Zwei Krisen mit einer Klappe schlagen
Das war das Motto über einer Veranstaltung der Heinrich-Böll-Stiftung gestern abend in Potsdam. Jürgen Trittin, einer der führenden Köpfe der Grünen, prangerte zunächst das Renditeziel von 25 % an, das – soviel sei ihm als Bremer Kaufmannssohn immer klar – nie ohne Spekulation, Raubbau oder Ausbeutung erreichbar wäre. Er sprach sich nachdrücklich für den Ausbau der Erneuerbaren Energien aus. Das schaffe Arbeitsplätze. Er zitierte die Wirtschaftswoche, die vor kurzem getitelt habe „Grün aus der Krise“. Jedoch betrage der grüne Anteil in den Konjunkturpaketen in Deutschland nur 12 %, weit unterhalb des EU-Durchschnittes.
Im übrigen korrigierte Trittin das Motto der Veranstaltung und wies darauf hin, dass es nicht nur die derzeitige Weltwirtschaftskrise sei, die einen Rückgang von 1-2 % verursacht, so viel wie noch nie in der Nachkriegsgeschichte, und zweitens die Klimakrise, die sich gegenwärtig nur ankündigt, aber in den nächsten Jahrzehnten um so schlimmer würde, sondern drittens eine Hunger- und Armutskrise, die viel zu häufig ignoriert würde.
Das zweite „Zugpferd“ des Abends, Claudia Kemfert, Professorin an der Humboldt-Universität in Berlin und Beraterin der EU, Weltbank und UNO, stimmte überein: „2, nein 3 Krisen mit einer Klappe“. Die dritte Krise war bei ihr jedoch die Energiekrise, die in ungefähr 3 Jahren drohe, nach Überwindung der weltweiten Konjunkturkrise. Öl wird dann erneut knapp und teuer, mehr als zuvor aufgrund der wieder wachsenden Nachfrage.
Im Zusammenhang mit der Konjunkturprogrammen kritisierte Kemfert die Abwrackprämie für Altautos. Nicht jedes wegen der Prämie verschrottete Auto sei verschrottungsreif, es handele sich um Strohfeuereffekte, und das Gesundschrumpfen werde verzögert. Wenn, dann müsse es Prämien für Elektroautos geben.
Sie forderte auch den Ausbau der Erneuerbaren Energien, und angesichts des Marktversagens forderte sie von der Politik und Wirtschaft „antizipatives“ Handeln. Wirtschaft und Staat müssen jetzt und vorsorglich handeln und in Klimaschutz investieren. Klimaschutz sei kein Kostenfaktor, sondern Wirtschaftsmotor für unser Land. Innovation statt Depression, so wie der Untertitel ihres vor einem halben Jahr erschienenen Buches, müsse der Leitspruch sein. Ansonsten aber nur „so viel Staat wie nötig, und so viel Markt wie möglich“. Sie erwähnte auch ihre Webseite (www.claudiakemfert.de, der Vollständigkeit halber für Trittin: www.juergentrittin.de) Auch für Kemfert ist die Klimakrise langfristig die schlimmere. Sie verwies auf den Stern-Bericht, der die Kosten für das Nichtstun gegen den Klimawandel bewertet hat und in Grossbritannien noch mehr Beachtung gefunden hat, und auf das Intergovernmental Panel of Climate Change (IPCC), das 2007 den Friedensnobelpreis erhielt.
Bürgerreporter:in:Jost Kremmler aus Potsdam |
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