stadtallendorf ist das eine gute Sache“.
Der Heinz-Lang-Park ist nach der Neugestaltung ein echtes landschaftsarchitektonisches Schmuckstück geworden. Im Frühjahr 2010 war die 5,6 Hektar große Anlage im wesentlichen fertig gestellt und wurde gleich für ein Mega-Event genutzt. Beim Hessentag 2010 waren mit der Sonderschau „Natur auf der Spur“ und dem „Kinderland“ bedeutende Veranstaltungsflächen im Park untergebracht. Auf den im Norden angrenzenden Sportflächen befanden sich die Zelte der Landesausstellung. Nach dem Landesfest sind im Park nur noch einzelne Bäume am ehemaligen Standort des Landschaftszeltes nachgepflanzt worden. Mit dem Bau der Skateplaza Ende Juni 2011 ist die Neugestaltung des Parks abgeschlossen. Die Gesamtkosten für die Neugestaltung des Parks liegen bei 1,65 Millionen Euro, und die Bausumme beträgt 1,4 Millionen Euro.
Mitarbeiter der Stadtverwaltung informieren über die Vorgeschichte der Planung
Klaus Hütten und Uwe Volz von der Stadtverwaltung Stadtallendorf berichteten über die Geschichte des Stadtallendorfer Parks und die Planung des Abenteuerspielplatzes Piratennest und die Skateplaza.
Die zunächst als Volkspark bezeichnete Grünfläche ist am 01.10.1972 eingeweiht worden. In den neunziger Jahren erfolgte eine naturnahe Umgestaltung, von dem im wesentlichen das Umfeld der zentralen Wasserfläche betroffen war. Am Teich wurden Ufersäume angelegt und Erlen und Weiden gepflanzt. Die naturnahe Bepflanzung erwies sich wegen des hohen Pflegeaufwandes als ungünstig. Ende der 90er Jahre waren zudem viele Funktionsbereiche und Kleinarchitekturen wie die im Oktober 2004 abgebrochene Überdachung der „Konzertmuschel“ defekt oder baufällig.
Der hohe Finanzbedarf verzögerte zunächst die notwendigen Sanierungsmaßnahmen in der Parkanlage. Im Jahr 2000 ist Stadtallendorf in das Bund-Länder-Förderprogramm „Soziale Stadt“ aufgenommen worden. Die Umgestaltung des Parks war das zentrale Projekt der Stadtallendorfer Maßnahmen, da der Park direkt an den sozialen Brennpunkt im Musikerviertel angrenzt. 2005 fanden erste Planungsgespräche bezüglich der Aufwertung der Grünfläche statt. Bei einem Kultur- und Planungsfest am 30.06.2007 wurden den Besuchern des im Park aufgestellten Planungszeltes erste Vorentwürfe präsentiert. Auf mehreren Stellwänden wurde den Bürgern die Möglichkeit geboten, Anregungen, eigene Wünsche und Kritik an den Vorplanungen zu äußern. Entwürfe der Planung wurden auch auf dem Europa-Straßenfest am 14.06.2008 im Südstadtkiosk präsentiert. Der Hessentag im Jahr 2010 hat die Maßnahmeumsetzung stark beschleunigt, da die innerörtliche Grünfläche als Veranstaltungsort für das Landesfest geeignet war.
Von der Schwachstellenanalyse zur Neugestaltung des Parks
Dipl. Ing. Alexander Gössel verwies am Beginn der Führung auf den Umstand, dass die Umgestaltung des Heinz-Lang-Parks eine ungewöhnliche und nicht alltägliche Aufgabe war. „Die Planung eines Parks ist für einen Landschaftsarchitekten wie ein Ritterschlag“, berichtete er.
2005 wurde eine erste Besichtigung des Parks durchgeführt, bei der folgende Nutzungsdefizite festgestellt worden sind:
*Die Wasserfläche als zentrales Element des Parks war nicht mehr wahrnehmbar.
