NORDSTEMMEN - der Bahnhof, dem das Gesicht verloren ging!
NORDSTEMMEN - der Bahnhof, dem das Gesicht verloren ging!
Mit dem Bau der Eisenbahnstrecke von Hannover nach Göttingen bekam 1853 auch NORDSTEMMEN seinen Bahnhof.
Und als Baumeister des dazu gehörendenen "Empfangsgebäudes" ist der im Bereich des Königreichs Hannover sehr rührige Conrad Wilhelm Hase zu nennen.
Mit der erst 1875 hinzu kommenden Strecke (Sachsen -) Hildesheim - Elze - Löhne (- Ruhrgebiet) wurde Nordstmmen zusammen mit dem wenig weiter liegenden Elze zu einem wichtigen Knoten- und Umsteigepunkt. Ein Blick in alte Fahrpläne weist Nordstemmen sogar als D-Zug-Station aus.
Eine der Besonderheiten des Bahnhofsgeländes wird nun dem Empfangsgebäude auf lange Sicht wohl zum Verhängnis: die Insellage zwischen zwei doppelgleisigen Bahnstrecken.
Der Bedarf an Räumlichkeiten eines damaligen Bahnhofs war allein schon wegen des höheren Personalaufwandes erheblich. Außerdem bedeutete "früher" eine Reise mit dem Zug eine ganze andere logistische Herausforderung für die Reisenden. Das Umsteigen konnte schon mal Wartezeiten mit sich bringen, die mehr als eine Stunde ausmachten - da waren bequeme nach Klassen getrennte Wartebereiche erforderlich und eine gute Gastronomie geradezu ein MUSS. In Nordstemmen kam auch noch hinzu, dass auf Blickweite zum Bahnhof sich das Schloss Marienburg befindet und für die eher viel zu seltenen Reisen des königlichen Hoheiten gab es darum im Hauptgebäude auch angemessene Aufenthaltsräume.
Mit dem Ende des zweiten Weltkrieges begann der Niedergang der Bedeutung zunächst nur schleichend. Die Züge aus dem Osten gab es auf Grund der Grenzziehung (zur DDR) nicht mehr, der Güterverkehr auf der Ost-West-Strecke wurde zusehens überschaubar. Dafür entwickelte sich die Nord-Südstrecke zunehmend zu einer Rennbahn. Damit wurde Nordstemmen mehr und mehr zu einem Überhol-Bahnhof .
Die Bahn lehnte irgendwann die Rübentransporte zur nebenan liegenden Zuckerfabrik ab, weil sich das Vorhalten von Wagen-Kapazitäten für den Saison-Verkehr nicht rechnete... So kam eines zum anderen. Im Empfangsgebäude wurde immer weniger Raum benötigt. Stück für Stück wurde aufgeben und dann war er schließlich ganz geschlossen und die Fahrkarten konnten nur noch aus einem Automaten erworben werden.
Den wirklichen Rest gab dann die einerseits überfällige Suche nach einer Lösung, wie der in der Stadt die Bahn querende Straßenverkehr vom Schienenverkehr getrennt werden könnte. - Die dümmste aller Lösungen wurde scheinbar gefunden: denn nun ist der gesamte Gebäudebereich auf der Insel nicht mehr mit einem PKW erreichbar.
Die Folge: viele nette Ideen, dem Empfangsgebäude eine neue Aufgabe zuzuweisen scheitern schlicht an dieser logistischen Falle. Damit das Maß noch überläuft: Bei der hübsch-hässlichen Modernisierung des Nordkopfes der Insel wurde derart großzügig Gelände verbraucht, dass selbst die 1875 noch mögliche Lage der Hildesheimer Gleise nicht mehr neu aufgelegt werden kann, und das Gebäude damit aus der Insellage befreit wäre.
Somit bleibt das imposante Gebäude einerseits ein Baudenkmal, das noch nicht abgerissen werden darf (aber dank Landtags-Abriss-Probepläne wird sich das auch bald lösen lassen), und andererseits ein Schandfleck, in den keiner investieren will.
Es wird vielleicht noch einen Winter der Kategorie 2010/11 dauern und ein Teil des Daches wird einstürzen - womit dann die Lösung geradezu auf der Hand liegt: ABRISS, um der Verkehrssicherung gerecht zu werden.
Bürgerreporter:in:Christel Pruessner aus Dersenow |
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