Medienkritik
49 Euro Ticket - 1000-faches Copy Paste
Es ist leider so, dass in den meisten Medien mangels knapp besetzter Redaktionen immer mehr Beiträge zugekauft oder von anderen Redaktionen übernommen werden. Peinlich wird es dann, wenn in einem solchen Beitrag im Wesentlichen die mehr als diskussionswürdige Ansicht oder Kritik einer Person im Zentrum steht, ohne dass irgendwas hinterfragt oder ergänzt wird. So geschehen zum Thema 49-Euro Ticket.
Auf Focus online stieß ich auf einen Beitrag mit dem Titel "Wie kundenfreundlich ist das 49-Euro Ticket" Über dem Titel stand: "Dieser Artikel erschien durch Kooperation mit DW". Also rüber zu DW, dort sehe ich den Namen des Autors und dahinter in Klammer (dpa). Ok, ich lese den Beitrag durch. Die Chefin des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen trägt Vorbehalte und Kritik zum 49-Euro-Ticket vor. Dabei stoße ich auf Argumente und Aussagen, welche einfach absurd und in der Sache zu hinterfragen sind. Bevor ich darauf eingehe noch der Hinweis: DAS sind die Treffer bei Google-News zum Titel "Wie kundenfreundlich ist das 49-Euro Ticket" .
Einzelne Punkte heraus gegriffen
- "Wir plädieren für einen breiten Zugang zum 49-Euro-Ticket, das auf allen Vertriebswegen gekauft werden kann und bei dem man sich nicht mindestens für ein Jahr an ein Abo binden muss." Niemand bindet sich für mindestens 1 Jahr an ein Abo, da monatlich kündbar. Auf allen Vertriebswegen kaufen bedeutet auch, einen verrückten administrativen Aufwand zu betreiben. Wie viele Prozent der Bevölkerung sind NICHT in der Lage, sich online etwas zu bestellen?
- "Man darf nicht vergessen, dass es Haushalte gibt, die nicht mal eben so ein Jahresabo abschließen können oder sich diese finanzielle Verpflichtung nicht auferlegen möchten." a) Die allermeisten online-Leseabos von Bezahl-Zeitungen basieren auf monatlich zahlbaren und kündbaren Beiträgen. Spricht man hier von Jahresabos? b) ist es vorstellbar, dass gerade in größeren Städten dieses Ticket als Mobilitätspass in die Sicherung aufgenommen wird, da preiswerter als Abos?
- Wenn es zu einem Abo kommen solle, brauche es "einen dicken, großen Kündigungsbutton, der auch sichtbar ist. Wahnsinn, oder? Darauf wäre jetzt wirklich niemand gekommen!!! Wenn dann ein Kündigungsbutton auf der Seite erscheint, wird das als Sieg der Konsumentenschützer gefeiert?
- "Weil es eben kein 9-Euro-Ticket mehr ist, muss es auch ein bezahlbares Angebot für diejenigen geben, die kein hohes Einkommen haben" Wie haben sich denn alle diese Leute bislang fort bewegt? Oder geht es jetzt darum, jedermann hat das Recht, preiswert nach Rügen und zurück zu kommen? 49 Euro/Monat für deutschlandweiten Regionalverkehr ist teuer? Echt jetzt? Wie wäre es mal mit der Frage, wie Monatsabo-Preise in Höhe von 239 Euro für die Strecke Aschersleben-Magdeburg zu rechtfertigen sind? Für diesen Preis bereise ich im Hochpreisland Schweiz den gesamten Zürcher Verkehrsverbund bis zur zweitletzten Milchkanne... ab morgens 5 Uhr, bis abends gegen 23 Uhr , auch Sa/So.
- "Man wisse nicht genau, wann das Ticket komme und wer es wie bekomme. Es sehe so aus, als ob Bund und Länder "eine möglichst schmale Variante" auf den Weg bringen wollten." Ja, man hat jetzt mal einen Grundkonsens und jetzt geht es an die Umsetzung. Worin besteht die schmale Variante und welches wäre eine Vollvariante? Einfach eine Mutmaßung? WER soll denn das Ticket NICHT kriegen?
- Klar ist allerdings auch, dass es sich bei den 49 Euro um einen "Einführungspreis" handeln soll - spätere Erhöhungen möglich. Und? Was ist jetzt daran ungewöhnlich? Ist Preisgarantie bis 2030 gefordert oder was? Schon mal die Preisentwicklung bei Bahncard 100 in der 1. und 2. Klasse angeschaut? Hier als Vergleich das General-Ticket Schweiz.
Bemängelt werden Infrastruktur und Verspätungen. In diesem Zusammenhang ein "genialer Vorschlag":
- "Angesichts dessen sollte das Recht auf Entschädigung schon bei 30 Minuten Verspätung greifen», bekräftigte die Verbandschefin. Hier könnte man unbürokratisch mit 10-Euro-Gutscheinen arbeiten."
Damit eröffnet sich ein neues Geschäftsmodell. Löse 49 Euro-Ticket, stell Dich an einen Bahnknoten und kassiere 10-Euro Gutscheine. Was mache ich damit. Verkaufen? Neue 49 Euro Tickets kaufen? Irgend ein Weg wird sich schon finden..
Wird die Bahninfrastruktur damit um eine Schwelle besser, werden die Züge damit um eine Minute pünktlicher?
Das Resultat dieser Auslassungen? Stimmungsmache mit reinen Mutmaßungen und Halbwahrheiten. Aber der Beitrag kommt ja von einer Nachrichtenagentur, also ist das geprüft, kann man unbesehen übernehmen und (unbewusst) zum Multiplikator von kritischer, aber nicht wirklich unterlegter Meinung zum 49-Euro Ticket werden. Schade.
Bürgerreporter:in:walter helbling aus Welbsleben | |
Webseite von walter helbling | |
walter helbling auf Facebook | |
walter helbling auf X (vormals Twitter) |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.