Weg oder ganzes Ufer? Der Streit am Griebnitzsee

Öffentlich oder nicht?
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Seit Jahren nun tobt am Ufer des Griebnitzsees in Potsdam ein erbitterter Streit. Gekämpft wird mit allen politischen, aber vor allem mit juristischen Mitteln. Hier, wo einst Stacheldraht und Mauer die Menschen in Potsdam und Berlin trennte, schlängelt sich der frühere Postenweg der DDR-Grenztruppen am Ufer des Griebnitzsees entlang. 1990 entschied die damalige Stadtverordnetenversammlung, dass dieser Weg als Fuß- und Radweg für alle Potsdamer und ihre Besucher zur Verfügung stehen und die Uferzone betretbar sein soll. Knackpunkt dabei war und ist, dass bis 1945 der Weg teil der Gärten der Villenkolonie Neu-Babelsberg war. Durch Rückübertragung und Kauf sind einige der Villeneigentümer im Besitz der Grundstücke bis zum Wasser. Der Weg führt also über ihre Grundstücke, oder wie sie es nennen durch ihre Gärten. Bisher konnten sich Anwohner und Stadt nicht einigen. Seit Jahren wird vor den Gerichten gestritten. Doch wo unterscheiden sich die Vorstellungen. Darüber gibt es in der Stadt eine Vielzahl von Meinungen. Im Rahmen einer Wanderung der SPD vor einigen Wochen wurden alle Positionen dargestellt. Sie sollen hier, auch zum Zwecke der Diskussion einmal vorgestellt werden.
Initiative Historische Ufer Griebnitzsee (IHUG):
Die Initiative spiegelt in etwa die Position der Uferanrainer, also der Grundstücksbesitzer. Auf ihrer Homepage stellen sie ihre Position wie folgt dar. Der Uferweg soll in einer Breite von 3 Metern erhalten bleiben. Dort, wo er durch Gärten verläuft die in privatem Besitz sind, soll der Weg seeseitig durch eine 80 cm hohe Hecke vom Uferbereich getrennt werden, der den Grundstückseigentümern zur Nutzung verbleibt. Die Gartengestaltung soll dabei so geschehen, dass eine Transparenz zum Wasser hin gegeben ist. Der Uferbereich wäre bei diesem Vorschlag auf den städtischen Grundstücken weiter möglich, jedoch nicht auf denen in Privatbesitz. Für die Verkehrssicherheit auf dem Weg wird ein Verbot für das Fahrradfahren gefordert. Für die Nachtstunden wird ein Durchgangsverbot gefordert, welches mittels einer Nutzungsverordnung für den Weg durchgesetzt werden soll.
Initiative Griebnitzsee für alle:
Die Initiative hat vor Jahren über 7.000 Unterschriften für eine freie Nutzung des Uferbereichs gesammelt. Ihr Ziel ist es, aus dem ehemaligen Postenweg und der Uferzone einen öffentlich zugänglichen Park zu schaffen, der auf die historische Bedeutung der Villenkolonie verweist. Angedacht sind Führungen und Informationstafeln zu den einzelnen Häusern wie z.B. der drei Häuser in denen während der Potsdamer Konferenz im Jahr 1945 J. Stalin, W. Churchill und H. Truman wohnten. Die Initiative fordert die freie Zugänglichkeit auch für die Uferbereiche, die in privatem Besitz sind. Die Stadt soll alle rechtlichen Möglichkeiten ausnutzen, um die öffentliche Nutzbarkeit durchzusetzen. Der Uferbereich soll rund um die Uhr nutzbar sein und auch für Fahrradfahrer offen bleiben.
Landeshauptstadt Potsdam:
Die Stadt hat einen Bebauungsplan mit dem Ziel verabschiedet, dass Ufer frei zugänglich zu halten. Die Besitzer sollen dazu ein Wegerecht in die Grundbücher eintragen lassen, also defakto freiwillig auf die Nutzung eines Teils ihrer Grundstücke verzichten. Sie haben dabei die Möglichkeit den Weg weiter ans Ufer zu verlegen, (siehe Bild) um eine größere Fläche ihres Grundstücks für sich zu nutzen. Gleichzeitig räumt die Stadt dort, wo historische Bootshäuser standen, in mehreren Fällen die Möglichkeit ein, diese wieder zu errichten. Was der Bebauungsplan nicht vorsieht, ist die Nutzung der seeseitigen Grundstücke allein durch die Eigentümer. Die Stadt will die Nutzung rund um die Uhr und für Fahrradfahrer.
Sicher ließe sich das alles noch viel weiter ausführen. Zum Beispiel die Frage der Kosten für Erwerb und Pflege, die derzeit strittig sind, aber in jedem Fall einen erheblichen Betrag aus dem städtischen Haushalt ausmachen werden. Oder die Frage, ob die Stadt Besitzer, die kein Wegerecht einräumen wollen, etwa enteignen soll, was jedoch ebenfalls erhebliche Entschädigungszahlungen an die Eigentümer zur Folge hätte. Am Ende aber, das zeigte die Wanderung, spitzt sich alles auf eine Frage zu, die einer der Teilnehmer stellte: Reicht an manchen Stellen nicht auch „nur“ der Uferweg für alle, damit der Streit endlich beendet wird?

Bürgerreporter:in:

Mike Schubert aus Potsdam

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