Wenn einer eine Reise tut...

Letztes Wochenende ging ich mal wieder auf große Fahrt mit der Bahn, denn man möchte ja auch umweltbewusst durchs Land fahren. Ausserdem kann eine Bahnfahrt ja auch sehr entspannend sein, sofern alles klappt.
Am Freitagnachmittag bestieg ich den Allgäu-Franken-Express in Richtung Nürnberg. Da ich diese Strecke öfter um diese Zeit fahre, fiel mir gleich auf, dass der Zug ziemlich kurz war. Entsprechend knapp waren dann auch die freien Sitzplätze als ich in Schwabmünchen zugestiegen bin. Von der dicken Luft will ich jetzt gar nicht reden. Glücklicherweise fand ich auch noch einen Sitzplatz und das Abenteuer Bahnfahrt konnte beginnen.
Ab Augsburg war der Zug dann so voll, dass die Leute in den Gängen stehen mussten. Das änderte sich auch beim Zwischenstopp in Donauwörth nicht. Trotz allem erreichten wir Nürnberg mit einer minimalen Verspätung von "nur" 3 Minuten. Kein Problem, den Anschlusszug zu erreichen, der am selben Bahnsteig gegenüber abfuhr. Diesmal der Intercity von München, der mit diversen Zwischenstopps über Berlin bis Hamburg-Altona fährt. Mein Etappenziel war Saalfeld. Von dort wollte ich weiter mit der Thüringenbahn nach Erfurt fahren. Alles kein Problem, solange die Züge pünktlich sind.
Der ICE aus München kam auch pünktlich in Nürnberg an. Als vorausschauende Reisende hatte ich natürlich mit Sitzplatzreservierung gebucht. Dann saß ich zufrieden und entspannt auf meinem Platz und freute mich, dass diesmal alles so nach Plan verlief. Leider zu früh gefreut.
Da es der Bahn gefiel, in Nürnberg noch einen Zug an unseren anzukoppeln, fuhren wir dann mit gut 20 Minuten Verspätung in Nürnberg ab. Obwohl dieser Zug erst wieder in Saalfeld hält, war diese Verspätung nicht mehr aufzuholen. Normale Ankunftszeit wäre um 18.13 Uhr gewesen, mein Anschlusszug fuhr um 18.19 Uhr. 18.40 Uhr erreichten wir den Bahnhof Saalfeld; der Anschlusszug war natürlich weg. Nächste Verbindung Richtung Erfurt um 19.07 Uhr.
Da ich dieses Problem schon öfter hatte, denn ich fahre regelmäßig mehrmals im Jahr diese Strecke, bin ich dann erst gar nicht ausgestiegen, sondern bis zur nächsten Haltestelle Jena-Paradies weitergefahren. Dort hat mich mein Bekannter, den ich von der Verspätung unterrichtet hatte, mit dem Auto abgeholt.
Ich verbrachte ein sehr unterhaltsames und kurzweiliges Wochenende in Erfurt. Aber jedes Wochenende geht mal zu Ende und gestern, am Sonntag, trat ich meine Rückfahrt an. Diesmal vom Bahnhof in Gotha, da es dort noch einen Geburtstag zu feiern gab.
Die Fahrt war geplant von Gotha nach Fulda, umsteigen in Fulda in den ICE Richtung München mit Umsteigen in Augsburg nach Schwabmünchen. Planmäßige Ankunftszeit mit dieser Verbindung in Schwabmünchen 21.08 Uhr.
Als ich in Gotha auf den ICE wartete, informierte eine charmante weibliche Stimme über Lautsprecher die Reisenden am Bahnsteig 2 darüber, dass der ICE mit 10 minütiger Verspätung ein Gotha eintreffen würde. Das Abenteuer nahm wieder seinen Lauf. Nicht nur, dass der Zug mit Verspätung eintraf, nein, man hatte auch noch die Reihenfolge der Waggons verändert, das bedeutete, dass der Waggon mit dem für mich reservierten Sitzplatz sich statt hinten am Anfang des Zuges befand. Auf diese Art und Weise kann man sich auch fit halten, denn es gibt dann zwei Möglichkeiten: Entweder man legt einen Dauer- und Hindernislauf am Bahnsteig hin, oder aber man geht innen durch den Zug, was je nach Anzahl und Gepäck der Mitreisenden auch zum Hindernislauf ausarten kann.
Reichlich durchgeschwitzt kam ich zu meinem reservierten Sitzplatz und hatte dann eine Stunde Zeit, mich zu erholen und zu überlegen, ob ich wohl meinen Anschlusszug in Fulda erreichen würde.