*Der Park war komplett eingewachsen und vom Musikerviertel und den angrenzenden Sportanlage durch Gehölzbestände und Wälle an der Waldstraße komplett abgeriegelt
Architektur und Kleinarchitekturen waren baufällig
*Der Park ist in den vergangenen Jahrzehnten unkoordiniert erweitert worden, ein Gesamtkonzept war bei diesen Maßnahmen jedoch nicht erkennbar
*Die Architektur des Parks stammt aus den 70er Jahren. Betonwände und massive Stahlkonstruktionen schaffen unwohnliche Räume.
*Die unübersichtlichen und durch Gehölze verdeckten Bereiche wurden als Angsträume empfunden und daher von den Parkbesuchern gemieden.
Als eines der wesentlichen Planungsziele wurde die Erhöhung der Transparenz festgelegt. Bei den weiteren Planungsschritten wurden die beim Planungsfest erhaltenen Anregungen und Vorschläge der Bürger ausgewertet und realistische Forderungen bei der Gestaltung des Parks umgesetzt. Einige Wünsche wie der Bau eines Schnellrestaurants im Park oder die Renaturierung verrohrter Bachabschnitte konnten jedoch nicht umgesetzt werden.
Bei der Neugestaltung des Heinz-Lang-Parks sind folgende Maßnahmen umgesetzt worden:
*Das Wasser wurde als zentrales Gestaltungselement erlebbar gemacht. Parkbesucher kommen näher an die Wasserflächen. Am Teich erlauben zwei Decks mit Sitzbänken einen direkten Blick auf die Wasserfläche. An der „Lichtung am See“ führt eine Treppe ans Wasser. Am Münchbach wurde ein Übergang mit Betonelementen gestaltet.
*Lichtungen im Park: In der Grünanlage sind fünf Bereiche für unterschiedliche Freizeit- und Erholungsaktivitäten ausgewiesen worden (Festplatzlichtung, Lichtung am See, Spielplatz- und Skaterlichtung mit Spiellandschaft „Piratennest“ und der Skateplaza, Bolzplatzlichtung, Eingangslichtung und Wiesenlichtung).
*Lichtung am See: Die Lichtung am See ist der zentrale Veranstaltungsort Ort im Park, der für mittelgroße Veranstaltungen geeignet ist. Die Struktur ist bewusst einfach gehalten. Die Platzgröße ist an das bereits vor dem Umbau vorhandene Funktionsgebäude angepasst.
*Bei der Neugestaltung des Parks sind große, zusammenhängende Wiesenflächen entstanden, die als Liegewiese genutzt werden können. Auch Grillen ist möglich, wenn eigene Ausrüstung mitgebracht wird. Auf eine Überfrachtung mit Ausstattung wurde bei der Gestaltung der Grünflächen bewusst verzichtet, da Einrichtungen wie die Grillstellen im alten Park kaum genutzt worden sind.
*Die Anbindung des Musikerviertels ist durch den Bau neuer Zugänge verbessert worden. Dafür wurde der Erdwall an Waldstraße an drei Stellen durchbrochen.
*An den Zugängen zum Park wurden kleine Plätze angelegt, die durch Lichtsäulen und Baumgruppen besonders hervorgehoben werden.
*Das im Herrenwaldstadion gelegene Funktionsgebäude mit Vereinsgaststätte ist über einen neuen Weg und eine Brücke an das Wegenetz im Park angebunden worden.
*Die Strauchvegetation im Park wurde größtenteils entfernt, um weite Sichtbeziehungen zu schaffen. Durch diese Maßnahme sind auch Angsträume beseitigt und die soziale Kontrolle verbessert worden.
*Der Park ist im Nordosten erweitert und mit den Sportanlagen verknüpft worden. Am Regenrückhaltebecken ist ein neuer Zugang zur von Innenstadt entstanden (Eingangslichtung).
*An der Main-Weser-Bahn ist ein Festplatz angelegt worden. Die Fläche ist für eine multifunktionale Nutzung ausgelegt und kann auch als Parkplatz genutzt werden. Zur Zeit ist auf der Fläche der integrative Kindertagestätte in Wohncontainern untergebracht.
