Gutachter Hesse spricht erstmals von „Göttinger Problemen“
Gutachter Hesse spricht erstmals von „Göttinger Problemen“ und attestiert der Stadt Göttingen eine „lähmende Finanzverfassung“:
BI sieht große Gefahren in übereilter Fusionsentscheidung
Osterode (ein/kip) Die BI „Für Osterode“ ist überrascht, welche klaren Worte der Gutachter Prof. Jens Joachim Hesse in seinem Abschlussbericht zur Region Südniedersachsen findet. Erstmals spricht er wörtlich vom „Göttinger Problem“ und meint damit die Finanzbeziehungen zwischen Stadt und Landkreis Göttingen.
Diese sind nach wie vor nicht geklärt und machen eine Fusion mit dem Landkreis Göttingen zu einem riskanten Spiel. „Der Northeimer Landrat Michael Wickmann hat konsequenterweise in der Fusionsfrage die Reißleine gezogen“, so Dr. Thomas Grammel, „und das sollten unsere Kreistagsabgeordneten auch endlich tun, wenn ihnen die Zukunft des Landkreises Osterode am Herzen liegt. Der Bürgerentscheid hat gezeigt, dass der jetzige Kreistag nicht von der Bevölkerung legitimiert ist, eine Fusionsentscheidung zu treffen.“
Gutachter Hesse kritisiert, dass es dem Göttinger Landrat bislang nicht möglich war „jene Verwerfungen innerhalb des Kreises aufzulösen, die sich angesichts der unzureichenden finanziellen Ausstattung des Oberzentrums, also der Stadt Göttingen, seit geraumer Zeit finden. Konsequenterweise beantragte die Stadt Göttingen deshalb auch eine Überprüfung ihres Sonderstatus, im Ergebnis ihre „Erhöhung“zur kreisfreien Stadt. Die Stadt begründet das überzeugend mit einer ihre Entwicklungsfähigkeit nahezu „lähmenden“ Finanzverfassung, die sie dem Landkreis gegenüber kontinuierlich in der Rolle des „Bittstellers“ sähe.“1
„Ein Kragenkreis2 aus Northeim, Osterode und dem Landkreis Göttingen unter Kreisfreiheit der Stadt Göttingen konterkariert die Bemühungen, eine strategisch funktionierende Gebietskörperschaft zu bilden und schafft erneut Räume für erhebliche Zielkonflikte in der Zukunft. Das ist bei der beruflichen Bildung und der Wirtschaftsförderung inakzeptabel“, betont Jon Döring von der BI, „aus diesem Grund kann niemand ernsthaft Interesse an einer solchen Lösung haben.“
Döring wirft Hesse auch vor, den niedersächsischen Zentralraum und Südniedersachsen in seiner Einteilung als unverrückbar anzusehen. „Die Teilung des Westharzes ist nicht gottgegeben“, so Döring, „und die möglichen Synergieeffekte und Entwicklungsmöglichkeiten eines Harzkreises waren nicht Gegenstand des aktuellen Gutachtens. Man muss die Goslarer Alternative auch aus wissenschaftlicher Sicht noch einmal intensiv prüfen, bevor man die Chance einer echten Zukunft für den Harz vergibt.“
Für den Landkreis Goslar ist dies gleichermaßen interessant, da Hesse für die Region Braunschweig betont, dass es „deutlich [wird], dass die benannten Tätigkeitsfelder (Bildung, Energie, Gesundheit, Freizeit, Wirtschaftsförderung und Ansiedelung, Automobilwirtschaft und -forschung sowie Verkehr) mit den erkennbaren Plänen zum Ausbau des ZGB nicht ohne Weiteres zu vereinbaren sind.“3 Hier sind die Schnittmengen der Landkreise Osterode und Goslar ungleich größer, wie die Bürgerinitiative „Für Osterode“ bereits seit längerem nachgewiesen hat.
Die BI appelliert daher eindringlich an die Kreistagsmehrheit aus SPD und Grünen, dem Northeimer Beispiel zu folgen und die Fusion mit dem Landkreis Göttingen aufgrund der zahlreichen ungeklärten Fragen und damit verbundenen Risiken nicht zu beschließen und in einem weiteren Gutachten die Chancen einer Westharzlösung als Fusionsalternative erneut untersuchen zu lassen. Dabei könnte auch ein anderer als der bisherige Gutachter eingesetzt werden, um neue Denkansätze in die Diskussion einzubringen und dem Bürgerwillen Rechnung zu tragen.
Hesse, Joachim Jens: „Kommunalstrukturen in Niedersachsen. Zweite Fortschreibung des im Juli 2010 vorgelegten „Grundgutachtens“, zugleich: Abschlussbericht, 31.12.2012.
1 Hesse, S. 318
2 Hesse, S. 318
3 Hesse, S. 316f
Bürgerreporter:in:Winfried Kippenberg aus Bad Grund (Harz) |
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