Es geht mit und ohne. Aber wie? Eine Satire über unseren Körper, Seite 15
Das künstliche Hüftgelenk.
Mit dem neuen Hüftgelenk war Eva recht zufrieden Man wandte bei ihr eine neue Operationsmethode an, das neue Teil wurde nicht mehr einzementiert wie es bisher üblich war, sondern musste einwachsen. Diese neue Technik wurde hauptsächlich bei jüngeren Patienten angewandt, weil man das Bein, damit es Zeit zum verheilen hatte, sechs Wochen nicht belasten durfte. Das also bedeutete an zwei Krücken zu gehen, was für alte Patienten nicht ganz ungefährlich ist. Eva war damals erst siebenundfünfzig Jahre alt und hatte vor, ihre Beine noch lange zu gebrauchen.
In eine Reha kam sie nicht, 1988 ging die Krankenkasse noch recht sparsam mit derartigen Genehmigungen um. Außerdem meinte der Arzt im Krankenhaus: „ Was können Patienten auf zwei Krücken schon für Übungen machen. Es ist schade um die Zeit und schade um das Geld.“Eva sah es ein.….
Ihr behandelnder Orthopäde zu Hause verschrieb ihr sechs ambulante Gymnastikstunden, das zweite Rezept verschrieb er schon recht unwillig, und als zwei Wochen ohne Krücken um waren meinte er: „Es wird Zeit, das Sie wieder arbeiten gehen.“
Das neue Bein war durch die Operation ein und einen halben Zentimeter länger geworden, der Schuster glich das aus, indem er den anderen Schuh an der Sohle auffütterte. Das laufen damit war nicht ganz einfach, immer wieder knickte Eva um und befürchtete, sie könne sich den Knöchel brechen.
Später kam sie dann auf die Idee, sich teure Einlagenschuhe zu kaufen und die Erhöhung mit den Einlagen zu bewerkstelligen. Das Laufen ging mehr schlecht als recht und kein Arbeitgeber,(Eva war nicht mehr selbständig sondern im Verkauf tätig) hätte sie haben wollen. Eine Verkäuferin die schlecht auf den Beinen ist, stellt niemand ein.
Irgendwie musste sie selbst versuchen, ihre Beine wieder brauchbar zu machen. Trotz aller Angst zu stürzen setzte sie sich auf das Fahrrad und übte und übte. Die Muskeln in dem operierten Bein waren in den sechs Wochen ohne Belastung zu Wackelpudding geworden, das musste anders werden. Das täglich Bemühen zeigte seine Früchte und um nicht immer wieder zum Arzt zu müssen und um eine Krankmeldung zu bitten - man hatte das Gefühl er müsse die Rechnung aus eigener Tasche bezahlen - suchte sie verbissen Arbeit und fand auch welche.
So war das mit dem Bein. Mit der Zeit vergisst man sogar, dass da ein Fremdkörper in einem steckt. Kalt aus Titan der Schaft, aus Porzellan die aufgesteckte Kugel und als Knorpelersatz in der Hüftpfanne so eine Art Teflon. Ein sehr brauchbares Teil, es tut seine Arbeit über Jahre hinweg und schmerzt nicht. Nach zwanzig Jahren jedoch kam der große Aufstand, aber darüber berichte ich später.
Bürgerreporter:in:Waltraud Meckel aus Offenbach |
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