*Durch die Beleuchtung der Wege wird das Sicherheitsempfinden der Parkbesucher verbessert.
*Im neu gestalteten Park ist ein einheitliches Farbkonzept mit den dominanten Farben Grau bei Wegen und Plätzen und Grün (Gehölze und Rasenflächen) umgesetzt worden
*Bei den neu gepflanzten Bäumen ist mit Zitter-Pappeln nur eine Baumart als Leitgehölz nachgepflanzt worden. Das Rauschen der Blätter und gelbe Herbstfärbung des Laubes sorgen für wechselnde Sinnes- und Raumeindrücke.
*Die alten Bäume der ursprünglichen Parkanlage sind als besonders wertvolle Strukturen weitgehend erhalten worden.
*Der Park ist insbesondere für die Anwohner im Musikerviertel und Menschen ohne eigene Gärten konzipiert worden. Bei der Gestaltung ist ein besonderer Wert auf einen hohen ästhetischen Anspruch und eine hohe Funktionalität gelegt worden, die auch eine besondere Wertschätzung für die Anwohner ausdrückt.
Bei der Vorstellung der zahlreichen Maßnahmekomponenten verwies Dipl. Ing. Alexander Gössel auf den Umstand, dass die Planung des Parks einen Kompromiss aus den zahlreichen Forderungen darstellt und dass nicht alle Wünsche berücksichtigt werden können.
Parkzugang mit Regenrückhaltebecken
Der neue Parkzugang im Nordosten hält für die Parkbesucher einen ungewöhnlichen Anblick bereit: Auf der „Eingangslichtung“ befindet sich ein Regenrückhaltebecken aus Beton. Bei der ursprünglichen Planung ist davon ausgegangen worden, dass das 1968 fertig gestellte Rückhaltecken nicht mehr benötigt wird. Das Becken sollte verfüllt und überbrückt werden. Die Anlage wird aber nach wie vor zur Rückhaltung von Hochwasserspitzen in der Innenstadt benötigt, und eine Verlegung kam wegen der damit verbundenen hohen Kosten nicht in Frage. Daher war eine Umplanung des Nordzuganges erforderlich. Das Rückhaltebecken ist nun als technisches Element in die Platzfläche integriert worden und bleibt für die Parkbesucher sichtbar. Aus Sicherheitsgründen ist jedoch eine Einzäunung des Betonbeckens erforderlich. Der dominante Eindruck der Rückhaltung wird in Zukunft etwas gemindert, da im Umfeld des Beckens weitere Bäume gepflanzt worden sind. Der neu geschaffene Parkzugang orientiert sich an einem Trampelpfad, der durch die Platzgestaltung am Becken und den Wegebau zum Eingangsbereich aufgewertet worden ist. Die Eingangslichtung stellt zudem einen Verknüpfungsbereich zwischen dem Park und dem neu gebauten Festplatz dar.
Neugestaltung von Spielplatz und Skatepark
Bei der Aktionsfläche für den Spielplatz ist von den Landschaftsarchitekten nur die Grundfläche geplant worden, zu der die Sandfläche, ein kleiner Bachlauf mit einer Handpumpe, ein Sonnensegel sowie Gabionen (Drahtschotterbehälter) am Rand der Fläche gehören. Die rund 15 Jahre alten Spielgeräte waren defekt, und eine Instandsetzung war wegen der hohen Kosten nicht mehr sinnvoll. Vor der Neuplanung der Spiellandschaft wurde eine Aktion in Schulen und Kindergärten gestartet, bei der Kinder Bilder ihrer Wunschvorstellungen gezeichnet haben. Die Zeichnungen wurden ausgewertet und dienten als Grundlage für die Ausschreibung. Uwe Volz zu dem ungewöhnlichen Vorgehen: „Die Kinderwünsche in einen Ausschreibungstext zu packen war ziemlich kompliziert.“
Bei dem Siegerentwurf „Piratennest“ wurde das Thema Wasser in die Spiellandschaft integriert. So gibt es neben den Piratenhütten ein Fischerdorf und kleine Boote aus Holz. Insgesamt sind bei dem Wettbewerb zwölf Vorschläge eingegangen. Durch die Festlegung einer Preisobergrenze in der Ausschreibung wurde sichergestellt, dass der Preis bei der Auswahl des besten Entwurfes keine Rolle gespielt hat.