Kurz vor Fulda kam die Zugbegleiterin und teilte uns freundlich mit, dass wir unseren ICE nach München erreichen würden. Frohen Mutes verließ ich den Zug und war etwas irritiert, dass der gegenüberliegende Bahnsteig so leer war. Zuerst hoffte ich noch, dass der Anschlusszug vielleicht wegen Verspätung noch nicht eingetroffen wäre, wurde aber gleich darauf eines Besseren belehrt durch eine charmante, weibliche Stimme aus dem Lautsprecher, die uns verkündete, dass der Zug leider nicht hätte warten können. Es ging um 4 Minuten!
Erst einmal war ich stocksauer, dann habe ich mich auf den Weg ins Bahnhofgebäude gemacht, um den Servicepoint zu suchen. Er versteckt sich in Fulda ganz verschämt hinter einer Treppe, aber letztendlich finden ihn wohl doch die meisten Reisenden. Dort reihte ich mich in die Schlange der Wartenden ein und erhielt dann von der freundlichen Dame hinter dem Tresen einen neuen Reiseplan und einen Gutschein, da ich mein Reiseziel mit 1 Stunde Verspätung erreichen würde. Der Herr vor mir in der Schlange hatte weniger Glück, denn er verpasste die Gutschrift um 2 Minuten.
Meine Fahrt nahm nun einen geänderten Verlauf, denn ich "durfte" 1 Stunde später als ursprünglich geplant von Fulda über Würzburg nach Nürnberg fahren und dort in einen anderen ICE bis Augsburg umsteigen. Von dort würde ich die restliche Fahrtstrecke mit dem Regionalexpress bis nach Schwabmünchen antreten. Zwar nicht so bequem wie die ursprünglich von mir gewählte Verbindung, aber immerhin eine Möglichkeit, irgendwann doch noch in Schwabmünchen anzukommen.
Die Wartezeit hatte dann auch irgendwann ein Ende und der ICE Richtung Nürnberg kam pünktlich in Fulda an, war aber so gerammelt voll, dass es aussichtslos war, einen Sitzplatz zu finden. Meine Reservierung galt ja für den Zug, den ich nicht mehr erreicht hatte. Irgendwo zwischen Tür und Großraumabteil ließ ich mich dann auf meinem Trolley nieder. Diese Koffer kann man nicht nur prima hinter sich herziehen, notfalls eignen sie sich sogar als Notsitz.
Die Luft im Zug - zum Umfallen. Normalerweise friere ich im Großraumwagen des ICE weil die Klimaanlage immer zu stark eingestellt ist. Gestern war davon nichts zu spüren. Der Zugbegleiter meinte zwar, er würde die Klimaanlage jetzt etwas herunterdrehen, aber das hat an der fühlbaren Temperatur nichts geändert. Nach 30 Minuten erreichten wir Würzburg und es stiegen dort glückerlicherweise etliche Reisende aus, sodass ich mir dann einen Sitzplatz ergattern und bequemer weiterreisen konnte.
Wir erreichten Nürnberg planmäßig, ich ging zum Bahnsteig gegenüber, um auf den ICE nach Augsburg zu warten, der laut Plan in Kürze eintreffen sollte. Ein Blick auf die Anzeigetafel und meine Euphorie war dahin - " der Zug hat voraussichtlich 5 Minuten Verspätung". Na ja, ist ja nicht so schlimm, dachte ich, denn ich habe ja 13 Min. in Augsburg Zeit zum Umsteigen. Kurz darauf ertönte eine charmante, weibliche Stimme ( ich frage mich, warum das immer Frauenstimmen sind), die uns mitteilte, dass unser ICE voraussichtlich 15 Minuten später ankommen würde...
Im Zug teilte mir die Zugbegleiterin mit, dass ich für den Fall, dass ich meinen Anschlusszug um 21.47 Uhr nicht mehr erreichen würde, ich mit dem nächsten Zug um 23.09 Uhr nach Schwabmünchen weiterfahren könnte. Schöne Aussichten!
Aber diesmal war das Glück endlich auch einmal auf meiner Seite. Unser ICE konnte unterwegs ein bisschen Zeit aufholen und wir erreichten Augsburg um 21.45 Uhr auf Gleis 6. Raus aus dem Zug, Treppe runter, Treppe rauf zu Gleis 8 Süd und rein in den Zug. Um 22.10 Uhr fuhr dieser Zug dann in den Bahnhof Schwabmünchen ein. Das letzte Stück des Heimwegs legte ich zu Fuß zurück.
Für Herrn Mehdorn war es jedenfalls gut, dass er mir gestern nicht über den Weg gelaufen ist.

Bürgerreporter:in:

Ulrike Reiß aus Schwabmünchen

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