Gemeinsam den Kiebitz retten – Naturschutz und Landwirtschaft Hand in Hand
Seit vergangenem Jahr kümmert sich der Landschaftspflegeverband Landkreis Augsburg e.V. (LPV) um den Schutz von wiesenbrütenden Vogelarten im südlichen Landkreis. In Abstimmung mit der Regierung von Schwaben wurden im Rahmen des Biodiversitätsprojekts „Wiesenbrüter-Brutplatzmanagement Schwaben“ Schwerpunktgebiete in den Gemeinden Großaitingen, Hiltenfingen, Langerringen, Schwabmünchen und Untermeitingen festgelegt.
Obwohl seine Bestände in der Vergangenheit stark zurückgegangen sind und viele der traditionellen Brutvorkommen bundesweit aufgegeben wurden, brütet der Kiebitz noch im Augsburger Land. Allein im letzten Jahr wurden im Wertachtal 77 Brutpaare von den ehrenamtlichen Ornithologen Alexander Klose, Johnny Fritzsche und Dietrich Peter betreut. Die feuchtwarme Witterung mit häufigen Niederschlägen kam den Vögeln zugute. Ein reiches Nahrungsangebot und ausreichend Trinkmöglichkeiten für die Kiebitze und ihren Nachwuchs, die sogenannten Pulli, hat zu einem erfreulichen Bruterfolg geführt. Insgesamt 80 Flügge haben die Betreuer gezählt. Somit wurde der als bestandserhaltend geltende Wert von 0,8 Flüggen pro Brutpaar sogar überschritten.
Wie auch der Große Brachvogel oder das Braunkehlchen zählt der Kiebitz zu den Wiesenbrütern, obwohl er heute weniger in Wiesen als vielmehr in Äckern seine Nester anlegt. Der etwa taubengroße Vogel ist mit seiner auffällig abstehenden Schmuckfeder am Hinterkopf, dem grünlich schillernden Gefieder an der Oberseite und den namensgebenden „kie-wi“-Rufen unverkennbar.
Die bodenbrütenden Vögel bevorzugen offene und übersichtliche Landschaften, wie beispielsweise ebene Flusstäler. Optimal sind Flächen, auf denen Gelege und Jungvögel vor Räubern geschützt sind und ausreichend Nahrung vorhanden ist. Der Bau von Siedlungen und Straßen, die Erweiterung landwirtschaftlicher Flächen oder die Pflanzung massiver Gehölzstrukturen beeinträchtigen oder zerstören den Kiebitz-Lebensraum. Zu schaffen macht ihnen die Verfüllung von feuchten Mulden auf Agrarflächen, die ein reiches Nahrungsangebot bieten. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, plant der Landschaftspflegeverband Landkreis Augsburg für diese Saison diverse Strukturverbesserungen in den Projektgebieten. So sollen neue Feuchtmulden geschaffen, Gräben und Ufer abgeflacht und Gehölzarbeiten zur Senkung des Baumanteils durchgeführt werden.
All diese Maßnahmen zum Schutz der Wiesenbrüter sind nur durch die gute Zusammenarbeit aller Akteure aus Landwirtschaft, Vogelschutz und Landschaftspflegeverbänden möglich. Auch in diesem Jahr sind die Wiesenbrüterberater wieder vor Ort unterwegs, um Brutpaare zu kartieren, Nestplätze zu ermitteln und zu markieren, Verhandlungen mit den betreffenden Landwirten zu führen und den Bruterfolg zu dokumentieren. Verstärkt wird das Wiesebrüterberater-Team ab 2022 durch Willi Behringer.
Aufgrund des kalten stürmischen Wetters sind die ersten größeren Trupps der Kiebitze heuer später als sonst im Brutgebiet eingetroffen. Die anschließend anhaltende Trockenheit und der darauffolgende späte Wintereinbruch haben es den Kiebitzen nicht leichter gemacht. Allerdings brachte der späte Schnee und Regen wieder ausreichend Feuchtigkeit, sodass die Lebensraumbedingungen für den diesjährigen Start der Brutphase etwas begünstigt wurden. Langsam aber sicher füllt sich das Wertachtal kurz vor Ostern mit seinem Charaktervogel der offenen Wiesen- und Ackerlandschaft. Nun bleibt es spannend, wie viele Paare zur Brut schreiten. Als weiterer Einflussfaktor gilt aber auch, welche Feldfrüchte angebaut werden. Der Kiebitz bevorzugt grundsätzlich eher Mais- als Getreideäcker, da er für die Brut offene und vegetationslose bis arme Böden nutzt und dort durch sein dunkles Federkleid bestens getarnt ist. Solche Flächen finden die Kiebitze bei Ihrer Ankunft in der Regel hauptsächlich auf Maisäckern vor, da dieser einer der letzten Feldfrüchte im Anbauzyklus ist. Dieses Jahr scheint es so, dass insgesamt ein bisschen weniger Mais angebaut wird und dadurch möglicherweise auch weniger Bruten wie im letzten Jahr zustande kommen.
Da die Nester, Eier und Jungvögel dieses Feldvogels gut getarnt sind, ist bei der Flächenbewirtschaftung im Frühjahr Vorsicht geboten und ein gutes Auge gefragt! Hier ist die Zusammenarbeit von Wiesenbrüterberater und Landwirt besonders wichtig. Bei Brutnachweis oder Brutverdacht wird der Bewirtschafter kontaktiert und zu erforderlichen Schutzmaßnahmen beraten. Wohl am häufigsten wird ein Einzelbrutplatzschutz vertraglich vereinbart, bei dem der Bereich rund ums Nest von der Bewirtschaftung ausgespart bleibt. Bei mehreren Kiebitznestern auf einer Fläche ist es außerdem möglich, einen verspäteten Bewirtschaftungsbeginn zu vereinbaren. Die Landwirte werden je nach Art der Schutzmaßnahme finanziell für ihren Vertragsausfall entschädigt und erhalten eine Plakette, die sie als „Wiesenbrüterfreundlicher Betrieb“ für die erfolgreiche Mitarbeit im Naturschutz auszeichnet. Die bisher gemachten Erfahrungen waren ausgesprochen positiv, alle betroffenen Landwirte machten begeistert mit.
Auch jeder Einzelne kann seinen Beitrag leisten. Um die Vögel während der Brut nicht zu stören wird darum gebeten, Gebiete, die mit Hinweistafeln markiert sind zu meiden oder zügig zu durchqueren, Hunde anzuleinen und auf den Feldwegen zu bleiben. Wer einen Kiebitz entdeckt, kann dies direkt beim Landschaftspflegeverband melden.
Weitere Informationen zum Projekt und Kontaktmöglichkeiten unter www.lpv-landkreis-augsburg.de.
Bürgerreporter:in:Landschaftspflegeverband Landkreis Augsburg e. V. aus Schwabmünchen | |
Webseite von Landschaftspflegeverband Landkreis Augsburg e. V. |
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