Die außergewöhnliche Spiellandschaft Piratennest ist eine der Hauptattraktionen des Heinz-Lang-Parks und wird sehr gut angenommen. Die Spielfläche hat sich zum Ausflugsziel für die Bewohner der Nachbargemeinden entwickelt.
Die im Juni 2011 fertig gestellte Skateplaza ist ebenfalls in Zusammenarbeit mit den Jugendlichen geplant worden. Der Kontakt zu der örtlichen Skaterszene wurde über den Streetworker hergestellt. Vor der Erstellung des Konzeptes für die Skateplaza sind verschiedene Skateparks besichtigt worden. Die Wunschvorstellungen der Jugendlichen sind in das mit den Mitarbeitern des Bauamtes erstellte Konzept eingeflossen.
Im Heinz-Lang-Park sind mit einem Mehrgenerationenspielplatz auch Angebote für ältere Menschen geschaffen worden: Am Zugang zur Vereinsgaststätte im TSV-Gebäude befinden sich ein Schachfeld, eine Boulebahn sowie Fitnessgeräte. Ein Balance-Balken auf der Spielfläche wurde vom Land Hessen gestiftet.
Bei der Neugestaltung des Parks ist es gelungen, Freizeitangebote für alle Altersgruppen zu schaffen.
Verkehrsverein äußert Kritik an der Veranstaltungsfläche auf der "Lichtung am See"
Bei der ersten Führung äußerte Peter Ulrich vom Verkehrsverein Stadtallendorf Kritik an der Gestaltung der „Lichtung am See“, die für die Veranstaltungen des Verkehrsvereins ungeeignet ist. Nach seiner Ansicht ist die für Veranstaltungen mit rund 1.000 Zuschauern konzipierte Fläche für Kleinstveranstaltungen zu groß. Zudem fehlt eine Bühne. Der Platz ist ungünstig für Musiker, die sich einen Sicht- und Windschutz im Rücken wünschen. Bei Veranstaltungen am Nachmittag werden die auf den Stufen sitzenden Zuschauer von der Sonne geblendet, wenn die Musiker unter dem großen Sonnensegel platziert sind.
Die Veranstaltungsfläche am Teich wird seit vielen Jahren vom Verkehrsverein und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) für Konzertveranstaltungen (Pfingstkonzert, Rock im Park) genutzt, die von ca. 150 bis 300 Zuschauern besucht werden. Für Veranstaltungen dieser Größenordnung war die Konzertmuschel im alten Park ausreichend. Die Ausrichter von „Rock im Park“ sind mit der Veranstaltungsfläche ebenfalls unzufrieden.
Bezüglich der Kritik an der Konzertfläche verwies Klaus Hütten auf die Tatsache, dass die Konzertmuschel im alten Park baufällig war und daher abgebrochen werden musste. Ein Neubau einer überdachten Konzertfläche war nicht sinnvoll, da der Unterhalt des Gebäudes bei derzeit zwei Veranstaltungen pro Jahr zu teuer ist.
Weitere Artikel zur Neugestaltung des Heinz-Lang-Park
*Neugestaltung Heinz-Lang-Park und Herrenwaldstadion (01.02.2010)
http://www.myheimat.de/stadtallendorf/politik/stad...
*Eröffnung der Skateplaza (23.06.2011)
http://www.myheimat.de/stadtallendorf/freizeit/sta...
*Einweihung der Spiellandschaft Piratennest (17.05.2010)
http://www.myheimat.de/stadtallendorf/politik/stad...
*Spaziergang im neu gestalteten Heinz-Lang-Park (01.05.2010)
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Fotos: Leif-Erik und Sören-Helge Zaschke
Bürgerreporter:in:Leif-Erik Zaschke aus Stadtallendorf |
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