Sphärenklänge
Sonnabendmorgen. Das Einfamilienhaus aus den Achtzigerjahren gegenüber hat den Besitzer gewechselt und wird nun grundsaniert: Neue Fenster, neue Türen, neue Fußböden und eine neue Dachverkleidung soll es auch sein. Bei Sonnenschein und angenehmen Temperaturen stehen schon in aller Frühe zwei Dachdecker einer achtbaren Firma, von der der Volksmund nur im Scherz reimt, sie "macht's Dach kaputt", in luftiger Höhe und schlagen die alten Schindeln sowie die darunter befindliche Dachpappe ab. Plötzlich dröhnt laute Musik vor dem Gartenzaun auf. Haben wir etwas verpasst? Wird das Schützenfest wiederholt? Gibt die 'Leinegarde' den fleißig Werkelnden ein unerwartetes Ständchen? Nein! Den Herren Handwerkern ist es eingefallen, das Radio ihres unten parkenden Kleinlasters bis zum Anschlag aufzudrehen, um noch in Höhe des zweiten Stockwerks - über ihre Arbeitsgeräusche hinweg - dem morgendlichen Radiomusikprogramm folgen zu können. Wie erwartet, genügt ein Hinweis und das Radio wird wieder ausgestellt: Nette Handwerker, denke ich, sie wissen zwar nicht von sich aus, was angängig ist, sind aber einsichtig.
Sonnabendnachmittag. Es scheint als gäbe der Himmel ein Wochenendkonzert. Doch klingt das Dröhnen so gar nicht nach Sphärenmusik. Beim Blick aus dem Fenster sehe ich einen einsamen 'ghetto blaster' hoch oben auf dem Dach stehen. Das Gerät ist voll aufgedreht. Wie sich herausstellt, haben unsere Dachdecker vorübergehend am Boden zu tun. Statt ihren Apparat für die Zeit mit nach unten zu nehmen, haben sie ihn lieber hochgeregelt, um dem Programm auch unten noch folgen zu können. Aber, wir sind hier in einer reinen Wohngegend, nicht in einem Neubaugebiet im Entstehen, wo man sich vielleicht so laut verhalten kann, wie man möchte.
Man sollte langjährige Kunden nicht verärgern. Wenn die den Eindruck bekommen, Firmenmitarbeiter sind tätig ohne nachzudenken, denkt der Kunde beim nächsten Auftrag an mögliche Alternativen.
Und: Wie wäre es grundsätzlich mit einem Walkman statt einer 'boom box'? Ist auf dem Dach auch nicht unsicherer und tut die gleichen Dienste.
Bürgerreporter:in:Peter Perrey aus Neustadt am Rübenberge |
1 Kommentar
Da triffst Du den Nagel auf den Kopf, Corinna. Früher Selbstverständliches wird ja im Zeitalter der "Selbstverwirklichung" oft als "Sekundärtugend" lächerlich zu machen versucht. Wenn dann jemand die Konsequenzen zieht, ist das "Geheule" groß; dann wird nach Möglichkeit noch versucht, Ursache und Wirkung zu verkehren.
Interessant auch, was Du über gewisse Therapeuten andeutest. Auch ich habe da leider schon von so manchem Unprofessionellen gehört.
LG Peter